Der Blutrichter
strahlenden Lachen. »Wir werden uns nie mehr trennen.«
»Nur einmal noch«, korrigierte Hinrik sie sanft lächelnd |278| . »Greetje hat mich gebeten, dich nach Itzehoe zu bringen, Hans, und dafür zu sorgen, dass du deine Arbeit nicht verlierst. Sie traut Evers nicht so recht über den Weg.«
»Ich bin Euch sehr dankbar, Herr«, antwortete Hans.
»Das ist das mindeste, was ich für dich tun kann. Wir brechen in einer Stunde auf. Ich schaue noch bei Mutter Potsaksch vorbei, weil ich mich waschen und umziehen will, und dann begleite ich dich an die Stör. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Hans ging neben den beiden her bis nach Hamburg hinein. Schließlich fragte er: »Habt Ihr keine Angst vor von Cronen?«
»Nein«, erwiderte Hinrik. »Er hat verloren. Der Mann ist nicht dumm. Er weiß es, und er wird sich so bald nicht noch einmal mit mir anlegen. Dennoch werde ich auf der Hut sein.«
»Das war eine Ohrfeige für ihn«, sagte sein ehemaliger Knecht. »Das wird er so bald nicht vergessen.«
»Wir passen auf uns auf. Mach dir keine Sorgen.«
Sie setzten Greetje zu Hause ab, zogen weiter zu Mutter Potsaksch, wo sich Hinrik wusch, frische Sachen anzog und seinen wertvollen Dolch einsteckte. Sie nahmen eine kleine Mahlzeit ein und brachen schließlich auf, um nach Itzehoe zu reiten. Hinrik ermahnte Greetje, auf sich aufzupassen, und versprach ihr, sich zu beeilen, um bald wieder bei ihr zu sein.
Nie zuvor hatte Wilham von Cronen sich derartig gedemütigt gefühlt wie an diesem Tag. Schon lange hatte er Widerstand von Seiten Jacob Lubbes gespürt, doch war dieser nicht ein einziges Mal so offen aufgetreten wie an diesem Tag.
|279| Er schäumte vor Wut. Sein Rückzug vom Grasbrook in sein Haus glich einer Flucht. Da er sich ständig beobachtet fühlte und glaubte, Berichte würden bereits die Runde machen, während er nach Hamburg zurückkehrte, versuchte er sich zu beherrschen. Mit versteinertem Gesicht saß er auf dem Rücken seines Pferdes, begleitet von vier Dienern, bis er den Hof erreichte, der hinter seinem Haus lag und von der Gasse aus nicht zu sehen war. Hier schwang er sich aus dem Sattel und schleuderte seine Reitgerte wutentbrannt gegen eine Wand. Einen Knecht, der ihm das Pferd abnehmen wollte, stieß er zur Seite, um dann ins Haus zu stürmen. Alles in ihm schrie nach Rache.
»Das ist unverzeihlich«, rief er, als er den Salon betrat, wo er seinen Sohn vorfand. Christoph war ebenfalls auf dem Grasbrook gewesen, hatte diesen früh wieder verlassen und war lange vor seinem Vater zu Hause angekommen. Er wusste, was geschehen war. »Die Ratsherren haben sich eine Blöße gegeben, die sich bitter rächen wird. Allein um unsere Macht über das Volk zu wahren, hätten wir vom Diek hinrichten müssen. Unschuldig oder nicht. Im Namen der Ordnung hätte es sein müssen.«
Er befahl einer Bediensteten, ihm einen Krug Bier zu bringen. Erst als er ein wenig von dem Gerstensaft getrunken hatte, beruhigte er sich.
»Ich bringe vom Diek um. Darauf kannst du dich verlassen. Früher oder später fällt sein Kopf. Ich gebe nicht eher Ruhe, als bis es so weit ist.«
»Warum, Vater?«, fragte der stutzerhafte Sohn, der elegant gekleidet und gelassen in einem bequemen Sessel saß und mit den goldenen Ringen an seinen Fingern spielte. In seinem weichen Gesicht fehlten die Konturen, die Runen und kleinen Fältchen, die das Leben bei den meisten Männern seines Alters gezeichnet hatte.
|280| »Was ist eigentlich in Itzehoe geschehen, als ihr Hinrik vom Diek Haus und Hof abgenommen habt? Wozu das alles?«
»Hast du vergessen, was mit deinem Fuß passiert ist?«
»Das kann nicht alles sein. Was war da noch?«
»Das erfährst du früh genug«, wich von Cronen aus.
»Ich will es aber wissen.« Christoph befeuchtete sich die Fingerspitzen und blies sanft dagegen, während er sie vor den Lippen hin und her schwenkte. »Du hast meine Stiefmutter vergiftet. Nun gut. Das hätte ich auch irgendwann getan. Sie war unerträglich. Aber Hans Barg hat dir geholfen, und Greetje hat den Tee gebracht. Wenn sie nicht ganz und gar dämlich ist, weiß sie Bescheid.«
»Das ist anzunehmen«, gab Wilham von Cronen zu. »Aber bilde dir nicht ein, dass du mich damit noch einmal unter Druck setzen kannst. Du weißt davon und hättest längst etwas sagen müssen, um das Ende dieser Geschichte zu verhindern. Du hast es nicht getan, und das macht dich zum Mittäter.«
»Zählen wir doch mal eins und eins zusammen.« Christoph
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