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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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erntete ein wildes, ausgelassenes Gelächter. Hohn und Spott regneten auf den Ritter herab, so dass dieser darauf verzichtete, seine Idee noch einmal zu erwähnen.
    Als Störtebeker davon hörte, lachte er ebenfalls und tat die Vorstellung vom eisernen Schiff augenblicklich als unsinnig ab. Gödeke Michels äußerte sich weniger zurückhaltend, sondern fand derart drastische Worte, dass Hinrik keinen Ton mehr in dieser Angelegenheit verlor.
    Später rief Störtebeker ihn zu sich.
    »Gödeke bringt die ›Möwe‹ nach Helgoland, wo sie repariert wird«, kündigte er an. »Ich werde mit sechs anderen über Land in die Gegend von Wismar ziehen. Eigentlich wäre es einfacher, nach Wismar zu segeln und |366| den Weg von dort aus fortzusetzen. Aber das geht nicht. Die Ostsee ist zu gefährlich für uns geworden. Uns bleibt nur dieser Weg. Ihr werdet dabei sein. Kann ich mich auf Euch verlassen?«
    »Jederzeit«, versprach Hinrik. Sie reichten sich die Hand und sahen einander in die Augen. Störtebeker nickte, und er fügte ohne den leisesten Anflug eines Lächelns hinzu: »Nachdem wir zusammen getrunken haben und Ihr mir einiges von Euch erzählt habt, bin ich sicher, dass Ihr mein Mann seid. Vor allem da Fieten Krai einiges von Euch zu berichten wusste.« Er lächelte in seiner scheuen Art. »Wir brechen gleich auf.«
    Er wandte sich nun seinen Männern zu, erteilte Befehle und ließ drei Kisten von Bord bringen. Gödeke Michels machte die »Möwe« klar und legte ab. Störtebeker wartete, bis das schöne Schiff um die Flussbiegung verschwunden war. Als gerade noch die Mastspitze mit der Piratenflagge zu erkennen war, gab er das Zeichen zum Aufbruch. Die Männer schulterten die Kisten. Er winkte Hinrik und Fieten Krai zu sich, um mit ihnen gemeinsam die Gruppe anzuführen.
    Zunächst ging es zügig voran durch einen Wald. Nach kaum einer Stunde aber erreichten sie ein ausgedehntes Sumpfgebiet, und nun zeigte sich, dass Störtebeker sich auch hier sehr gut auskannte. Ohne zu zögern führte er seine Männer in das tückische Gebiet hinein. Schwärme von Mücken umschwirrten die Männer, Kraniche stiegen auf.
    Störtebeker ermahnte seine Begleiter, in seiner Spur zu bleiben. »Wer nicht aufpasst, versinkt im Sumpf«, warnte er.
    Beim Tragen der drei Kisten wechselten sich die Männer ab, Störtebeker, der Anführer, Fieten Krai und Hinrik allerdings wurden ausgenommen. Als der Ritter sich anbot |367| , eine der Kisten zu tragen, lehnte Störtebeker ab. »Ihr wart nicht dabei, als wir die Beute gemacht haben. Also habt Ihr keinen Anteil daran. Warum solltet Ihr die Schätze der anderen tragen?«
    Die Kisten enthielten Gold und Silber. Daran zweifelte Hinrik nicht. Offen blieb die Frage, weshalb Störtebeker sie nach Wismar bringen wollte.
    Nach einigen Stunden anstrengenden Marsches erreichten sie einen kleinen Bauernhof, der mitten im Sumpfgebiet lag, zu dem jedoch einige trockengelegte Wiesen gehörten, auf denen Kühe und Schafe weideten. Ein kräftiger junger Mann empfing sie. Sein Gesicht glänzte vor Freude. Er begrüßte Störtebeker mit Handschlag und verschwand mit ihm in einer kleinen Hütte. Es war unverkennbar, dass die beiden sich gut kannten.
    Wenig später kam der Bauer wieder heraus und brachte Brot, gepökelten Speck und Wasser. »Das ist alles, was ich Euch geben kann«, bedauerte er. »Macht es Euch im Stall bequem. Da ist Platz genug. Das Vieh ist draußen. Morgen, sagt Störtebeker, geht es weiter.«
    Fieten Krai verzog das Gesicht. Als der Bauer gegangen war, zupfte er die Saiten seines Instrumentes und sang:
    Bauern, bös und unbescheiden,
    mögen Ritter gar nicht leiden.
    Hassen ihren eigenen Herrn,
    als Bettler nur hab ich sie gern.
    Das Volk soll bleiben, wie es war,
    hungernd und der Kleidung bar,
    duldend, frierend, immerdar!
    Die anderen klatschten Beifall ob dieser verächtlichen Worte, in denen sich die Einstellung des Adels und vieler Bürger aus den Städten den Bauern gegenüber trefflich |368| spiegelte. Dieses Spottlied hatte Hinrik auch von anderen gehört.
    Am Nachmittag des nächsten Tages war er wieder dort, wo er einige Tage zuvor schon einmal gewesen war – am Strand der Elbe. Einige Inseln lagen mitten im Strom und bildeten eine Art Brücke, so wie die großen Steine in einem Bach, über die man hinwegsteigen konnte, um trockenen Fußes auf die andere Seite zu gelangen. Die Inseln lagen jedoch zu weit auseinander, und das Wasser zwischen ihnen war zu tief, so dass man sie ohne

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