Der Blutrichter
Itzehoer allzu neugierig gemacht, wenn ich ein oder zwei Fässer Bier gekauft und hierher gebracht hätte. Sie hätten gewusst, dass ich Besuch erwarte, und wären mir möglicherweise auf die Pelle gerückt, um zu sehen, wer kommt. Das wollte ich nicht.«
Es war wie beim Bauern im Moor. Störtebeker zog sich |371| mit ihr in die Kate zurück, die anderen mussten draußen bleiben. Hinrik entzündete ein Feuer, und Störtebeker brachte nach einiger Zeit das gegarte Fleisch sowie Brot und Wein heraus. Er blieb jedoch nicht, sondern zog sich wieder in die Kate zurück, um sich erst am nächsten Morgen zu ihnen zu gesellen. Nach einem wortlos eingenommenen Frühstück befahl er zwei Männer zu sich. Einer von ihnen schulterte eine der Kisten, und dann zogen die drei ohne ein erklärendes Wort davon. Hinrik machte sich seine Gedanken. Fragen kamen ihm in den Sinn. Er sprach sie nicht aus.
Um sich die Zeit zu vertreiben, holte er sich eine Axt und zerkleinerte Holz für den Kamin.
»Eigentlich sollte ich dich dafür loben«, sagte Spööntje, die bald darauf zu ihm kam. Sie stützte sich auf ihren Stock und sah ihn eigenartig lächelnd an. Er ließ die Axt sinken und überlegte, was ihre Worte zu bedeuten hatten.
»Eigentlich?«, fragte er.
Sie ging nicht darauf ein. »Wenn man in Itzehoe auf dem Markt ist oder Kranke behandelt, hört man so einiges«, versetzte sie. »Die Leute reden davon, dass Ratsherr von Cronen eine hohe Belohnung auf deine Ergreifung ausgelobt hat. Er beschuldigt dich des Mordes an einem Stadtwächter von Hamburg. Du sollst dem Mann die Kehle durchgeschnitten haben.«
»Ein Kopfgeld?«
»Ein sehr hohes sogar. Es könnte den einen oder anderen in Versuchung führen. An deiner Stelle wäre ich sehr vorsichtig.«
»Danke für die Warnung.«
»Es ist nicht zu glauben, wie weit der Einfluss von Cronens reicht. Ich rate dir, niemandem zu trauen.«
»Auch dir nicht?«, scherzte er.
Sie hob den knorrigen Stock und drohte ihm damit. |372| »Wenn ich dir an den Kragen wollte, wäre mir das Kopfgeld egal. Ich würde dir den Schädel einschlagen, ohne nach Lohn und Geld zu fragen.« Mit der Stockspitze stieß sie gegen seine Axt. »Hör auf damit. Ich brauche das Holz nicht.« Damit zog sie sich in ihre Kate zurück. Hinrik folgte ihr verwundert mit seinen Blicken. Er konnte sich keinen Reim auf ihre Worte machen. Der Stapel mit dem Scheiten für den Kamin war hoch, aber wenn der Winter hart wurde, kam sie auf keinen Fall mit dem Holz aus.
»Du musst es ja wissen, Spööntje.« Er ging zur Hütte und legte die Axt ab. Da er keine Lust verspürte, untätig auf die Rückkehr Störtebekers zu warten, verließ er den Wald, um einige Stätten seiner Kindheit aufzusuchen. Vor allem gab ihm ein Spaziergang die Gelegenheit, an Greetje zu denken und an die vielen schönen Stunden, die er mit ihr verbracht hatte. Ihn schmerzte, dass er nicht nach Hamburg zurückkehren konnte, um dort ihre Spur aufzunehmen.
Er kam nicht weit. Als er die Störwiesen durchqueren wollte, machte er ein Pferdegespann aus, das sich dem Wald näherte. Obwohl es recht weit von ihm entfernt war, glaubte er, die drei Männer auf dem Wagen zu erkennen. Es waren Störtebeker und die beiden Begleiter, mit denen er das Lager bei Spööntjes Kate verlassen hatte. Unter diesen Umständen hielt er es für besser, sofort umzukehren.
Er erreichte die Kate gerade, als auch der Kommandant der Freibeuter nahte.
»Es ist so weit«, rief Störtebeker seinen Männern zu. »Wir haben alles verkauft. Alle goldenen und silbernen Kelche, Krüge, Kandelaber und was wir sonst noch hatten. Jetzt haben wir Münzen, so dass wir alles gerecht aufteilen können.
|373| Spööntje hatte ihr Zuhause verlassen und sich ins Gras gesetzt. Die Freibeuter griffen zu Äxten und hieben kraftvoll auf das Gebälk der Kate ein. Verblüfft verfolgte Hinrik, wie sie den kleinen Holzbau zerlegten, das Dach und die Seitenwände zum Einsturz brachten. Spööntje sah dem Treiben mit einem vergnügten Lächeln zu, und je hilfloser Hinrik wirkte, umso breiter grinste sie. Sie hatte nicht das Geringste gegen die Zerstörung ihrer Kate einzuwenden.
Hinrik begriff erst, als er im Gebälk einen silbernen Schimmer entdeckte. Er trat näher. »Das ist ja nicht zu glauben«, staunte er. »Die Balken sind hohl.«
»Und darin sind seit Jahren Gold und Silber verborgen«, ergänzte Störtebeker und weidete sich an der Überraschung des Ritters. »Alle glauben, wir hätten unsere Schätze
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