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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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zornig. »Der alte Gauner ist noch nicht bestraft genug.«
    Aus den Scheunen stürzten Männer mit Heugabeln und Sensen. Sie bedrängten den »Wiesel«, der sich jedoch zu wehren wusste. Mit einem Knüppel hielt er die Männer in Schach. Angesichts der Übermacht der Knechte aber war abzusehen, dass er früher oder später den Rückzug antreten musste.
    Der Trupp Landsknechte war deutlich zu erkennen, der sich von der Stadt Itzehoe her näherte. Die Männer mit ihrer an den Armen und Beinen aufgeplusterten bunten Kleidung, den ausladenden, farbenprächtigen Hüten oder metallenen Helmen, eilten in großen Schritten heran. Ausgestattet mit Spießen und Messern boten sie Hinrik und Störtebeker einen Respekt einflößenden Anblick. Es war nicht ratsam, sich auf einen Kampf mit ihnen einzulassen. Diesen Männern ging der Ruf voraus, üble Raufbolde zu sein, die für ihren Einsatz gut geschult waren.
    Gödeke Michels hatte nicht übertrieben. Der Trupp war bereits so nah, dass höchste Eile geboten war.
    »Treibt sie zurück!«, befahl Störtebeker.
    Mit gezückten Dolchen griffen die drei Männer die Knechte an. Als diese nicht sofort die Flucht ergriffen, brüllte Gödeke Michels: »Ihr Dummköpfe, ein Leben lang hat der Graf euch geschunden und eure Frauen geschändet. Und für den wollt ihr euer Leben riskieren? Lauft, so schnell ihr könnt, oder Störtebeker und Gödeke Michels machen euch den Garaus!«
    Seine mächtige Stimme wirkte nicht weniger als seine |456| Drohung. Die Knechte begriffen, mit wem sie es zu tun hatten. Sie warfen ihre Waffen weg und ergriffen die Flucht. Keiner von ihnen war im Kampf so geschult wie die beiden Freibeuter. Vielleicht erkannte der eine oder andere Hinrik vom Diek, den Ritter, mit dem es keiner von ihnen aufnehmen konnte.
    Störtebeker stürmte voran in den Stall, und wenig später galoppierten die vier Männer auf den schweren Pferden des Grafen zum Hof hinaus. Die Landsknechte hatten die Brücke erreicht, wurden jedoch von den heranrasenden Kolossen vollkommen überrascht. Bevor sie wussten, wie ihnen geschah, stürzten die ersten bereits in den Graben, der den Hof umgab. Die Reiter durchbrachen die Reihen der Landsknechte und flohen in die Nacht hinaus.
    Hinrik setzte sich an die Spitze. In dieser Gegend kannte sich keiner so gut aus wie er. Sie ritten zunächst gen Westen. Dem Flusslauf der Stör konnten sie nicht folgen, da die Flussniederungen wegen der fortwährenden Überschwemmungen im Frühjahr und im Herbst zu sumpfig waren. In einigen Bereichen aber hatten es ihm die Bauern gleichgetan und Dämme errichtet sowie Gräben gezogen, so dass das Wasser in vorgegebenen Bahnen abfließen konnte und das Land trocken und urbar wurde. Bevor Hinrik nach Süden abbog, ließen sie die Pferde frei, da die Spuren auf dem durchweichten Boden allzu leicht zu verfolgen waren.
    Während Hinrik die Freibeuter sicher durch die Nacht führte, dachte er an sein Pferd Tuz, das wesentlich leichter, eleganter und schneller gewesen war als die schweren Pferde des Grafen. Mit Tuz und anderen Pferden dieser Art hätten sie sich deutlich zügiger absetzen können. Darüber hinaus wäre manche Strecke für sie passierbar gewesen, die sie nun zu Fuß gehen mussten.
    |457| Als der Morgen anbrach, waren sie bereits viele Meilen vom Hof des Grafen entfernt. Das Land war eben, so dass die Sicht sehr weit reichte.
    Für Hinrik und seine Begleiter erwies es sich als Vorteil, dass sie ihren Späher dabeihatten. Keiner hatte so gute Augen wie er. Um sich davon zu überzeugen, dass ihnen die Verfolger nicht auf den Fersen waren, kletterte er hin und wieder auf eine Weide und spähte in die Runde.
    »Sie haben unsere Spur verloren«, berichtete er, sobald er wieder herabstieg. »Jedenfalls ist nichts von ihnen zu sehen. Weit und breit nicht.«
    Obwohl keine unmittelbare Gefahr zu drohen schien, wurden sie nicht leichtsinnig.
    »Graf Pflupfennig gibt keine Ruhe, bis er uns hat oder selbst die Reise ins Jenseits antritt«, sagte Störtebeker. »Dass wir in sein Haus eingebrochen sind, gibt ihm den Rest. Sein Ansehen ist vollends dahin. Das wird er uns nicht verzeihen.«
    »Er wird sich hüten, etwas gegen uns zu unternehmen«, widersprach Hinrik, während sie durch flaches Wasser zu einem weiteren Damm wateten. In der Ferne schimmerte die Elbe im rötlichen Morgenlicht. »Nachdem er uns so viel vom Femegericht erzählt hat, bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Mund zu halten, wenn er nicht selbst am Galgen

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