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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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sie Wulff begleitet und hochgeschrieben hat, mit dem 13. Dezember 2011 in „atemberaubender" Geschwindigkeit das Steuer herumreißt und aus dem
„Helden" Wulff den „Schurken" macht. Dabei gelingt es Bildmeisterhaft, die Widersprüchlichkeit ihrer Haltung zu Wulff auszublenden. „Hartnäckig-professionell in der Recherche und distanziert-scheinheilig in der Veröffentlichung", so die Bilanz der Studie, realisiert Bild ihr
strategisches Ziel „höchstmögliche Aufmerksamkeit und bestmögliche
Selbstdarstellung". Zu Beginn der Krise, die die Zeitung ja selbst durch
die Berichterstattung über die Hausfinanzierung in Gang bringt, sei
Bild „eine Getriebene". Bild sei bewusst gewesen, dass andere Medien
in der Sache recherchieren: „Deshalb hat sie es eilig. Sie will und muss
als Erste mit der Kreditaffäre in die Öffentlichkeit. Nur dieser Schritt
kann sie davor retten, dass Bild zum Gespött der Branche wird. Nur
wenn sie selbst zerstört, was sie aufgebaut hat, wird sie nicht zum
Verlierer." Diese Zerstörung wird weit über Wulffs Rücktritt mit bemerkenswerter Konsequenz fortgesetzt. In dem Buch, das die BildRedakteure Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch über die
„Affäre Wulff" im November 2012 herausbringen, geht es nicht nur
darum, die Rechercheleistung von Bild zu dokumentieren, sondern
auch darum, das Bild vom bösen Wulff in Stein zu meißeln. Dabei
wird beschrieben, wie Wulff schon in Hannover die Öffentlichkeit
über sein wahres Ich getäuscht habe - wobei mit keinem Wort erwähnt
wird, dass es die Bild-Zeitung war, die ihn zu jener Zeit liebevoll in
Szene gesetzt hat.

    Für Bild zählt am Ende, was sich verkauft - und nur das. Der „gute
Wulff" hat sich in Niedersachsen jahrelang gut verkauft, im Bellevue
entwickelt sich das „Geschäftsmodell" jedoch unvorteilhaft für die
Bild-Zeitung. Wulff erfüllt die Erwartungen von Bild nicht, was zu
einer Phase der wachsenden Entfremdung führt. Als Bild sich aufgrund der Recherchen auch anderer Medien zur Hausfinanzierung der
Wulffs regelrecht gezwungen sieht, ihn fallen zu lassen, fällt ihr der
Abschied von Wulff nach Monaten der Enttäuschungen leicht. Sie
entwickelt die Geschäftsbeziehung einfach neu: Die „Cashcow" Wulff
wird neu erfunden - aus dem guten Wulff wird einfach der böse Wulff
gemacht, der sich am Ende sogar besser verkauft als je zuvor. Dabei
mag durchaus eine Rolle spielen, dass Bild-Chef Diekmann etwas
gutzumachen hat: Beim Sturz von Karl-Theodor zu Guttenberg infolge der Plagiatsaffäre rund um seine Doktorarbeit hatte Diekmann bis zuletzt zu seinem persönlichen Freund gehalten, obwohl der Mainstream eindeutig in die andere Richtung ging. Bild stand bei Guttenberg auf der falschen Seite - bei Wulff will man von Anfang an auf
der richtigen Seite stehen.

    Tatsächlich gelingt es Bild sogar, die Krise um den Bundespräsidenten nicht nur ins Rollen zu bringen, sondern auch für sich zu nutzen.
„Bild hat die Berichterstattung über Wulff in glänzender Weise für
eine Image-Kampagne genutzt, einen journalistischen Scoop mit
smarter Taktik kombiniert. Man war in der realistischen Prophezeiung
aller möglichen Szenarien allen anderen Beteiligten stets voraus", meint
der Medienwissenschaftler Pörksen. In der Tat gelingt es Bild, sich im
Zuge der Wulff-Affäre als Recherchemedium zu inszenieren, das mit
journalistischen Leitmedien wie dem Spiegel auf Augenhöhe verkehrt
und ihnen sogar oft genug voraus ist. Am Ende bekommt Bild mit
dem prestigeträchtigen Henri-Nannen-Preis noch den öffentlichen
Ritterschlag für seine investigative Recherche in der Causa Wulff, was
die seriösen Medien angesichts der Methoden, die bei Bild zur Anwendung kommen, nur unter Schmerzen ertragen. Eine Gruppe von Redakteuren der Süddeutschen Zeitung lehnt den Henri-Nannen-Preis
aus diesem Grunde ab. Was Bild-Recherchen bedeuten, deutet der
TV-Moderator Jörg Kachelmann in einem Interview mit dem Spiegel
am 8. Oktober 2012 an: Darin erwähnt Kachelmann den Anruf eines
Bild-Redakteurs Ende Oktober 2010, in dem dieser ihm angedeutet
habe, dass Bild„über fast alle etwas in der Schublade habe". Auch über
Christian Wulff „werde man noch einiges lesen". Zu diesem Zeitpunkt
hatte Bild Wulffs privaten Kreditvertrag noch nicht einmal gesehen.
Welche Bedeutung das Image „Recherchemedium" für Bild hat und
wie wichtig die Enthüllungen um Christian Wulff dabei waren, wird
unmittelbar nach dem Rücktritt

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