Der Boss und die sexy Luegnerin
würde sie später mit einer Flasche Wein und tausend Fragen bei ihr auftauchen. Fragen, auf die Charlie keine Antworten hatte.
Sie seufzte. „Dir ist schon klar, dass Katie überall bei Waverlys rumerzählt hat, dass du jeden Abend zu mir kommst?“
Er zuckte mit den Schultern. „Macht dir das was aus?“
Das sollte es. Sich mit Vance Waverly einzulassen war vermutlich ein Riesenfehler. Aber wenn sie in seine Augen blickte, wusste sie, dass sie keinen Moment von dem hier – was immer es war – bedauerte. Jeden Abend sagte sie sich, sie dürfe nicht so auf ihn warten. Und jeden Abend, gerade wenn das Licht zu schwinden begann, tauchte er an ihrer Tür auf. Und jedes Mal verfiel sie ihm ein bisschen mehr. Wie sollte sie sich auch dagegen wehren? Er ging so gut mit Jake um. Und sie konnte so gut mit ihm reden. Und wenn er ihre Hand nahm, fühlte sie sich so … geschä tzt .
Dumm.
„Nein“, antwortete sie. „Es macht mir nichts aus.“
„Gut.“ Er lächelte sie an, als hätte sie ihm die perfekte Antwort gegeben. „Dann mal los.“
Sie gingen Richtung Osten, und bald änderte sich die Umgebung merklich. So sehr Charlie ihre kleine Straße liebte, so spürte sie hier doch jedes Mal einen Stich der … nun, nicht direkt Eifersucht, eher so etwa wie Sehnsucht, wenn sie durch Forest Hills Gardens spazierte. Hier standen Luxusvillen in großen, sorgfältig gepflegten Gärten, und dahinter erstreckten sich Privatwälder.
„Ich bin seit meiner Kindheit nicht mehr hier gewesen“, stellte Vance fest.
„Hast du hier gewohnt?“ Charlie konnte sich keinen schöneren Ort zum Leben vorstellen. Sie konnte förmlich vor sich sehen, wie Jake in dieser wunderschönen Umgebung aufwuchs, wie er mit dem Fahrrad in den Auffahrten herumkurvte und auf die majestätischen Bäume kletterte. Natürlich war das ein komplett unrealistischer Tagtraum – aber welchen Sinn hätten Träume, wenn sie nicht ungewöhnlich wären?
„Nein, ein Freund meines Vaters hat hier gewohnt“, sagte Vance. „Wir haben ihn oft besucht. Komisch, ich habe seit Ewigkeiten nicht da dran gedacht. Aber es ist wirklich schön hier, nicht wahr? Und nah an der City.“
„Es ist perfekt“, bestätigte Charlie und seufzte.
„Ach ja?“ Er blieb stehen und sah sie an. „Wenn du wählen könntest, welches Haus würdest du dann kaufen?“
Sie lächelte. „Die Wahl wäre nicht einfach, aber ich habe einen Favoriten“, gab sie zu, denn sie hatte dieses Spiel jedes Mal gespielt, wenn sie mit Jake allein hier spazieren ging. Sie hakte sich bei Vance ein. „Komm mit, ich zeig’s dir.“
Ein Stück weiter die Straße hinunter blieb sie stehen und drückte seinen Arm. „Das ist mein Haus. Na ja, die Besitzer wissen natürlich nichts davon.“ Ihr Traumhaus sah aus wie ein englisches Cottage, nur größer. Es hatte drei Stockwerke und dunkelrote Fensterläden. Über die ganze Länge der Veranda zogen sich Kästen mit rosafarbenen und gelben Blumen, und die Vordertür war breit und geschwungen, wie die eines Schlosses.
„Wunderschön“, sagte Vance.
„Ja.“ Sie wandte sich zu ihm um und entdeckte, dass er sie und nicht das Haus ansah. „Fehlt nur noch eine Hollywoodschaukel.“
„So was hättest du gern?“
„O ja. Man würde draußen auf der Veranda sitzen und zusehen, wie die Sonne untergeht, die Nachbarn grüßen …“
Ein leichter warmer Wind wehte über die Straße. Aus der Ferne konnte man das dumpfe Aufschlagen eines Basketballs hören, und ein Hund bellte. Die Abenddämmerung ging langsam in Nacht über, und Jake lachte in seinem Kinderwagen und sprach mit sich selbst.
Der Moment war perfekt.
Vance beugte sich zu ihr. Charlie stellte sich auf die Zehenspitzen, und ihr Blick wanderte von seinen Augen zu seinem Mund und zurück. Ihr Herz pochte, und die Welt schien den Atem anzuhalten.
Sein Mund war nur noch einen Zentimeter von ihrem entfernt, als Jake seinen Stoffhund fallen ließ und dann frustriert aufschrie. Der Schrei brach den Bann zwischen Vance und ihr, und Charlie wusste, sie sollte dankbar dafür sein. Träumen war eine andere Sache, als sich zur Närrin zu machen. Und das vor einem Mann, den sie nie würde haben können. Das wäre etwas völlig anderes.
Schnell hob sie den Stoffhund auf. „Wir sollten Jake nach Hause bringen.“
„Ja, ist spät geworden“, murmelte Vance.
Sie warf ihm einen Blick zu und schaute schnell wieder weg. Zu spät, dachte sie, für mein Herz ist es schon zu spät.
Eine Woche
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