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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Infrarot-Nachtsichtgeräte ein. Die Sicherheitsdienste bringen an Autos von Verdächtigen Minisender an. Sie verstecken Abhörmikrofone und winzige Videokameras in Häusern, Pubs, Autos und Heuschuppen. Sie hören Telefone ab. Sie haben sogar schon einzelne Waffen mit Wanzen versehen, um ihren Transport durch die Provinz Ulster verfolgen zu können.
    Hochmoderne Aufklärungsflugzeuge sind nachts unterwegs und suchen nach menschlichen Aktivitäten, wo es keine geben sollte.
    Kleine Drohnen übernehmen diese Aufgabe im Tiefflug. In Bäumen versteckte Bewegungsmelder sollen vor ungewöhnlichen Aktivitäten warnen.

    Aber trotz aller Hochrüstung müssen viele Überwachungen noch wie früher durch Beobachtung der Zielperson durchgeführt werden. Diese Arbeit ist gefährlich, oft lebensgefährlich. Im Belfaster Stadtviertel Falls Road sind ständig getarnte Ermittler unterwegs. Sie verstecken sich auf Dachböden oder Dächern, leben tagelang nur von kümmerlichen Rationen und fotografieren ihre Beute. Auf dem Land verstecken sie sich in Löchern, hinter Büschen und auf Bäumen. Im Jargon der nordirischen Sicherheitskräfte heißt das »sich eingraben«.
    Dieses Verfahren wurde auch zur Überwachung des baufälligen Farmhauses außerhalb des Dorfes Cranagh in den Sperrin Mountains gewählt.
    Am sechsten Tag dieser Überwachung traf Graham Seymour aus London ein. Der Beobachtungsposten befand sich auf einem Hügel etwa eine halbe Meile von der Farm entfernt in einem Stechginstergebüsch unter hohen Birken. Zwei E4-Leute waren für die Technik zuständig: Kameras mit Teleobjektiven, Infrarotkameras und Richtmikrofone mit großer Reichweite. Sie arbeiteten still wie Ministranten und sahen ebenso jung aus. Sie stellten sich ihm scherzhaft als Marks und Sparks vor.
    Im Lauf der Jahre hatte die IRA bei solchen Überwachungen Dutzende von Geheimdienstoffizieren überfallen und ermordet; obwohl es sich bei den Verdächtigen diesmal vermutlich um Loyalisten handelte, sollte jegliches Risiko ausgeschaltet werden. Die Elitetruppe Special Air Service hatte zwei SAS-Männer abgestellt, die den Auftrag hatten, Graham, Marks und Sparks mit einem schützenden Kordon zu umgeben. Die beiden trugen Tarnanzüge und hatten ihre Gesichter mit Fettcreme geschwärzt. Graham wäre zweimal fast über sie gestolpert, als er zum Austreten zwischen den Ginsterbüschen verschwand. Er sehnte sich nach einer Zigarette, aber hier war Rauchen streng verboten. Nachdem er drei Tage lang nur von einer kalorienreichen Spezialgrütze gelebt hatte, sehnte er sich sogar nach Helens gräßlichen Menüs. Und wenn er in den feuchtkalten Nächten in seinem Schlafsack lag, verfluchte er im stillen Michael Osbourne.
    Von Anfang an war jedoch klar, daß mit dem Farmhaus in dem kleinen Tal unter ihnen etwas nicht stimmte. Es gehörte einem Brüderpaar namens Dalton. Die beiden versorgten eine kleine Herde räudiger Schafe und ein paar Dutzend Hühner.
    Täglich zweimal, einmal bei Tagesanbruch und dann wieder in der Abenddämmerung, machten sie einen langsamen Rundgang um ihren Besitz, wie um ihn gegen unbefugte Eindringlinge zu sichern.
    In der zehnten Nacht bekamen sie erstmals Besuch.
    Der Besucher kam mit einem kleinen Nissan. Während Marks und Sparks mit ihren InfrarotKameras zahlreiche Aufnahmen schössen, beobachtete Graham das Farmhaus durch ein Nachtglas. Er sah einen großen, kräftig gebauten Mann mit zerzausten Locken, der eine Tennistasche über der rechten Schulter trug.
    »Was denkt ihr?« fragte Graham.
    »Er versucht so zu tun, als sei die Tasche leicht«, sagte Marks, »aber der Tragriemen ist ganz straff.«
    »Jedenfalls hat er darin keine Tennisausrüstung«, sagte Sparks.
    Graham drückte die Sprechtaste eines Handfunkgeräts und rief die RUC-Station in Cookstown, fünfzehn Meilen südöstlich von ihnen.
    »Wir haben Gesellschaft. Weitere Anweisungen folgen.«
    Der Besucher blieb zwanzig Minuten lang im Farmhaus.
    Marks und Sparks versuchten, die Aktivitäten im Inneren zu belauschen, aber sie hörten nur Bach, der auf einer blechern klingenden Stereoanlage gespielt wurde.
    »Erkennst du das Stück?« fragte Marks.
    »Konzert Nummer fünf in D-Dur«, antwortete Sparks.

    »Herrlich, nicht wahr?«
    »Durchaus.«
    Graham beobachtete weiter die Farm.
    »Er fährt wieder«, sagte er.
    »Kurzer Aufenthalt für einen nächtlichen Besuch«, meinte Marks.
    »Vielleicht hat er nur mal austreten müssen«, sagte Sparks.
    »Ich denke, er hat ein paar Waffen

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