Der Botschafter
die Eliteeinheit der britischen Streitkräfte und eine der angesehensten militärischen Organisationen der Welt. Er ist in Hereford, ungefähr 140 Meilen nordwestlich von London, stationiert und besteht aus einem aktiven Regiment, dem 22 SAS, mit rund 550 Mann. Der SAS ist für den Kampf hinter feindliche n Linien ausgebildet, und jede seiner vier Einsatzschwadronen hat ihre besondere Spezialität: Luftlandeunternehmen, Amphibienlandungen, Gebirgskampf und Einsatz von Sturmfahrzeugen. Ihre Fähigkeit zur Terrorismusbekämpfung hat die Einheit im Mai 1980 unter Beweis gestellt, als sie die Belagerung der iranischen Botschaft in London vor laufenden Fernsehkameras erfolgreich beendet hat. Der SAS rekrutiert überdurchschnittlich intelligente Soldaten, die improvisieren und selbständig handeln können.
SAS-Soldaten sind wegen ihres Egoismus, ihrer Respektlosigkeit und ihres Sarkasmus verschrien; deshalb wird der SAS von großen Teilen des britischen militärischen Establishments mißtrauisch beäugt. Ihre Devise lautet: »Wer wagt, gewinnt.« Es ist typisch für die SAS-Männer, ihr eigenes Motto entsprechend zu verfremden: »Wer fragt, wer gewinnt?«
Die acht Männer in dem großen Freizeitraum hatten nur wenig Ähnlichkeit mit Soldaten, wie Douglas sie kannte. Sie hatten zottiges Haar oder überhaupt kein Haar, und einige von ihnen trugen weit herabgezogene Schnurrbärte. Zwei spielten eine Partie Billard; zwei andere lieferten sich ein lautstarkes Tischtennisduell.
Der Rest lungerte vor dem Fernseher, sah sich einen Videofilm an - The Double Life of Veronique - und bat gelegentlich um etwas mehr Ruhe. Die Billard-und die Tischtennisspieler hörten auf, als sie merkten, daß sie Besuch hatten.
»Geht die Ulster Freedom Brigade zum Angriff über, wird sie von diesen Männern erwartet«, sagte Graham. »Ich kann Ihnen versichern, daß dann alles sehr schnell geht. Diese Gentlemen wissen, was ihren Kameraden neulich nacht im County Tyrone zugestoßen ist. Der SAS ist ein sehr kleiner Haufen. Wie Sie sich vorstellen können, brennen sie darauf, sich dafür zu revanchieren.«
»Ja, das verstehe ich«, sagte Douglas. »Aber wenn unnötiges Blutvergießen sich irgendwie vermeiden läßt ...«
»Sie werden sich bemühen, die Terroristen lebend zu fassen«, versicherte Michael ihm. »Alles hängt nur davon ab, wie die Ulster Freedom Brigade reagiert, wenn sie erkennt, daß sie in eine Falle geraten ist.«
»Für Sie wird es Zeit, das Haus zu verlassen, Botschafter Cannon«, sagte Graham. »Sie haben Ihren Teil getan. Leider bekommen Sie auf der Rückfahrt weit weniger zu sehen als auf der Herfahrt, fürchte ich.«
Michael und Douglas verabschiedeten sich in der großen Halle voneinander. Nachdem sie sich die Hand geschüttelt hatten, legte Douglas seinem Schwiegersohn einen Arm um die Schultern und sagte: »Paß gut auf dich auf, Michael.«
Graham führte Douglas zum Hinterausgang, vor dem ein Lieferwagen mit laufendem Motor wartete. Das Fahrzeug war mit dem Namen eines hiesigen Partyservices beschriftet.
Douglas stieg ein und nahm auf dem im Laderaum eingebauten bequemen Sitz Platz. Er hob grüßend die Hand. Graham schloß die Hecktür, und der Lieferwagen fuhr rasch davon.
Am nächsten Morgen stand Rebecca Wells in aller Frühe an der schottischen Westküste in der Ardnacross Bay am Strand.
Bei leichtern Nebel war es bitterkalt und noch ziemlich dunkel, obwohl die Sonne schon vor einer halben Stunde aufgegangen sein sollte. Sie ging auf dem schmalen Kiesstrand auf und ab, rauchte eine Zigarette und trank den Rest des NesCafés, den sie vor über zwölf Stunden aufgegossen hatte. Sie war erschöpft.
Der Morgen war windstill, das Wasser flach und kaum bewegt.
Jenseits der Bay lag der Kilbrannan-Sund. Im Südwesten, von Schottland durch den North Channel getrennt, lag die nordirische Küste.
Zwanzig weitere Minuten verstrichen. Rebecca fing an, sich Sorgen zu machen, ob das Boot auch kommen würde. Es würde ein Schlauchboot sein, hatte Kyle Blake gesagt, das ein Frachter, dessen Eigner protestantische Sympathisanten waren, auf seiner Fahrt durch den North Channel aussetzen würde. An Bord würde ein Mann der Brigade mit einem Seesack sein, der ihre Waffe n für den Überfall auf Hartley Hall enthielt.
Als weitere zehn Minuten vergangen waren, überlegte Rebecca, ob sie riskieren durfte, noch länger zu warten.
Inzwischen war es hell, und auf der Küstenstraße hinter ihr setzte der morgendliche
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