Der Botschafter
die letzte Uzi für sich und warf den leeren Seesack aufs Bett.
»Wo ist meine?« fragte Rebecca.
»Wie meinst du das?«
»Meine Waffe«, sagte sie. »Wo ist sie?«
»Du bist nicht für solche Einsätze ausgebildet, Rebecca«, sagte Spencer halblaut. »Deine Arbeit ist getan.«
Sie knallte den Teekessel auf den Tisch. »Dann macht euch euren Scheißtee selber!«
Spencer trat einen Schritt vor und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Wir wollen keinen Streit anfangen«, sagte er begütigend. »Ich setze unsere Erfolgschancen mit bestenfalls fünfzig Prozent an. Einige dieser Jungs kommen vielleicht nicht wieder nach Hause. Findest du nicht, daß wir fünf ein Recht darauf haben, von dir in deiner dir zugewiesenen Rolle unterstützt zu werden?«
Sie nickte widerstrebend.
»Also gut. Kommen wir zur Sache, ja?«
Rebecca öffnete den Geschirrschrank über dem Herd und nahm einen zusammengefalteten Bogen Papier heraus. Als sie ihn auf dem Tisch ausbreitete, erwies er sich als Lageplan, der Hartley Hall und den Park zeigte. Spencer überließ Rebecca die Erklärungen.
»Hartley Hall hat mehrere Eingänge«, begann Rebecca. »Der Haupteingang befindet sich hier ...« Sie tippte mit dem Zeigefinger auf den Lageplan, »... im Südflügel. Weitere Eingänge gibt's hier in der Orangerie, im Ostflügel und auf der Rückseite, den ehemaligen Dienstboteneingang. Ich habe jede Nacht einen Rundgang ums Haus gemacht und beobachtet, wo überall Licht brennt. Nach der Ankunft des Botschafters habe ich gesehen, daß in einem Gästezimmer - hier im ersten Stock - erstmals Licht gebrannt hat. Ich vermute, daß Cannon dort schläft.«
Jetzt ergriff Spencer das Wort. »Wir müssen sie überwältigen, sie in Verwirrung stürzen. Wir nähern uns einzeln und dringen um Punkt vier Uhr von allen Seiten ins Haus ein. Ich komme durch den Haupteingang. James kommt durch die Orangerie, Alex und Lennie kommen über den Ostflügel, und Edward kommt durch den Hintereingang. Manche von uns werden auf Widerstand stoßen, manche dagegen nicht. Sobald ihr im Haus seid, rennt ihr nach oben ins Gästezimmer. Und wer es als erster erreicht, legt den Botschafter um. Noch Fragen?«
Kurz nach Mitternacht fingen die Dinnergäste an, sich zu verabschieden - nur waren sie keine echten Gäste, sondern für das Unternehmen Kesselpauke angefordertes MI5-Personal. Als die letzten weggefahren waren, wurden die beiden von der Special Branch gestellten Leibwächter durch neue Beamten ersetzt. Einer von ihnen, der in seiner Regenkleidung wie ein Nordseefischer aussah, machte rasch einen Kontrollgang um das Hauptgebäude. Im chinesischen Schlafzimmer brannte noch bis ein Uhr morgens Licht - bis Michael hineinschlüpfte und es ausknipste.
Die Männer des SAS-Teams hatten unauffällig ihre Stellungen außerhalb des Hauses bezogen. Einer lag an der Parkmauer in Deckung, ein weiterer lauerte im Hirschgehege.
Ein dritter Mann hielt im französischen Garten des Hauses Wache, und ein vierter hatte seinen Posten auf dem Friedhof neben der St. Margaret's Church. Die restlichen vier SAS-Männer verteilten sich im Erdgeschoß des Hauses.
Jeder Soldat trug eine Infrarot-Nachtsichtbrille und hatte ein Minifunkgerät mit Ohrhörer, das die Verbindung zum Nervenzentrum innerhalb des Hauses sicherstellte. Jeder war mit einer Maschinenpistole HK MP5, der Dienstwaffe des SAS, und einer 5,7mm-Herstal bewaffnet. Die Herstal gilt als eine der wirkungsvollsten Handfeuerwaffen der Welt: Sie verschießt ihre Geschosse mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 650 Metern pro Sekunde, so daß sie noch aus zweihundert Meter Entfernung achtundvierzig Lagen Kevlar, das für kugelsichere Westen verwendet wird, durchschlagen können. Michael trug die CIA-Dienstwaffe, einen wirkungsvollen 9mm-Browning mit fünfzehn Schuß im Magazin. Graham Seymour war unbewaffnet.
Die beiden Männer warteten im Kontrollraum im ersten Stock neben dem Gästezimmer. Das stürmische Wetter setzte die elektronischen Sensoren praktisch außer Kraft. Die Bewegungsmelder sprachen ständig auf vom Wind gepeitschte Büsche und Äste an. Die hochempfindlichen Richtmikrofone wurden durch das Brausen des Windes und das Prasseln des Regens unbrauchbar. Nur die Infrarotkameras funktionierten einwandfrei.
Um 3.25 Uhr meldeten die MI5-Agenten, die alle Campingplätze in der näheren Umgebung überwachten, den Aufbruch der Männer des Killerkommandos. Aber sie folgten den Terroristen nicht, sondern ließen die fünf
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