Der Bourne Befehl
Almaz zu arbeiten.«
Don Fernando nickte. »Ich und Christien Norén, wir waren nach meinem Vater die beiden einzigen Nicht-Russen bei Almaz.«
»Du warst das Hirn, und er der Mann fürs Grobe.«
Don Fernando trank seinen Weinbrand aus, schenkte sich jedoch nicht wieder ein. Seine Augen hatten einen glasigen Ausdruck angenommen. »Es stimmt schon, Christien war gut darin, Leute zu töten. Ich glaube fast, es hat ihm sogar Spaß gemacht.«
Er warf ein paar Scheine auf den Tisch, und sie standen beide auf und spazierten aus dem Café und auf der Uferstraße zu Don Fernandos Haus zurück. Die Nacht war außergewöhnlich klar, der Mond stand blassgelb am wolkenlosen Himmel. Der salzige Wind schlug das Tauwerk der Boote unrhythmisch an die Masten. Das ferne Knattern der Vespas verlieh der ausklingenden Nacht eine melancholische Note.
»Wenn Christien ein Maulwurf in der Domna war«, sagte Bourne, »dann haben die beiden Organisationen vermutlich gegeneinander gearbeitet.«
»Ich würde eher sagen, ihre Interessensphären haben sich überschnitten. Und dann schloss Benjamin El-Arian seinen Pakt mit dem Teufel.«
»Semid Abdul-Qahaar.«
Don Fernando nickte. »Damals begingen wir einen schweren Fehler. Wir verbreiteten das Gerücht, Treadstone habe es auf die Domna abgesehen. Wir wussten, dass die Domna dann Christien beauftragen würde, deinen ehemaligen Chef auszuschalten.«
»Ihr wolltet Alex Conklin aus dem Weg räumen.«
»Im Gegenteil: Wir wollten, dass Christien Conklin für Almaz gewinnt.«
Bourne wusste, dass Conklin russischer Herkunft war. Er hatte die Kommunisten von ganzem Herzen gehasst. Almaz hätte gute Chancen gehabt, sich seine Unterstützung zu sichern.
»Es wäre ein großer Coup gewesen«, fuhr Don Fernando fort, »und ein schwerer Schlag für die Domna.«
Als sie Don Fernandos Straße erreichten, sahen sie bereits die Lichter in seinem Haus leuchten.
»Aber der Plan ging schief«, ergänzte Bourne. »Conklin tötete Christien, und El-Arian schloss seinen Deal mit Semid Abdul-Qahaar.«
»Es kam noch schlimmer: Von da an sah die Domna in Almaz ihren großen Feind, und jetzt sind wir mitten in einem erbitterten Krieg.«
Es gab verschiedene Wege, sich Zutritt zu den oberen Etagen einer Bank zu verschaffen, und Soraya kannte sie alle. Als Erstes kleidete sie sich in der Chanel Boutique in der Avenue Montaigne entsprechend ein. In einem Laden in der Nähe besorgte sie sich dazu passende Louboutin-Schuhe und zahlte mit ihrer unlimitierten Treadstone-Kreditkarte. Bevor sie den Laden verließ, überkam sie eine unerträgliche Übelkeit. Eine besorgte Verkäuferin brachte sie zur Toilette, und sie schaffte es gerade noch in eine Kabine, bevor ihr Mageninhalt hochkam. Jetzt machte sie sich ernstlich Sorgen; das Erbrechen deutete auf eine schwere Gehirnerschütterung hin. Ihr Herz hämmerte, und sie fühlte sich so schwach, dass sie sich an der Kabinentür festhalten musste. Sie biss die Zähne zusammen und atmete tief durch.
Es dauerte zehn Minuten, bis sie sich den Mund ausgespült und so weit erholt hatte, dass sie sich wieder sehen lassen konnte. Doch ihre Kopfschmerzen wurden immer stärker, und sie war so blass, dass die Verkäuferin einen Arzt rufen wollte. Soraya lehnte höflich ab und fragte stattdessen, wo sie Make-up kaufen könne.
Auf der Straße schmerzte das Sonnenlicht in ihren Augen und verschlimmerte das Pochen in ihrem Kopf ins fast Unerträgliche. Eine halbe Stunde später war immerhin das teure Make-up so geschickt aufgetragen, dass sie mehr oder weniger normal aussah. Zuletzt setzte sie noch eine große Sonnenbrille auf, ehe sie eine Filiale der Élysée-Bank betrat und erneut ihr Treadstone-Konto in Anspruch nahm.
Sie ließ sich von einem Bankangestellten ein Taxi rufen und bat um einen neuen Mercedes. Während sie wartete, rief sie in der Bank an, zu der sie wollte, und vereinbarte in ihrem besten Pariser Französisch als Mademoiselle Gobelins einen Termin mit dem Vizepräsidenten der Bank. Der Mercedes fuhr vor, und sie nannte dem Fahrer die Adresse.
Sie ignorierte das Hämmern in ihrem Kopf und schritt um Punkt elf Uhr dreißig durch die Glastüren des Bankgebäudes. In der Eingangshalle stand ein imposanter Empfangstisch, und dahinter ging es durch eine weitere Glastür zur Schalterhalle. Soraya stand einen Augenblick vor dem Eingang und fühlte sich verloren, krank und niedergedrückt, doch plötzlich stieg so etwas wie Euphorie in ihr hoch, so als stünde sie kurz vor
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