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Der Bourne Betrug

Der Bourne Betrug

Titel: Der Bourne Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Ausgegrenzten, der Verzweifelten – war letztlich eine Frage des Charismas. Fadi verstand die Grundlage für erfolgreiches Führertum: Es kam überhaupt nicht darauf an, welche Lehre man verkündete; man brauchte sich nur darum zu kümmern, wie gut man sie verkaufte. Was keineswegs heißen sollte, dass Fadi ein Zyniker war – das konnte ein Radikaler, der etwas taugte, unmöglich sein. Es bedeutete lediglich, dass er die entscheidende Lektion in Bezug auf Marktmanipulation begriffen hatte.
    Dieser Gedanke bewirkte, dass auf seinen vollen Lippen ein schwaches Lächeln erschien, als er den ruckweise auf und ab tanzenden Suchscheinwerfern der Polizeibeamten folgte.
    Â»Diese Katakomben sind zweitausend Kilometer lang«, sagte Leutnant Kowe, der sich nützlich zu machen versuchte. »Ein System aus Gängen und Kavernen, das bis zu dem Dorf Nerubaiskoje reicht – eine halbe Autostunde von hier.«
    Â»Aber bestimmt sind nicht alle passierbar.« Fadi waren die rissigen, teilweise angefaulten Stützbalken, die an manchen Stellen besorgniserregend ausgebauchten Wände und die durch Bergstürze blockierten Seitengänge natürlich nicht entgangen.
    Â»Nein, Generalmajor«, sagte Leutnant Kowe. »Das Museum in Nerubaiskoje bietet kurze Führungen an, aber bei denen, die sich allein hierherwagen, gibt’s sehr häufig Tote und Verletzte.«
    Fadi spürte die allmählich anwachsende Besorgnis der drei
Polizeibeamten, die Kowe als ihre Begleiter bestimmt hatte. Und er merkte, dass der Leutnant weiterschwatzte, um seine eigene Nervosität zu tarnen.
    Jeder andere hätte sich von der Unruhe seiner Begleiter anstecken lassen, aber Fadi war außerstande, Angst zu empfinden. An neue, gefährliche Situationen ging er mit dem unerschütterlichen Selbstvertrauen eines guten Kletterers heran. Dass er scheitern könnte, kam ihm niemals in den Sinn. Das lag nicht daran, dass er dem Leben keinen Wert beimaß, auch nicht nur daran, dass er den Tod nicht fürchtete. Um sich lebendig zu fühlen, war es manchmal notwendig, sich zu Extremen zu treiben.
    Â»Ist der Mann verwundet, wie Sie gesagt haben, kommt er nicht weit«, meinte Leutnant Kowe – ob das für Fadi bestimmt war oder seine eigenen nervösen Männer beruhigen sollte, war nicht ganz klar. »Ich war schon mehrmals hier unten. Vor allem in Strandnähe sind die Katakomben sehr anfällig für Einstürze. Außerdem müssen wir auf Schlammgruben achten. An manchen Stellen sickert so viel Grund- und Regenwasser ein, dass der Boden unterhöhlt ist. Besonders gefährlich sind die Gruben, weil der Schlamm wie Treibsand wirkt, der einen Mann in weniger als einer Minute verschlingen …«
    Der Leutnant verstummte abrupt. Die fünf Männer erstarrten in der Bewegung. Der Führende hatte sich halb nach ihnen umgedreht. Er bedeutete ihnen durch Zeichen, er habe vor ihnen etwas gehört. Sie warteten schwitzend.
    Dann kam das Geräusch wieder: ein leises Scharren wie von Leder auf Stein. Ein Stiefelabsatz?
    Der Gesichtsausdruck des Leutnants hatte sich verändert. Er glich jetzt einem Jagdhund, der Witterung von seiner Beute hat. Er nickte, und sie bewegten sich lautlos weiter.

    Â 
    Anne lenkte Detective Overtons Limousine durch zunehmend verwahrloste Straßen, über Kreuzungen mit durchgebrannten Verkehrsampeln und unanständig beschmierten Verkehrszeichen. Inzwischen war es völlig dunkel: Das aschgraue Zwielicht dieses Wintertages war am Wegesrand zurückgeblieben  – ebenso wie hübsche Reihenhäuser, saubere Straßen, Museen und Denkmäler. Dies war eine andere Stadt auf einem anderen Planeten, aber sie war eine, in der Karim al-Jamil sich auskannte, in der er sich wohlfühlte.
    Sie rollten langsam die 8 th Street hinunter, bis Karim al-Jamil auf ein aus doppelt breiten Hohlblocksteinen erbautes Gebäude zeigte, an dessen Fassade noch ein Firmenschild hing: M&N KAROSSERIEBAU. Auf seine Anweisung hin fuhr Anne über den Gehsteig und hielt auf einer rissigen Betonplatte vor dem Rolltor aus Stahl.
    Er sprang aus dem Wagen. Als er nach vorn ans Tor ging, sah er sich lange und gründlich um. Hier, wo nur noch wenige Straßenlampen brannten, waren die Schatten tief. Für eine unregelmäßig zuckende Beleuchtung sorgten die Scheinwerfer von Autos, die im Norden auf der L Street NE und im Süden auf der Virginia

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