Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bourne Betrug

Der Bourne Betrug

Titel: Der Bourne Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
Familienkette. La ilaha illallah! Das Schicksal des Einzelnen ist das Schicksal aller.«
    Â 
    Der Mann, der mit untergeschlagenen Beinen am oberen Ende eines mit verschiedenen Utensilien überladenen niedrigen Holztischs saß, betrachtete Fadi mit feindseligem Blick.
Der Grund dafür war zweifellos die Tatsache, dass er nur noch ein Auge besaß – das linke. Unter dem weißen Mullpolster war seine rechte Augenhöhle ein geschwärzter Krater.
    Fadi streifte die Schuhe ab und kam barfuß über den Betonboden. In Miran Schah bestanden alle Wände, Decken und Böden aus Stahlbeton und sahen identisch aus. Er ließ sich an der linken Schmalseite des Tischs nieder.
    Aus einem Deckelglas schüttelte er eine Handvoll Kaffeebohnen, die erst vor wenigen Stunden geröstet worden waren. Er kippte sie in einen Messingmörser, griff nach dem Stößel und zerstieß sie zu feinem Pulver. Auf einem Campinggaskocher stand ein kleiner Kupferkessel. Fadi goss Wasser aus einem Krug hinein, dann zündete er den Kocher an. Blaugelbe Flammen züngelten unter dem Kesselboden hervor.
    Â»Wir haben uns lange nicht mehr gesehen«, sagte Fadi.
    Â»Erwarten Sie wirklich, dass ich mit Ihnen Kaffee trinke?«, fragte der richtige Martin Lindros.
    Â»Ich erwarte, dass Sie sich wie ein zivilisiertes menschliches Wesen benehmen.«
    Lindros lachte verbittert, berührte seine Augenklappe mit dem Zeigefinger. »Dann wäre ich hier das einzige zivilisierte Wesen.«
    Â»Versuchen Sie eine Dattel«, sagte Fadi und schob ihm eine hoch mit Datteln beladene ovale Platte hin. »Am besten schmecken sie in diese Ziegenbutter getunkt.«
    Sobald das Wasser kochte, kippte Fadi das Kaffeepulver aus dem Mörser hinein. Als er den Deckel der vor ihm stehenden Keramikdose abnahm, verbreitete sich der Duft von frisch zerstoßenem Kardamom. Seine ganze Aufmerksamkeit galt jetzt dem brodelnden Kaffee. Kurz bevor er überschäumen konnte, nahm Fadi den Kessel vom Feuer, warf mit den Fingern der rechten Hand einige Kardamomsamen hinein und goss den Kaffee in eine bauchige kleine Kanne ab. Ein in
ihren Schnabel gestecktes Stück Palmwedel würde den Kaffeesatz zurückhalten. Fadi stellte den Kessel beiseite und füllte mit dem qahwah ’arabijah  – dem arabischen Kaffee – zwei henkellose Mokkatassen. Die erste stellte er Lindros hin, wie es jeder Beduine als Gastgeber getan hätte, obwohl noch kein Beduine mit untergeschlagenen Beinen in einem Zelt dieser Art gesessen hatte: riesig, unterirdisch, aus meterdickem Stahlbeton erbaut.
    Â»Was macht Ihr Bruder heutzutage? Hoffentlich verschafft der Blick durch mein Auge ihm eine neue Perspektive. Vielleicht ist er dann nicht mehr so darauf versessen, den Westen zu vernichten.«
    Â»Wollen Sie wirklich über Vernichtung sprechen, Martin? Dabei sollten wir darüber reden, wie Amerika gewaltsam seine Kultur exportiert, die von der Dekadenz eines übersättigten Volkes geprägt ist, das alles sofort haben will und die Bedeutung des Wortes Opfer nicht mehr kennt. Dann müssen wir auch über Amerikas Besetzung des Nahen Ostens, über die absichtliche Zerstörung alter Traditionen reden.«
    Â»Wobei zu diesen Traditionen auch die Sprengung religiöser Statuen gehört, wie es die Taliban in Afghanistan vorgemacht haben. Und die Steinigung von Ehebrecherinnen, während ihre Liebhaber straffrei bleiben.«
    Â»Als saudi-arabischer Beduine habe ich ungefähr so viel mit den Taliban zu tun wie Sie. Und was Ehebrecherinnen betrifft, ist das islamische Gesetz zu berücksichtigen. Wir sind keine Einzelpersonen, Martin, sondern Teil unserer jeweiligen Familie. Die Ehre der Familie wird von ihren Töchtern verkörpert. Ziehen unsere Schwestern Schande auf sich, lastet diese Schande auf der ganzen Familie, bis die Schuldige beseitigt ist.«
    Â»Sie morden Ihr eigenes Fleisch und Blut? Das ist unmenschlich.«

    Â»Weil’s nicht Ihre Art ist?« Fadi nickte zu seiner Mokkatasse hinüber. »Trinken Sie.«
    Lindros hob die kleine Tasse an den Mund, leerte sie mit einem Zug.
    Â»Sie müssen den Kaffee in kleinen Schlucken trinken, Martin.« Fadi schenkte ihm nach und leerte die eigene Tasse mit drei kleinen, genussvollen Schlucken. Mit der rechten Hand griff er nach einer Dattel, tunkte sie in die würzige Butter und schob sie sich in den Mund. Er kaute langsam und nachdenklich,

Weitere Kostenlose Bücher