Der Bourne Betrug
er kaum als seine eigene erkannte.
Abbud ibn Aziz spielte mit der Kapuze, die er ihm über den Kopf ziehen wollte. Sie war aus schwarzem Stoff genäht und hatte keine Augenlöcher. »Sollten Sie doch etwas über die Ermordung Hamid ibn Aschafs wissen, wäre dies der richtige Zeitpunkt, um â¦Â«
»Ich habe Ihnen schon mehrmals gesagt, dass ich nichts darüber weiÃ. Sie glauben mir noch immer nicht.«
»Nein.« Abbud ibn Aziz zog ihm die Kapuze über. »Das tue ich nicht.«
Dann umfasste seine Hand ganz unerwartet für einen Augenblick Lindrosâ Schulter.
Was ist das , fragte Lindros sich, ein Zeichen für Empathie? Das war auf eine Weise belustigend, die er gegenwärtig nicht recht würdigen konnte. Er konnte es nur beobachten, wie er heutzutage alles beobachtete â hinter einer Scheibe aus schussfestem Glas, die er selbst installiert hatte. Dass diese Scheibe nur gedanklich existierte, machte sie nicht weniger wirksam. Seit Lindros wieder aus seiner Abgeschiedenheit aufgetaucht war, befand er sich in einem halb losgelösten Zustand, als sei er nicht völlig im Besitz des eigenen Körpers. Dinge, die sein Körper tat â essen, schlafen, ausscheiden, Gymnastik machen, auch gelegentlich mit Abbud ibn Aziz sprechen â, schien jemand anderer zu tun. Lindros konnte kaum glauben, dass er in Gefangenschaft geraten war. Dass diese Loslösung â eine notwendige Folge seines langen Aufenthalts im inneren Exil â sich allmählich wieder geben und endlich ganz verschwinden würde, erschien ihm vorläufig als reiner Wunschtraum. Stattdessen fürchtete er, den Rest seines Lebens im Ungewissen verbringen zu müssen: existierend, aber nicht wirklich lebend.
Dann wurde er grob hochgerissen und kam sich wie in einem Traum vor, den er während seines Aufenthalts auf dem stillen See immer wieder gehabt hatte. Weshalb wurde er so hastig verlegt? War jemand auf der Suche nach ihm gefährlich nahe an das Terroristenlager herangekommen? Lindros bezweifelte sehr, dass das jemand von der CI war; aus Gesprächsfetzen hatte er mitbekommen, dass Kämpfer der Dujja einen zweiten Hubschrauber mit Agenten, die ihn hatten suchen sollen, abgeschossen hatten. Nein, es gab nur einen Einzigen, der das nötige Wissen, die Zähigkeit und die Erfahrung besaÃ, um das Hochplateau am Ras Dejen lebend zu erreichen: Jason Bourne! Jason war hier, um ihn aufzuspüren und mit sich nach Hause zu nehmen!
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Matthew Lerner saà im rückwärtigen Bereich des Restaurants Golden Duck. Obwohl das kleine Lokal in Chinatown lag, wurde es in vielen Washingtoner Reiseführern erwähnt, was bedeutete, dass es von Touristen besucht und von Einheimischen gemieden wurde â vor allem von der geheimen Bruderschaft aus Agenten und Spionen, der Lerner angehörte. Das war ihm natürlich gerade recht. Er hatte über die ganze Stadt verteilt ein gutes halbes Dutzend solcher Lokale aufgespürt, die er ohne bestimmtes System für Treffs mit Spitzeln, Zuträgern und anderen nützlichen Idioten benutzte.
Das Chinarestaurant, finster und schmuddelig, roch nach Sesamöl, Gewürzpulver und der brodelnden Füllung der Fritteuse, in der Frühlingsrollen und panierte Hühnerteile zubereitet wurden.
Lerner saà bei einem Tsingtao, das er aus der Flasche trank, weil er sich vor den öligen Schlieren an den Wassergläsern ekelte. Tatsächlich hätte er sich lieber einen doppelten Johnnie Walker Black bestellt, aber das ging nicht. Nicht vor diesem speziellen Treff.
Sein Handy summte, und als er es aufklappte, sah er eine SMS: NACH HINTEN AUF 7 STREET HINAUS. FÃNF MINUTEN.
Er löschte die Nachricht sofort, steckte das Handy ein und machte sich wieder über sein Tsingtao her. Sobald es ausgetrunken war, knallte er ein paar Dollar auf den Tisch, zog seinen Mantel an und ging auf die Herrentoilette. Den Grundriss dieses Restaurants kannte er natürlich so gut wie den aller übrigen Treffpunkte. Als er aus dem WC kam, wandte er sich nach rechts und ging an der Küche vorbei, die voll Dampf, lauten chinesischen Stimmen und dem Zischen riesiger eiserner Woks auf Gasflammen war.
Lerner stieà die Hintertür auf und schlüpfte auf die 7 th Street hinaus. Der ziemlich neue Ford war so anonym, wie ein
Auto in Washington, wo alle Behörden nur US-Fahrzeuge kaufen durften, überhaupt sein konnte. Mit
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