Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
eigenes Gemüse mit.«
»Ich hab nicht gesagt, dass es nicht gut ist.«
»Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«, fragte Ouyang mit einer Direktheit, die in China als grobe Unhöflichkeit galt.
Ben David musterte ihn einige Augenblicke. »Wissen Sie, Minister, Sie sehen ein bisschen blass aus. Haben Sie vielleicht von dieser berüchtigten Milch getrunken, die mit Melamin verseucht war, um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen?«
»Ich trinke nur die Milch von hier«, sagte Ouyang kalt.
Ben David warf den Gurkenstummel weg und trat auf ihn zu. »Wissen Sie, was ich gerade denke? Wir hassen uns so sehr, dass es ein Wunder ist, dass wir zusammenarbeiten können.«
»Manchmal kann man sich seine Verbündeten nicht aussuchen.«
»Mag sein.« Ben David zuckte mit den Achseln. »Was ist der Grund für dieses persönliche Treffen, so kurz vor dem Ende unserer gemeinsamen Reise?«
Minister Ouyang zog eine dünne Akte hervor und reichte sie ihm.
Ben David öffnete sie. Seine Narbe schien zu glühen, als er das Überwachungsfoto von Jason Bourne anstarrte. Wütend blickte er auf. »Was zum Teufel soll das, Ouyang?«
»Sie kennen diesen Mann«, sagte Ouyang mit nervtötender Gelassenheit. »Sehr gut sogar.«
Ben David klappte die Akte zu. »Dafür haben Sie mich die lange Reise machen lassen?«
Ouyang ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Bitte, bestätigen Sie meine Feststellung, Oberst.«
»Wir sind uns zweimal begegnet«, räumte Ben David ein.
»Dann sind Sie der Mann für diese Aufgabe.«
Ben David blinzelte. »Welche Aufgabe? Sie wollen mir einen verdammten Auftrag geben?«
Hoch am Himmel glitt ein silberglänzender Jet im strahlenden Sonnenlicht vorbei. Sein Brummen klang so fern, als käme es von der anderen Seite der Erde. Zu ihrer Linken rollte ein Traktor langsam über die gefurchte Erde. Der wechselnde Wind trug den Geruch von Lehm mit sich.
»Sagen Sie, Oberst, wie lange arbeiten wir jetzt schon an unserem gemeinsamen Projekt?«
»Das wissen Sie genauso gut wie ich …«
»Bitte, sagen Sie’s mir trotzdem.«
Ben David seufzte. »Sechs Jahre.«
»Eine lange Zeit, nach westlichen Maßstäben. Für uns hier ist das nicht so lange, im Reich der Mitte messen wir die Zeit anders.«
Ben David machte ein angewidertes Gesicht. »Kommen Sie mir nicht mit diesem Scheiß vom ›Reich der Mitte‹. Es geht hier um rein geschäftliche Dinge, sonst gar nichts. Nicht um Politik, Ideologie oder scheinheilige Sprüche. Es hat nichts Mystisches, nichts Geheimnisvolles an sich. Geld regiert die Welt, das wissen Sie genauso gut wie ich. Darum geht’s hier, das hat uns zwei zusammengebracht. Nichts anderes. Dafür haben wir sechs lange, mühevolle, gefährliche Jahre gearbeitet. Jetzt wollen Sie plötzlich vom Plan abweichen. So etwas mag ich nicht.«
»Ich stimme Ihnen in allem zu, was Sie sagen«, betonte Minister Ouyang gelassen. »Aber die Welt hat ihre eigene Dynamik, sie steht nicht still. Wenn wir unseren Plan nicht an veränderte Gegebenheiten anpassen können, werden wir keinen Erfolg haben.«
»Aber wir haben es doch schon geschafft. In zwei Tagen …«
»Eine Ewigkeit, in der vieles schiefgehen kann.« Ouyang deutete auf das Foto in der Akte. »Dieser Mann setzt seine nicht unbeträchtlichen Fähigkeiten dafür ein, uns aufzuhalten.«
Ben David zuckte zurück, als hätte ihm jemand ins Gesicht geschlagen. »Woher wissen Sie das?«
»Ich stehe im Kontakt mit unseren Partnern. Sie nicht.«
»Scheiße!« Ben David klatschte sich die Mappe gegen den Oberschenkel. »Sagen Sie jetzt nicht, ich soll Jagd auf ihn machen.«
»Das wird nicht nötig sein«, gab Ouyang zurück. »Er wird sehr bald zu Ihnen kommen.«
Die Stimmen des engelhaften Chors schwollen an und erfüllten die ganze Basilica de Guadelupe. Im Pfarrhaus blickte Bourne auf die blutige Leiche von El Enterrador hinunter. »Wir müssen gehen«, mahnte er.
Anunciatas Augen funkelten mit der blutig-roten Klinge des Stiletts um die Wette, das sie immer noch in der Hand hielt. »Ich gehe nirgendwohin mit Ihnen. Sie haben bei dem Plan mitgemacht.«
»Wir wussten nichts von dem Plan, als wir in Maceo Encarnacións Villa geschmuggelt wurden«, beteuerte Bourne. »Meine Freundin musste sterben, weil wir den Tracker des Totengräbers mit uns trugen.«
Sie sahen einander an wie über einen Abgrund hinweg. Sie hatten beide durch Maceo Encarnación einen lieben Menschen verloren. Das war wie ein Magnet, der sie beide zueinander hinzog.
Sie
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