Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
Seite der Sieger stehen wollte. Ein Mal in seinem Leben.
Der Präsident erhob sich abrupt und trat zu der amerikanischen Flagge beim Fenster. »Vergessen Sie Nicodemo. Er ist wahrscheinlich nur ein Trugbild, von unseren Feinden ins Leben gerufen, um uns irrezuführen. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja, Sir, aber ich kann meine Suche nach Nicodemo nicht so einfach einstellen. Die Direktoren würden Verdacht schöpfen.«
»Dann schnüffeln Sie weiter ein bisschen im Internet herum, damit niemand was merkt, aber konzentrieren Sie sich ab jetzt darauf, Bourne zu finden.«
Sein Plan, das Vertrauen von Peter und Soraya zu gewinnen, indem er den Auftrag erfolgreich ausführte, war damit hinfällig. Es war ernüchternd und ärgerlich, wie der Präsident mit ihm umsprang, nachdem er ihn persönlich aus der NSA ausgewählt hatte. Es machte ihn zornig, dass ihn der Präsident benutzt hatte und ihm jetzt erst sagte, was er wirklich wollte. Scheiße , dachte er, ab jetzt ist sich jeder selbst der Nächste .
Aber so war es ohnehin schon immer , dachte er bitter.
Für den Rest des Briefings setzte er ein Lächeln auf, nickte gelegentlich und sagte, was der Präsident von ihm hören wollte. Doch mit seinen Gedanken war er schon woanders. Er bastelte bereits an einer neuen Strategie: einer, die nur ihm nutzte. Er hätte von Anfang an so denken sollen.
Als er zu Treadstone zurückkehrte, ging Richards direkt zu Peter Marks’ Büro, doch an seinem Schreibtisch saß Soraya Moore und arbeitete an seinem Computer. Richards war irritiert und musste an die Behauptung des Präsidenten denken, dass die beiden Direktoren im Grunde taten, was sie wollten. Selbst in der Privatwirtschaft war es nicht üblich, den Computer eines anderen zu benutzen; im Geheimdienstwesen hatte er davon noch nie gehört. So gesehen wunderte es ihn nicht, dass sie engen Kontakt zu Bourne hielten.
Soraya blickte auf, als er zögernd in der Tür stand. »Ja? Was gibt’s, Richards?«
»Ich … ich habe Direktor Marks gesucht.«
»Und mich gefunden.« Sie zeigte auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich. Was haben Sie auf dem Herzen?«
Immer noch zögernd, wurde ihm wieder einmal bewusst, wie sehr ihn ihre Präsenz einschüchterte. Er war noch nie einer Frau wie ihr begegnet, und das machte ihn zutiefst unsicher.
Soraya seufzte. »Setzen Sie sich. Na los.«
Er ließ sich mit einem unangenehmen Gefühl auf der Stuhlkante nieder.
»Wollen Sie auch was sagen oder einfach nur stumm dasitzen?«
Er beäugte sie argwöhnisch, bis ihm wieder einfiel, dass er eine Mappe in den Händen hielt, in der er seine bisherigen Fortschritte bei seiner Suche nach Nicodemo zusammengefasst hatte. Er legte die Akte auf Marks’ Schreibtisch und schob sie ihr zu. Er fand es seltsam, dass sie mit keinem Wort erwähnte, was sie am Computer ihres Kodirektors machte. Kannte sie etwa sein Passwort? Jeder bei Treadstone hatte seinen eigenen persönlichen Code, um sich in seinen Computer einzuloggen. Dazu einen zweiten Code für den Laptop, und einen dritten, falls man über einen der neuen Tablet-Computer verfügte.
Soraya betrachtete ihn mit ihren großen dunklen Augen. Es machte ihn wütend, dass sie so schön war, so begehrenswert und eine solche Macht über ihn besaß. Sie nahm die Akte zur Hand, ohne den Blick von ihm zu wenden, und öffnete sie.
»Was ist das?«
Die unerwartete Frage verwirrte ihn noch mehr. Warum fragte sie ihn das, wo ihr doch ein kurzer Blick auf die Unterlagen die Antwort geliefert hätte?
Er holte tief Luft. »Ich bin mit der Aufgabe, die Sie mir übertragen haben, einen großen Schritt vorangekommen.«
»Sprechen Sie weiter.«
Warum schaute sie nicht in die Unterlagen? Richards schob die Frage beiseite und fuhr fort. »Wenn Sie einen Blick in die …«
»Bedrucktes Papier ist nie so aussagekräftig«, erwiderte sie. »Ich würde es gern mit Ihren eigenen Worten hören.«
Das war’s also, dachte er. Er räusperte sich, ehe er weitersprach. »Es deutet vieles darauf hin, dass die Person Nicodemo so nicht existiert. Allem Anschein nach dürfte es sich um eine clevere Konstruktion handeln, wie zum Beispiel die Bourne-Identität.«
»›Es deutet vieles darauf hin‹, ›allem Anschein nach‹ – solche Phrasen mag ich nicht besonders, das ist mir zu wenig konkret.«
»Ich werde mich bemühen, es konkreter zu formulieren«, sagte Richards und fragte sich, wie er sie dazu bringen konnte, über Bourne zu sprechen.
»Sagen Sie, Richards, warum wollten Sie
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