Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
die Uhr am Armaturenbrett. Seit der spontanen Sitzung in seinem Büro waren fünfzehn Minuten vergangen. Am Eingang zum Treadstone-Gebäude rührte sich etwas, und er blickte auf. Bingo! Da kam Richards die Treppe heruntergeeilt. Er wandte sich nach links, auf den bewachten und elektronisch gesicherten Parkplatz.
Peter beobachtete, wie er in sein Auto stieg, den Motor startete und losfuhr. Peter fädelte sich hinter ihm in den Verkehr ein.
Er hatte erwartet, dass Richards über die Key Bridge nach Washington fahren würde, doch er nahm die entgegengesetzte Richtung und fuhr von der Stadt weg, in die hügelige Landschaft von Virginia hinaus, mit ihrem üppigen Grün im Frühling und Sommer und ihren leuchtenden Farben im Herbst, doch jetzt noch in winterlichem Grau und Braun.
Sie verließen den Highway und kamen durch verschlafene Ortschaften und schicke Wohngegenden, dazwischen ausgedehnte Parklandschaften, Golfplätze und Tenniscourts.
Es ging die alte Blackfriar Pike hoch, anschließend hinunter in ein breites Tal, ehe die Straße erneut anstieg. Was?, dachte Peter auf der Hügelkuppe. Da will er hin?
Zur Linken sah er die dicken Backsteinwände von Blackfriar, dem ältesten und immer noch exklusivsten Countryklub in der Gegend. Blackfriar akzeptierte nur die einflussreichsten Politiker, Lobbyisten, Medienleute und Anwälte, unter ihnen der Präsident und sein Vize.
Soraya: »Ich habe aus zuverlässiger Quelle, dass Nicodemo bei Core Energy die Fäden zieht.«
Richards: »Von wem haben Sie das gehört?«
Peter spielte das aufgezeichnete Gespräch noch einmal ab, bis zu der Bemerkung, mit der Soraya ihn auf dem falschen Fuß erwischt hatte. Mit seiner Frage hatte sich Dick Richards verraten. »Von wem haben Sie das gehört?« Er hatte bereits von dem Zusammenhang mit Core Energy gewusst, die Information jedoch für sich behalten. Peter folgte ihm, um herauszufinden, warum. Laut Soraya vermutete Bourne eine Verbindung zwischen Nicodemo und Core Energy. Er schien wieder einmal recht zu behalten.
Richards’ Wagen bog in die Auffahrt ein und hielt beim Wachhaus neben dem Zufahrtstor, das allen verschlossen blieb, die nicht dazugehörten oder eingeladen waren.
Peter war kein Mitglied von Blackfriar – er wäre auch niemals aufgenommen worden –, dennoch musste er irgendwie hinein. Seinen Ausweis zu zeigen kam nicht infrage; genauso gut hätte er sein Kommen mit dem Lautsprecher ankündigen können.
Er fuhr weiter, bis er vom Wachhaus aus nicht mehr zu sehen war, und hielt auf dem Grasstreifen zwischen Mauer und Straße. Die dicke Ziegelmauer wurde in regelmäßigen Abständen von schmiedeeisernen Spitzen in der Form der Fleur-de-Lys gekrönt.
Peter stieg aus, stieg auf das Autodach und von dort auf die Mauer. Seitwärts schlüpfte er zwischen den Spitzen hindurch und sprang auf der anderen Seite hinunter. Er landete hinter einem Kanadischen Judasbaum, einem Frühlingsboten, der zu den ersten Pflanzen gehörte, die nach dem Winter blühten.
Peter fühlte sich nicht wohl in diesen Mauern. Er verspürte kein Verlangen, zu diesem elitären Zirkel zu gehören, der eine tief sitzende Verachtung gegenüber Leuten wie ihm hegte. Blackfriar war für ihn eindeutig feindliches Territorium.
Mit diesen Gedanken eilte er zu dem Bereich zurück, wo Richards hereingefahren sein musste. Er kam an einigen Tennisspielern vorbei, die von den Hallenplätzen kamen, und erblickte zu seiner Erleichterung das Auto fast augenblicklich. Richards war offenbar beim Wachhaus aufgehalten worden, wahrscheinlich weil er weder Mitglied war noch vom Präsidenten erwartet wurde.
Er befand sich in der Nähe der Sportanlage. Golfkarts warteten fein säuberlich aufgereiht auf die ersten warmen Frühlingstage, an denen sich die alten Knacker auf den Platz wagten. Er sprang auf einen der Karts, startete den Motor und fuhr parallel zu Richards’ Wagen, der gemächlich die gewundene zweispurige Straße hinunterrollte, die quer durch das Gelände führte. Als er sicher war, dass Richards zum Klubhaus wollte, scherte er aus und nahm eine Abkürzung über den Kies, der das Haus wie ein Burggraben umgab. Er ließ den Golfkart stehen, schritt ins Klubhaus und nickte dem einen oder anderen zu, der in seine Richtung blickte.
Drinnen sah es in etwa so aus, wie er es erwartet hatte: großzügig angelegt, edle Holzbalkendecken und Kristalllüster, tiefe, wuchtige Sessel in einem großen Raum, der zu seiner Linken in einen Speisesaal überging. Geradeaus
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