Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
spiegelte sich in ihren Augen. »Hör zu, ich habe nachgedacht«, sagte er leise. »Ich habe den Verdacht, dass Dschihad bis-sayf …«
»Ich habe auch einen Verdacht: Sie agieren ganz offen, und zwar dort, wo sie keiner vermutet.«
»Glaubst du?«
Sie nickte. »Die Gruppe gehört zu Encarnacións Imperium. Es muss so sein.«
Er wandte sich wieder dem Labyrinth der Straßen auf dem Stadtplan zu. »Wie kommst du darauf?«
»Als ich Constanza Camargo zuhörte, wurde es mir irgendwann klar.«
»Du irrst dich«, erwiderte Bourne. »Dschihad bis-sayf ist ein Phantom. Die Gruppe existiert gar nicht.«
»Aber was ist mit dem, was ich in Dahr El Ahmar gehört habe?«
»Dahr El Ahmar. Das war der Auslöser, stimmt’s? Oberst Ben David hat davon gesprochen, als er dachte, du wärst noch bewusstlos.«
Sie nickte.
»Und wenn er gewusst hat, dass du lauschst?«
Sie starrte ihn an.
»Überleg doch mal, Rebekka. Ben David wusste, dass du mich nach Dahr El Ahmar gebracht hast, in ein geheimes Mossad-Camp, in dem streng geheime Forschungsarbeiten durchgeführt werden. Es geht immerhin um ein Verfahren, mit dem Uran sehr viel effizienter angereichert werden kann – auch um damit Atomwaffen herzustellen.
Er fragt sich, ob er dir noch trauen kann. Also stellt er dir eine Falle. Er spricht über Dschihad bis-sayf, und zwar so, dass du mithören kannst. Glaubst du wirklich, er hätte sonst darüber gesprochen, wenn du in Hörweite bist? Hätte er sich wirklich darauf verlassen, dass du bewusstlos bist? Sicher nicht. Nein, er hat über die Gruppe gesprochen, um zu sehen, wie du reagierst. Und was hast du getan? Du bist abgehauen. Kein Wunder, dass er den Babylonier auf dich angesetzt hat.«
Rebekka schüttelte den Kopf. »Nein, das ist unmöglich.«
»Es muss so sein«, beharrte Bourne. »Wir kennen Ben David besser als die meisten Leute. Ich glaube, wir haben beide gesehen, wozu er fähig ist.«
»Und was ist mit Rowland?«
»Er kommt von Maceo Encarnación«, sagte Bourne. »Encarnación will mich beseitigen. Du hast gesehen, wie mich der Hubschrauber in Stockholm angegriffen hat.«
Sie atmete tief durch, um sich zu sammeln. Als sie sich ihm zuwandte, funkelten ihre Augen. »Ich hab mich für so schlau gehalten.«
»Vergiss es. Wir machen alle Fehler.«
»Es gab niemanden im Mossad, dem ich trauen konnte, und Ben David hat mich ja auch hintergangen.«
»Er sieht das wahrscheinlich anders.«
Sie atmete langsam ein. »Was ist wirklich zwischen dir und ihm passiert? Vorher, meine ich.«
Bourne betrachtete sie einen langen Augenblick. Ihr wurde aufs Neue bewusst, dass sie von offenen Särgen umgeben waren. Das helle Seidenfutter wirkte kein bisschen weich und angenehm.
»Zur Zeit des Mubarak-Regimes in Ägypten verloren seine Behörden zunehmend die Kontrolle über die Sinai-Halbinsel«, sagte Bourne schließlich. »Aber das weißt du ja auch.«
Sie nickte.
»Dort begegnete ich Ben David zum ersten Mal. Ein israelisches Armeekontingent kontrollierte die Beduinen-Karawanen, die Drogen, Waffen und Flüchtlinge von Eritrea nach Israel schmuggelten. Ben David war mit fünf seiner Mossad-Agenten dort, um einem Gerücht nachzugehen, dass Mubarak oder jemand in seiner Regierung hinter den Lieferungen steckt und mit den Beduinen-Oberhäuptern zusammenarbeitet. Meine eigene Arbeit hatte am Rande mit der israelischen Armee zu tun. Man könnte sagen, wir hatten gegensätzliche Ziele.«
»Das hat ihm bestimmt nicht gefallen.«
»Nein«, bestätigte Bourne. »Wie es so seine Art ist, erfand Ben David eine Geschichte über mich und erzählte sie dem Armee-Kommandanten. Wenig später waren eure Streitkräfte hinter mir her.«
»Das hat ihm wahrscheinlich doppelt genutzt: So schaffte er sich nicht nur dich, sondern auch die Armee vom Hals, damit er ungestört seine eigenen Ziele verfolgen konnte. Wirklich clever.«
»Aber nicht clever genug«, fuhr Bourne fort. »Ich entkam, indem ich mich als Waffenhändler ausgab und mich einer Beduinen-Karawane anschloss. Ben David muss ziemlich überrascht gewesen sein, als er die Beduinen mit seiner Einheit angriff und auf mich traf.«
Rebekka schlug mit einer Geste vor, sich auf den Fußboden zu setzen. »Wie ging es weiter?«, fragte sie, nachdem sie sich hingesetzt hatten.
»Ben Davids Operation war ein Reinfall. Laut dem Anführer der Karawane kamen die Lieferungen aus Pakistan, Syrien und Russland, nicht aus Ägypten.«
»Hast du ihm geglaubt?«
Bourne nickte. »Er hatte keinen
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