Der Brand der Cheopspyramide
voraus sein… oder… war der abgestürzt, hatte er dessen Todesschrei im Toben der Elemente überhört?
Da! Er hielt das Ohr lauschend vor. Ein Ruf von vorn!… Sein Name!
Er lebte, Gonzales.
Er hob die Brust, ihm Antwort zu schreien. Da! Der Herzschlag stockte ihm. Ein fürchterlicher Blitzstrahl vor ihm auf dem Pfad in die Felsen schlagend. An der Stelle gerade, von der der Ruf des Freundes erklungen.
»Gonzales?!« Mit ungeheuerster Willensanstrengung schüttelte Eisenecker die Erstarrung von sich, stürmte keuchend den Pfad empor.
»Gonzales!… Antonio!« Nur schwach entrangen sich die Worte der trockenen Kehle. Da kurz vor ihm ein Aufblitzen der Laterne, die Gonzales trug.
Ein erleichterter Atemzug. Dem Himmel sei Dank! Der war noch da. Er lebte. Er stieß gegen die Hand, die der ihm entgegenstreckte, drückte sie in überquellender Freude.
»Du lebst!… Ich glaubte dich erschlagen von dem Blitz, der hier niederfuhr.«
Gonzales Heutete mit der Hand auf die Ecke des Felsens, hinter der er stand.
»Ein Wunder, daß ich lebe! Da fuhr er nieder!… Ein paar Schritt weiter, und ich lag zerschmettert im Abgrund… Dank sei der Madonna!
Unmöglich, hier weiterzukommen! Ich versuchte es. Doch hinter dem Felsen ist’s fürchterlich… der rasende Sturm fegt uns von dem schmalen Pfad, wenn wir es wagen.
Wir müssen warten!… Wie lange?… Die Hölle hat sich verschworen, uns hier den Weg zu sperren. Die Gewitter drängen sich hier zusammen, stoßen sich an den Bergen…«
»Warten? In dieser Unzahl elektrischer Entladungen? Vielleicht stundenlang? Jede Minute kann uns den Tod bringen. Vergiß nicht, daß wir Waffen bei uns tragen… Stahl…«
»Wären’s gewöhnliche Waffen, wir könnten sie fortwerfen! Aber…«
»Menschenkraft gegen Naturkraft!… Wir wollen sehen, wer siegt… wer stärker!«
»Frederego! Willst du die Gewitter bannen? Willst du sie bezwingen?«
»Ich will es… versuchen!«
Eisenecker warf das Bündel von der Schulter, entnahm ihm zwei Gewehre, lud sie. Gab eins dem Freund, nahm das andere selbst in die Hand.
»Zeitzünder! Fünfhundert Meter für mich… Siebenhundert für dich!… Du nach Süden!… Ich nach Südwest. Feuern wir auf Kommando zur gleichen Zeit.«
Sie legten an.
Zwei Schüsse! Der schwache Knall verklang im Toben der Elemente.
Doch nun… Im Bruchteil einer Sekunde da von Süden und von Südwesten her Blitze, zuckend nach allen Seiten. Und dann, als hätte die Atmosphäre sich an ihnen entzündet… um sie herum alles in brennendem Feuerschein.
Und weiter knatternd, krachend neue Blitze. Der ganze Himmel in bläulich-weißes Licht getaucht. Die Landschaft vor ihnen so hell, als leuchteten zehn Sonnen darauf… bis in unendliche Weiten sichtbar zu ihren Füßen.
Und dann ein Krachen! Eisenecker preßte die Hände an die Ohren… drückte sie… bedeutete den Freund, dasselbe zu tun… und doch! Nur ungenügender Schutz gegenüber dem, was dann geschah. Als wäre ein ganzer Erdball stärkster Sprengstoffe explodiert, ein einziges, nicht zu Ende kommendes Toben und Krachen.
Der uralte Fels, auf dem sie standen, wankte wie Rohr im Winde. Erbebte, bis in die Grundfesten erschüttert, daß sie in die Knie sanken, sich aneinander festhalten mußten, um nicht hinabzustürzen in die Tiefe.
Mit bleichen Gesichtern starrten sie um sich.
Jetzt, da unten der Jahrhunderte alte Eichenwald, der sich an den Berghängen hinzog… plötzlich, wie die Halme unter der Sense des Schnitters sanken die Riesenstämme zusammen.
Sie schlossen die Augen. Mit letzter Kraft drückten sie die Fäuste an die Ohren. Nichts sehen!… Nichts hören!
Wie lange sie da so gekniet… gelegen… keiner wußte es. Eine Ewigkeit schien es jedem.
Bis die Augen blinzelnd es wagten, sich zu öffnen. Noch immer Helle?…
Doch nein! Nicht mehr das bläulich zuckende Feuer der atmosphärischen Entladungen!… Das sanfte ruhige Licht des Mondes um sie herum ausgegossen.
Da wagten sie, den Kopf emporzustrecken. Über ihnen das unendliche Sternenmeer. Kein Wölkchen am Himmel… tiefste Ruhe in der Natur.
Sie standen auf. Vor ihnen der Pfad wie ein helles Band am Rande der Felsen im friedlichen Glänze der nächtlichen Gestirne.
Gonzales warf das Bündel über die Schultern, folgte stumm dem Freunde, der mit raschem Schritt den Hang hinuntereilte.
Jetzt! Sie standen auf spanischem Boden. Wie lange noch, und er würde frei sein! Frei von fremdem Joch!
*
Da lag sie vor ihnen, die Antwort an
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