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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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In Boston war man an Schiffe aller möglichen Nationalitäten gewöhnt, aber seit dem Krieg hatten nicht viele britische Kriegsschiffe hier Anker geworfen.
    Bolitho hörte Schritte an Deck und sah seinen Neffen mit einem Packen Dokumenten unter dem Arm herantreten.
    »Aha, du nimmst deine Aufgabe also ziemlich ernst, Adam.«
    Der schwarzhaarige Leutnant lächelte. »Aye, Sir. Aber ich verzichte gern auf jede Beförderung, wenn ich dafür dieses Schiff verlassen müßte.«
    Bolitho hatte Verständnis für seine gute Laune. Zwar erwähnten beide kaum je Bolithos großzügige Geste, die sie noch enger verbunden hatte, aber Adam suchte an manchen Abenden, die er bei seinem Alter sicher lieber unter seinesgleichen in der Messe verbracht hätte, Bolithos Nähe, um ihm die Zeit und die trüben Gedanken an Belinda zu vertreiben. Wäre Bolitho noch Kommandant gewesen, hätten ihn die Reparaturen und anderen Anforderungen nicht zum Nachdenken kommen lassen; aber so blieb ihm während der Reise zu viel freie Zeit, nur mit Allday oder seinem Steward als Gesprächspartner. Da waren ihm Adams Besuche hochwillkommen gewesen.
    Aber jetzt lag das Schiff vor Anker, hatte seine Aufgabe fürs erste erfüllt, und Bolitho war endlich aufgerufen, zu handeln und das Vertrauen zu rechtfertigen, das Sheaffe in ihn gesetzt hatte.
    Leutnant Mountsteven, der Wachoffizier, tippte grüßend an seinen Hut und meldete: »Ein Boot hält auf uns zu, Sir.« Keen nickte. »Besuch für Sie, Sir.«
    Bolitho wußte, daß seine Anwesenheit hier oben störte; er sagte: »Ich bin in meiner Kajüte, wenn Sie mich brauchen.«
    Als er unter Deck ging, hörte er die Seesoldaten zur Eingangspforte laufen und die Offiziere ihre Kommandos bellen, damit
Achates
für den ersten Abgesandten des Landes gerüstet war.
    Ozzard räumte die große Achterkajüte auf, obwohl sie in Bolithos Augen eigentlich stets makellos sauber war. Er trat an die offenen Heckfenster und sah ein Boot im Schatten unter dem Rumpf verweilen, während die Insassen neugierig
Achates’
vergoldete Galerie und Heckschnitzereien bestaunten. Unbehaglich machte er sich klar, daß sein Bruder Hugh einst hier stationiert gewesen war, unter Leuten wie diesen in der Stadt gelebt hatte. Von Adams Existenz hatte er damals nichts geahnt. Und nun kam Adam statt seiner zurück, trat vielleicht in seine Fußspuren. Bolitho wurde unruhig. Vielleicht hätte er Adam doch nicht hierher mitnehmen sollen, mochte es seiner Karriere auch noch so förderlich sein.
    Die Tür ging auf, und da stand Adam, einen dicken Briefumschlag in der Hand. »Wir sind für heute abend zu einem Empfang geladen, Onkel«, sagte er und hielt Bolitho den Umschlag hin. »Man hat mich soeben informiert, daß der Präsident der Vereinigten Staaten einen Gesandten zu deinem Empfang nach Boston beordert hat.«
    Bolitho verzog das Gesicht. »Und damit weiß nun alle Welt, was wir hier vorhaben, Adam. Wenn sie uns schon so lange erwarten, kann es nicht überraschen, daß wir nur acht Tage nach unserem Auslaufen in einen Zwischenfall verwickelt wurden.«
    Adam nickte. »Offenbar haben wir ziemliches Aufsehen erregt.«
    Aber dann überzog ein Grinsen sein Gesicht. »Vielleicht wollen sie doch noch ihre Steuerschulden an König George bezahlen?«
    Bolitho schüttelte den Kopf. »Wenn du auch an Land so kesse Reden schwingst, dann bricht unseretwegen eher ein neuer Krieg aus!«
    Als Bolitho später bequem im Sessel ausgestreckt lag und sich von Allday für den Abend rasieren ließ, versuchte er, sich über das Ausmaß seiner Verantwortung klar zu werden.
    Die Fregatte
Sparrowhawk
mußte nun bald von San Felipe nach Boston auslaufen. Ihr Kommandant, Kapitän Duncan, war nicht unbedingt ein diplomatisches Genie. Gewiß hatte er dem Gouverneur der Insel vorschriftsmäßig seine Aufwartung gemacht, ehe er um weitere Befehle nach Boston aufbrach; aber genauso gewiß hatte er Rivers nicht im unklaren über den Ausgang der Affäre gelassen.
    Trotz allem, was Sheaffe ihm erklärt hatte, kam es Bolitho immer noch unmenschlich und sinnlos vor, die Insel den Franzosen zurückzugeben. Dabei dachte er weniger an Strategie oder Diplomatie, sondern mehr an ihre Bewohner. Viel zu oft hatte die Insel sich aus eigener Kraft gegen feindliche Überfälle wehren müssen und hatte sogar selbst Schiffe ausgesandt, die im Namen des Königs Prisen eroberten oder den Feind irritierten. In London und Paris sah man das alles aus ganz anderem Blickwinkel. Für Bolitho aber, der

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