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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Mist, Scheiße …
    Als wir um eine Ecke bogen, musste ich gerade über eine von Robs Bemerkungen lachen und schaute nicht nach vorn, sondern in sein Gesicht. Erst als ich sah, wie dieses zunächst zögerlich einen neutralen und dann einen tiefernsten Ausdruck annahm, hörte ich auf zu grinsen und wandte den Kopf nach vorn. Godley und Judd erwarteten uns mit Mantel und finsterer Miene. Ich spürte, wie mein Gesicht ebenfalls versteinerte. Ich holte tief Luft, um ihnen die denkbar schlechte Nachricht zu überbringen.
    » Er war es nicht.«
    Fassungslos starrte ich Judd an. » Das wollte ich auch gerade sagen. Woher wissen Sie…«
    » Es gibt eine neue Leiche. Wieder eine junge Frau. Er hat wieder zugeschlagen.« Godley klang erschöpft. » Vic Blackstaff kann es nicht gewesen sein. Nach ersten Schätzungen ist es in den letzten drei Stunden passiert. Da lag Vic Blackstaff hier auf dem OP -Tisch.«
    Ich nickte. » Kelly Staples’ Aussage lässt keinerlei Schluss darauf zu, dass er der Serienmörder ist– obwohl es so klingt, als hätte er durchaus etwas Fragwürdiges vorgehabt. Pech für Victor, dass sie Angst bekommen hat und durchgedreht ist. Sie war einfach auf dem falschen Dampfer.«
    » Da ist sie nicht die Einzige«, merkte Godley trocken an.
    DI Judd schaltete sich ein. » Sie wird sich zu verantworten haben. Aber damit können wir nicht unsere Zeit verschwenden. Ich informiere die zuständigen Kollegen und lasse sie den Fall übernehmen. Und ich erwarte Ihren Bericht, Kerrigan.«
    Eigentlich hätte ich ihm dankbar sein müssen, dass nicht ich das Vergnügen hatte, dem örtlichen Revier zu einem neuen Fall zu verhelfen, dennoch hielt sich meine Freude in Grenzen. Immerhin musste ich nun länger mit Judd reden. Ich setzte ein Lächeln auf: » Kein Problem.«
    » Dann mal los«, sagte Godley. » Wir treffen uns nachher am neuesten Tatort.«
    Und schon war Kelly Staples für uns abgehakt. Um ihren Fall kümmerten sich nun andere. Aber einen Gedanken wurde ich nicht los, nämlich dass Kelly ein weiteres Opfer des Brandmörders war, sozusagen ein Nebenprodukt seiner Verbrechen.
    Wir mussten ihn fassen, und zwar schnell. Doch dass wir schon wieder eine neue Leiche zu begutachten hatten, bewies nur, dass wir ihm nicht ansatzweise auf der Spur waren.

Louise
    » Hallo. Hier ist Rebecca. Leider haben Sie nicht mich, sondern nur meine Mailbox erreicht. Hinterlassen Sie einfach eine Nachricht, dann rufe ich schnellstmöglich zurück. Bitte nicht auflegen! Sprechen Sie! Nach dem Piep! Das wäre dann… jetzt!«
    Die Stimme durchdrang mein Büro, so warm und lebendig, dass die dazugehörige Person förmlich Gestalt annahm. Ich konnte die Augen schließen und fast einen Hauch ihres Parfüms in der keimfreien Luft der Klimaanlage wahrnehmen, die die Temperatur an meinem Arbeitsplatz bei konstant 20 Grad hielt, egal, was draußen für ein Wetter war. Es war ein nasskalter Freitagmorgen Ende November, düster und grau. Hier drinnen war mein zweites Zuhause, behaglich ausstaffiert mit farbigen Akten und Ordnern und sanft ausgeleuchtet, wie von den Ergonomieberatern empfohlen, die mein Arbeitgeber Preyhard Gunther bei der Einrichtung des Londoner Büros konsultiert hatte. Es gibt Fachleute, die sich nur damit beschäftigen, wie in der Hühnerhaltung die Bedingungen so optimiert werden können, dass eine maximale Legeleistung erzielt wird. Hier bei PG waren die Mitarbeiter die Hühner und fakturierbare Stunden die Eier, und ich galt sozusagen als Spitzenlegerin. Dafür hatte ich als unerwünschtes Statussymbol ein Klappbett unter dem Schreibtisch. In einer Schublade lagen Schlafsachen und Toilettenartikel parat, und hinter der Tür hing ein komplettes Büro-Outfit jederzeit griffbereit. Auf der Etage gab es großzügige Waschräume mit luxuriösen Duschen, und etwas zu essen konnte man sich zu jeder Tages- und Nachtzeit per Telefon bestellen. Alles war darauf ausgerichtet, dass wir uns wohlfühlten, permanent arbeiteten und vor allem im Büro blieben.
    Und ich machte meine Sache gut. Ich hatte so gut wie kein Privatleben. Ich arbeitete jedes Wochenende durch, war auch abends lange im Büro und kam morgens immer ganz früh. In den letzten Jahren hatte ich mich kaum mit Freunden verabredet, und wenn ich es doch einmal riskierte, versetzte ich sie. Ich verschenkte Eintrittskarten für Konzerte oder Theatervorstellungen (allesamt Geschenke von dankbaren Mandanten, sodass es mir manchmal schon leidtat, wenn ich ihre überschäumenden

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