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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Building heruntergeschlendert kam.
    » Ich hab dir doch gesagt, ich schaffe das.«
    » Aber nur gerade so. Wärst du noch später gekommen, hättest du nur noch das Quietschen der Reifen gehört.«
    » Nun mal mit der Ruhe, meine Liebe. Aaron hat mir nämlich alles über unser Opfer erzählt, und dazu noch ein paar interessante Details am Rande. Für manche Dinge muss man sich eben Zeit nehmen. Das solltest du als Frau eigentlich wissen.«
    » Das ist doch hoffentlich nicht anzüglich gemeint. Sag, dass du das nicht anzüglich meinst, Sam! Mit Sexismus komme ich ja noch klar, aber zotige Witze finde ich echt zum Kotzen. Können wir jetzt endlich los?« Ich ließ den Motor an.
    » Noch nicht ganz.« Sam fummelte herum, sah nach, ob er auch seinen Notizblock hatte, seinen Stift, sein Handy, seine zusammengefaltete Zeitung und den ganzen anderen Trödel, den er unbedingt immer mit sich herumschleppen musste– heute in einer besonders verschmuddelten Plastiktüte. Missmutig saß ich da, umklammerte das Lenkrad, und als Godley aus dem Blue Building kam und auf den Stufen stehen blieb, um sich mit DI Judd auszutauschen, rutschte ich, so tief ich konnte, in mich zusammen und hoffte inständig, dass er uns übersehen möge. Schließlich hatten wir unseren Marschbefehl erhalten und hätten diesen auch befolgen müssen.
    Doch Charlie Godley wäre nicht Chief Superintendent geworden, wenn er eine Neigung zum Übersehen gehabt hätte. Mit geübtem Blick suchte er die Straße ab, entdeckte mich natürlich augenblicklich und kam mit großen Schritten auf mein Auto zu, während seine Mantelschöße wie von unsichtbaren Händen gezogen im Wind flatterten. Er beugte sich zum Fenster hinunter, das ich eilig öffnete.
    » Immer noch hier? Na egal, das erspart mir einen Anruf: Falls Sie mitkommen wollen, ich fahre jetzt zum Leichenschauhaus. Glen will die Obduktion für mich einschieben, sobald er Zeit dazu findet.«
    » I-ich?«, stammelte ich und dachte im selben Moment, dass mein Vorschlag, mit den Nachbarn zu reden, wohl besser angekommen war, als ich vermutet hatte. » Aber gerne. Also…«
    Aber gerne. Das klang total daneben, wenn man bedachte, dass es dabei um den Körper einer jungen Frau ging, der gleich aufgeschnitten werden sollte.
    » Ehe Sie sich mit ihren Angehörigen und Freunden beschäftigen, ist es sicher von Vorteil, sie vorher ausgiebig von allen Seiten kennen zu lernen.«
    » War das ein Scherz, Sir?«, pokerte ich.
    » Aber nein.« Er griente. Fürs Erste hatte ich seine Gunst wohl wiedergewonnen. » Sam, ich nehme an, dass Sie nicht vorhaben mitzukommen?«
    » Ich habe in dieser Richtung schon mehr als genug gesehen und habe keinen weiteren Bedarf, herzlichen Dank.« Sam sah mich mitleidig an. » Du könntest mich nicht zufällig zum Revier zurückfahren? Meine Knie sind für die U-Bahn einfach nicht gemacht. Die vielen Stufen immer.«
    » Nicht, wenn ich dadurch zu spät komme«, zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen, was er gern als Lächeln interpretieren konnte, wenn er wollte.
    » Sie haben noch genügend Zeit«, meinte Godley nachsichtig. » Glen fängt um sechs Uhr an. Sie wissen, wo Sie hinmüssen, ja?«
    Das wusste ich in der Tat. Dr. Hanshaw hatte seinen Arbeitsplatz in einem der großen Krankenhäuser in der Londoner Innenstadt, und mir war bekannt, wo das Leichenschauhaus war. Im Keller nämlich. Das passte zu ihm und seiner Arbeit. Ich wollte unbedingt pünktlich dort sein, selbst wenn ich dafür Sam aus dem fahrenden Auto werfen musste. Godley öffnete mir soeben wieder eine Tür, und ich wollte diese Gelegenheit unbedingt nutzen oder es zumindest ums Verrecken versuchen.
    Glücklicherweise kam dabei, abgesehen von Rebecca Haworth, niemand weiter ums Leben, und ich schaffte es sogar vor der vereinbarten Zeit zum Leichenschauhaus, obwohl ich Sam noch direkt vor unserer Dienststelle abgesetzt hatte. Das Letzte, was ich von ihm sah, war seine gedrungene Gestalt, die wie üblich mit tief hängender Hose und gut gelaunt nach drinnen schlurfte. Seinen braunen Anorak trug er zusammengeknüllt unter dem Arm, als Reserve, wie er immer sagte, falls es mal » richtig kalt« wurde. Ich hatte die Heizung im Auto maximal aufgedreht und fror trotzdem wie ein Schneider in meiner gigantischen Jacke. Meine Fingernägel waren blau gerändert, und meine Füße fühlten sich an wie Eisklumpen. Was Sam sich unter » richtig kalt« vorstellte, war mir ein Rätsel. Auf jeden Fall aber wollte ich nicht dabei sein,

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