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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Wohlfahrt, es war einfach reif für die Müllhalde. Bei der Gelegenheit hatte ich auch gleich kurzen Prozess mit einigen weniger schmeichelhaften Stücken aus meinem Kleiderschrank gemacht– Zeug, das ich schon seit Ewigkeiten loswerden wollte: ausgeleierte Kostüme aus meiner Zeit als Berufsanfängerin, alte Jeans mit Teerflecken am Aufschlag, ein Paar Turnschuhe, das seine besten Tage hinter sich hatte. Bei einem Pullover mit einem Loch im Ärmel hatte ich zunächst gezögert. Ich hatte ihn während meiner Studienzeit gefunden, er hatte über einer Stuhllehne in der juristischen Zweigstelle der Bibliothek gehangen. Ihm haftete noch immer die spannende Fremdheit an, die Kleidungsstücke anderer Menschen seit jeher für mich besitzen. Wenn ich sie trug, war es so, als würde ich mir den Teil einer anderen Persönlichkeit ausleihen, als probierte ich ein anderes Leben an. Ich hatte es nicht fertiggebracht, den Pullover wegzuwerfen, im Gegenteil, ich musste ihn einfach anziehen, bevor ich das Haus verließ.
    Und ich war froh darüber, denn die Morgenluft war kalt, als ich eilig durch die stillen Straßen zur U-Bahn-Station ging. Ich war gern samstags unterwegs, besonders am frühen Morgen. Die Bahnen waren noch leer und pünktlich, die Fahrgäste ruhiger und rücksichtsvoller als in der Woche. Man kam zum Nachdenken. Andererseits hatte ich in letzter Zeit schon viel zu viel nachgedacht. Ich setzte mich und betrachtete mein Spiegelbild im Zugfenster. Durch das dicke Glas war es verzerrt, und ich sah mich doppelt. Beide Versionen von mir wirkten im Licht der Leuchtstoffröhren blass und erschöpft, was aber sicher auch am Schlafmangel lag. Ich war froh, als der Zug in Earls Court hielt und ein Mann sich auf den Platz mir gegenüber setzte, wodurch mir der Blick auf mein Spiegelbild versperrt wurde. Als ich an der Victoria Station umstieg, machte ich mir nicht die Mühe, mich zu setzen, sondern hielt mich nur an einer Griffstange fest und sah zu Boden. Ich zählte stumm, um außer Zahlen nichts mehr im Kopf zu haben: wie lange der Zug von einer Station zur anderen brauchte, wie lange er wartete, wie viele Personen ausstiegen, wie viele zustiegen. Zahlen waren einfach. Sie beruhigten meine Gedanken.
    Oxford Circus war mein Ausgangspunkt. Von dort aus arbeitete ich mich allmählich die Straße hinauf. Ich suchte nach einem Kleid, aber nicht nach irgendeinem. Es musste schwarz sein und so schlicht wie möglich, jedoch nicht trist. Die Haworths hatten mir gesagt, dass sie einen Trauergottesdienst für Rebecca planten. Man hatte ihnen mitgeteilt, dass es noch eine Weile dauern konnte, bis Rebeccas Leichnam freigegeben würde, doch sie brauchten eine Trost spendende Zeremonie, die ihrem Verlust einen Rahmen gab. Und mich wollten sie auch dazu einladen, hatten sie gesagt. So eine Feier war in meinen Augen keine gute Idee und viel zu früh, die Trauer war noch viel zu frisch, um an die Öffentlichkeit getragen zu werden. Aber trotzdem musste ich hinfahren, um die Haworths zu unterstützen. Das erwarteten sie bestimmt von mir, und ich durfte sie nicht enttäuschen. Und bei dieser Gelegenheit wollte ich so gut aussehen wie möglich, denn auch das war eine Form des Gedenkens an Rebecca. Dabei war ich mir der Tatsache durchaus bewusst, dass auch Rebeccas Freunde anwesend sein würden. In deren Erinnerung war ich wahrscheinlich eine stille, graue Maus, die glücklich in Rebeccas Schatten lebte, wenn sie sich überhaupt an mich erinnerten. Aber so war ich nicht mehr. Ich wollte, dass sie mich ansahen, nicht mehr übersahen. Sie sollten mich so sehen, wie ich wirklich war.
    Ich fand es schließlich bei Selfridges. Ein mitternachtsblaues Kleid aus feiner Wolle mit dreiviertellangen Ärmeln. Es hatte einen geraden Rock, eine schmale Taille und einen tiefen runden Ausschnitt. Die Verkäuferin war entzückt, zumal ich ihren Rat befolgte, mir noch einen dazu passenden neuen Mantel auszusuchen, und ein exorbitant teures Exemplar kaufte, das wie für mich gemacht war mit seinem weichen, glockenförmigen Schnitt. Außerdem kaufte ich noch passende Schuhe und einen langen grauen Kaschmirschal. Ohne das geringste Schuldgefühl reichte ich ihr meine Kreditkarte zum Bezahlen. Es war gut und richtig so– richtig für den Anlass und richtig für mich.
    Draußen hatte ich ziemlich mit meinen vielen Einkaufstaschen zu kämpfen, denn es ging schon auf Mittag zu, und die Straße war entsprechend belebt. Plötzlich fühlte ich mich erschöpft und

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