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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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und ich berichtete zögernd, während er nur nickte, aber keine Fragen stellte.
    Er malt einen hinreißenden Dionysos, sagte Ghita lachend. Aber falls du erwartest, daß er dir ähnlich sehen soll, mußt du deinen Wunsch anmelden, bevor es zu spät ist.
    Ich hatte nie die Absicht, in deinem Wandbild aufzutauchen und dort verewigt zu werden, sagte Nardo abweisend.
    Meinem Wandbild? Ghita zog die Brauen empor. Was verstehst du darunter?
    Nardo lachte. Nun, ich hatte bisher nicht den Eindruck, daß ich in die Planung dieser Kapelle miteinbezogen bin. Es wird stets deine Schöpfung, dein Lehrraum sein. Nicht der meine. Ich werde bei dir unterrichten, das ist alles.
    Ghita legte die Gabel neben ihren Teller. Hattest du Ärger unterwegs? fragte sie dann behutsam.
    Nardo schüttelte den Kopf. Weshalb meinst du?
    Ich schob mein Mundtuch in den Ring. Ich möchte heute abend noch ein Stück weiterkommen, sagte ich hastig und stand auf. Ich male nicht gern bei Kerzenlicht.
    Das Schweigen blieb im Raum, auch als ich die sala verlassen hatte.
    Rocco brach in mein neues Leben ein, als sei ein Meteor vom Himmel gefallen.
    Er stand unter der Tür der ehemaligen Kapelle, vom Staub der Straße bedeckt, das Gesicht ein einziges ungläubiges Staunen. Das also malst du?
    Ich zuckte zusammen, schaute mich um.
    Ich spürte seine Ablehnung, bevor er auch nur irgend etwas anderes sagte.
    Später dachte ich über diese groteske Begegnung nach, die alles andere war als eine Begrüßung. Ich spürte seinen Zorn über die Entfernung von drei Ellen hinweg, und mir fiel nichts ein, was seinen Zorn hätte abwenden können. Und ich glaube fast, daß ich das auch nicht wollte.
    Er trat nicht näher, blieb unter der Tür stehen, wie ein Diener, der sich nicht getraut einzutreten und auf seine Befehle wartet. Daß es nicht unbedingt eine Grablegung werden würde, war vorauszusehen, sagte er dann zögernd, aber das hier übersteigt meine Vorstellungskraft.
    Es ist keine Kapelle mehr, es wird ein Lehrsaal, sagte ich spröde, ohne ihm die Hand zu geben, ohne ihn zu umarmen. Und bei euch – ich sagte ganz bewußt ›bei euch‹, nicht ›bei uns‹ – malt Raffael Cupido und Venus an die Wand des Bades von Kardinal Giovanni de Medici. Man sagt, es gebe einen Aufschrei aller gläubigen Christen.
    Ich weiß, es wird ein Lehrsaal, sagte Rocco, ohne auf meinen Einwand zu antworten. Ich habe gehört, so etwas wie die Platonische Akademie früher in unserer Stadt. Stimmt das?
    Ich legte meinen Pinsel zur Seite, begann, meine Farbe umzurühren, und hatte Mühe, meinen Ärger unter Kontrolle zu halten. Ganz recht, so etwas Ähnliches soll es werden.
    Später, als ich mein ganz und gar unmögliches Verhalten überdachte, hatte ich den Eindruck, mich müsse der Teufel geritten haben. Ich nahm die Malarbeit wieder auf, Rocco stand weiterhin unter der Tür und schaute sich um, schweigend. Die Decke musterte er am längsten, was mich besonders ärgerte, da sie noch nicht so war, wie ich sie mir vorstellte. Er verhielt sich nicht anders wie ein Vater, der seinen Sohn dabei überrascht, wie er gerade den ihm zugewiesenen Weg verläßt. Er war über Jahre hinweg unser Meister gewesen, hatte uns angeleitet, Aufträge hereingeholt und unsere compagnia angeführt. Vermutlich hatte er angenommen, daß dies immer so bleiben würde. Aber nun fühlte ich mich erwachsen genug, um eigene Wege zu gehen.
    Geben sie dir so viel Geld, daß du nicht einmal mehr fragen mußt, wieviel Azurit du verwenden darfst? spottete er dann, als er sah, was ich in meinem Schälchen anrührte.
    Ja, das geben sie mir, sagte ich und spürte, wie mich ganz langsam die Lust überfiel, ihm meine Farbe, auch wenn es die teuerste war, ins Gesicht zu kippen.
    Und dann der Überfall, abrupt und lautstark: Du hast unsere Briefe nicht beantwortet, du hast uns nicht geschrieben, als Leonello dich besuchen wollte, warst du nicht da – oder wolltest nicht da sein. Brigida stößt du zurück durch dein hartnäckiges Schweigen, fügte er dann hinzu und packte mich am Ärmel. Weshalb tust du das? Du wirfst unsere jahrelange Freundschaft über Bord, wegen …
    Ich löste seine Hand von meinem Arm, schüttelte sie ab wie ein lästiges Insekt, obwohl ich mir schäbig dabei vorkam. Aber es war ganz einfach so, daß für ihn in diesem Augenblick kein Platz in diesem Raum war. Er störte.
    Und du fragst nicht einmal, weshalb ich hier bin, sagte er dann brüsk.
    Und weshalb bist du hier?
    Er wischte sich mit der Hand

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