Der Brennende Salamander
sie immer bezeichnete – abzulegen, und hatte bereits eine Perücke mit Perlenschmuck auf dem Kopf, als sie der Schlagfluß ereilte. In der Kutsche fand man eine große Truhe, die gefüllt war mit kostbaren Seiden- und Damastkleidern, mit einer Vielzahl von Perücken, wertvollem Schmuck, Duftwässern, Pomaden, Salben und Essenzen, dazu mehreren breitzahnigen Elfenbeinkämmen, denen man eine geheimnisvolle Wirkung zuschreibt. Es scheint so, daß Mona Orelli nun, da sie nicht mehr jung war, ihr bisheriges Leben bereute, alles nachholen wollte, was sie glaubte, versäumt zu haben, oder daß sie das völlig Andere suchte und alles, was mit Savonarola zu tun hatte, abstreifen wollte wie die Schlange ihre Haut, so absurd dies auch klingen mag.
Bleibt also von uns zu berichten: Messer Orelli hat Brigida nach dem Tod der Mutter ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt. Sie darf jetzt wirklich bei mir in die Lehre gehen. Das tut sie gewissenhaft, an manchen Tagen ist sie bereits vor uns im Atelier und arbeitet, wie es sich für einen garzone gehört. Ich nehme sie hart heran und erspare ihr nichts. Sie hat ihren Reibstein, auf dem sie die Farben zerreibt, genauso wie Daniele dies früher gemacht hat. Es ist jetzt sehr harmonisch bei uns. Es gibt keine Staubmäuse mehr, was vor allem das Verdienst Sadonas ist, die sich inzwischen im Atelier heimisch fühlt und neulich sogar zum erstenmal beim Pinselbinden eingesetzt wurde.
Da Brigida sich sehr für die Porträtmalerei interessiert, stellte ich ihr vor kurzem als Aufgabe, einen Johannes-Kopf zu zeichnen. Es sollte eine Studie zu einer größeren Arbeit sein, und ich wollte ihr das Kohlezeichnen nahebringen. Als der Kopf fertig war, standen wir zu dritt davor und lachten: Er sah Dir geradezu lächerlich ähnlich. Ich ließ sie einen Jesus-Kopf zeichnen und es geschah das gleiche: dasselbe leidensvolle Antlitz, das Du hattest, wenn du die Posaune bliesest und wir uns alle die Ohren zuhielten. Als sie dann auch noch einem Marien-Bild Deine Gesichtszüge verlieh, sagte Daniele lachend, nun bliebe nur noch ein Teufels-Antlitz, und wir seien alle sehr gespannt, wem dies dann ähnlich sieht.
Brigida träumt bereits jetzt von der Zunft, in die sie einmal eintreten möchte. Sie kennt Malerinnen, die dies vor ihr getan haben, und sie verehrt vor allem Catarina Vigri und die Tochter von Paolo Uccello, in deren Sterbeurkunde sogar als Beruf pintoressa eingetragen ist. Neulich äußerte sie die verwegene Idee, in Santa Maria nuova Körperstudien an Leichnamen machen zu wollen, wie dies von Leonardo da Vinci bekannt ist. Aber da nicht einmal ich als Meister bisher diesen Wunsch geäußert hatte, verzichtete sie darauf. Zunächst einmal, fügte sie dann hinzu.
Leonello hat mit Unterstützung von Messer Orelli die bottega erweitern dürfen. Es kam also endlich der Umbau zustande, den Mona Orelli nie wollte: Wir Maler haben jetzt eine Ecke, in der wir unsere Bilder ausstellen und verkaufen können, für die sich Leonello mit großer Begeisterung einsetzt. Und wenn er jetzt öfter als früher zu uns ins Atelier kommt, weil Mona Orelli nicht mehr aufpassen kann, daß wir nicht dem Müßiggang verfallen, so ist es vor allem Brigida, die ihn bald wieder hinauswirft, weil sie in aller Stille malen will, wie sie mit ernsthaftem Gesicht fordert.
Natürlich vermissen wir Dich alle sehr.
Neulich leckte wieder einmal unser Boot mitten im Fluß, so daß wir froh sein konnten, trocken das Ufer zu erreichen. Dabei stellten wir dann fest, daß wir alle linke Hände haben. Aber natürlich vermissen wir Dich nicht wegen Deiner geschickten Hände – ich nehme an, das weißt Du, auch ohne daß ich es Dir schreibe.
Wir warten also auf Dich, Dein Platz ist freigeblieben, obwohl uns Vincenzo verlassen hat. Er paßte nicht zu uns, so wenig wie Lazzaro, der auf der Leiter des Erfolgs noch immer höher steigt, zumindest was seine Einlagen bei der Bank betreffen, über die er neulich in aller Offenheit sprach, als ich ihn traf. Er nennt sich nun also wirklich Kunsthändler, obwohl er inzwischen mit allem und jedem handelt und Reisen in ferne Länder macht, um seine Lager stets wohlgefüllt zu haben.
Vincenzo war übrigens, was er uns bei seinem Einstieg verschwieg, früher Schandmaler gewesen. Ein Auftraggeber hatte uns darauf hingewiesen und gesagt, daß er kein Bild von einem Maler wolle, der Mörder, Falschmünzer, Betrüger und Diebe zur Abschreckung an Zunfthäuser, Stadttore und Bordelle gemalt habe; um
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