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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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wollte, wer mit wem wie gerade verfuhr, er würde es zwischen Seidenstoffen, Tuchen, Azurit, Safran und Reliquien sehr schnell erfahren. Die Reliquien allerdings gab es in einem anderen Stadtteil als dem unseren. Die bottega – der Nabel der Welt, hieß es, und wer in keiner zu tun hatte in unserer Stadt, war ein bedauernswerter Mensch.
    An diesem Morgen nun hatte Leonello bereits in aller Frühe den Laden für einen Augenblick verlassen, was er normalerweise nie tat und auch nicht durfte, um uns die beiden Neuigkeiten mitzuteilen. Er war sich nicht sicher, ob er den Silberbaum, den dieser Händler aus Lucca ihm angeboten hatte, kaufen solle.
    Für wen kaufen? wollte Rocco wissen. Für uns, für Messer Orelli, für Mona Orelli? Wir Maler haben weder Gäste noch will uns jemand vergiften. Außerdem sollst du Seidenstoffe verkaufen und keine Silberbäume, deren Schlangenzungen gegen Gift feien. Angeblich.
    Also, der Bischof unserer Stadt, Antonio degli Orsi, der auf dem Stuhl des heiligen Zenobius …
    Leonello, ermahnte ihn Rocco, ich muß wieder zurück an meine Arbeit!
    Also, auf jeden Fall hatte der sieben solche Bäume in seinen Räumen stehen, und er …
    Das war vor zweihundert Jahren, unterbrach ihn Rocco grob. Erzähl uns lieber von den Medici! Welche Neuigkeiten weißt du von ihnen?
    Daß er bereits zum zweitenmal das Gerücht vernommen habe, daß sie wieder zurückkommen würden, berichtete Leonello gekränkt.
    Von wem weißt du das? wollte Rocco wissen.
    Von einem Trödler, der mit gebrauchten Kleidern handelt, erwiderte Leonello, und dann von einem Mann, der zu den portatori gehört, aber nicht zu denen mit dem Tragkissen, sondern zu denen mit den Seilen auf dem Rücken, du weißt schon, die mit den Eseltreibern zusammenarbeiten.
    Leonello, was sagen sie?
    Sie sagen, daß der Papst bald unser Land haben will, spottete Lazzaro. Das pfeifen die Spatzen schon seit Monaten von den Dächern. Dazu brauchen wir weder portatori noch Trödler.
    Er könne nur sagen, was er gehört habe, wehrte sich Leonello, ob es stimme, wisse er natürlich nicht, schließlich habe er keinen direkten Draht zu den Medici.
    Aber vielleicht kennst du einen Trödler, der einen anderen Trödler kennt, der von irgendwelchen Medici in Rom oder in der Verbannung schon einmal ein paar Kleider über einen dritten Trödler gekauft hat, spottete Lazzaro. Vielleicht kennst du auch eine Zofe, die damals, als die Medici verjagt wurden, Alfonsina, der Frau des letzten Medici-Gonfaloniere, die als Nonne verkleidet mit ihrer kleinen Tochter Clarice nach Rom flüchtete, bei der Flucht geholfen hat. Und daß diese Alfonsina seither immer wieder versucht, ihre Kinder an die Macht zu bringen, auch das pfeifen die Spatzen von den Dächern.
    Er kenne keine Zofe der Alfonsina, sagte Leonello verärgert, und wenn ihm niemand zuhören wolle, dann gehe er eben wieder. Und den Kauf des Silberbaums lehne er ab. Solle doch jeder zusehen, wie er nicht vergiftet werde.
    Seit sie verjagt worden sind, sind die Gerüchte nie verstummt, sagte Rocco und ging an seine Staffelei zurück. Das ist inzwischen siebzehn Jahre her. Weshalb sollten sie gerade jetzt wiederkommen wollen?
    Weil die Zeichen günstig sind, ereiferte sich Leonello, der bereits an der Tür stand. In der Stadt treffen sich Zirkel der Medici-Anhänger in geheimen Gärten und an anderen Orten.
    Auch die Anhänger Savonarolas treffen sich in Geheimzirkeln, und die sind in der Überzahl, sagte Rocco. Wo eigentlich?
    In den fondachi der Calimala, flüsterte Leonello, in der Hügelkirche von San Miniato, in der Via del Gomito dell' Oro, in der Via dell' Ariento, ferner in der Via …
    Bevor Leonello sämtliche Straßen um den Ponte vecchio aufzählen konnte, drang das laute Geschrei von Mona Orelli zu uns herauf, ob wir eigentlich überhaupt noch etwas für unser Geld tun würden oder ob wir den ganzen Tag mit unserem Geschwätz vergeuden wollten. Und sie werde ganz gewiß in der nächsten Zeit ihren Mann fragen, ob man das Atelier nicht für einbringlichere Dinge verwenden könne als für nichtsnutze Maler. Zum Beispiel zur Erweiterung der Seidenraupenzucht. Leonello rannte die Treppe hinunter, ohne irgendein Wort zu sagen.
    Am anderen Morgen ging ich nach langer Zeit wieder einmal in die Stadt, diesmal nicht heimlicherweise wie schon oft, sondern im Auftrag von Rocco, um Farbe zu kaufen.
    Der Farbkauf war eine größere Angelegenheit, zumal wir soeben eine Arbeit abgeschlossen hatten und Rocco mitten

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