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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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der seit 1503 Papst war, war kein friedliebender Papst. Sie nannten ihn bald den Soldatenpapst, und es hieß, er sei öfter mit seinen Truppen unterwegs als an dem für ihn angemessenen Ort, im Vatikan. Er brachte Spanien, Venedig und Rom auf seine Seite, um die Franzosen, die ›Barbaren‹, in die Flucht zu schlagen und über die Alpen zurückzudrängen.
    Und dann setzte der Papst zum nächsten Schlag an: Florenz. Er verlangte im Namen der Medici hunderttausend Florin, die Rückkehr des Herrschergeschlechts und die Absetzung des Gonfaloniere Soderini. Sein Heer schickte er unter dem Vizekönig von Neapel, Ramon de Cardona, sowie Giovanni de Medici und dessen Bruder Giuliano auf den Weg. Soderini weigerte sich, auf die Forderungen einzugehen. Der Stadt Prato, der letzten Festung vor Florenz, drohte die Belagerung.
    Als ich an diesem Mittag naßgeschwitzt von einer Kapelle in Fiesole, wo wir einen Auftrag auszuführen hatten, ins Atelier kam, brodelte es auch dort, wenn auch auf andere Art und Weise. Später sagten sie, es sei für diesen Tag einfach zuviel gewesen, aber ich denke nicht, daß eine so einfache Erklärung reicht: Vermutlich hatte es auch bei uns bereits seit Tagen Anzeichen gegeben, und keiner hatte sie sehen wollen.
    Bereits am frühen Morgen hatte Daniele einen Pinsel falsch gebunden, den Lazzaro bei ihm in Auftrag gegeben hatte und für den Lazzaro in mühsamer Sucharbeit die kostbaren Haare eines sibirischen Rotmarders erworben hatte. Er hatte die teuren Haare Daniele anvertraut, ihm genau erklärt, wie er sie zu binden habe und daß die langen Haare stets von der Schweifspitze genommen werden müssen. Oberstes Gebot war, daß die feinen Haarspitzen unbeschädigt blieben, da der Pinsel sonst seine Fähigkeit verlor, die Farbpartikel zu halten. Aber dann hatte Daniele die Haare für einen anderen Pinsel, den er ebenfalls in Arbeit hatte – diesmal aus Dachshaaren –, nicht sorgfältig genug beschwert, so daß sie beim Zuschlagen der Tür mit den kostbaren Rotmarderhaaren durcheinander gerieten, und der aufgebrachte Lazzaro beschuldigte den garzone , er habe auch noch nachgefärbte Ziegenhaare und chinesische Roßhaare unter das Pinselmaterial gemischt, was allerdings ganz gewiß nicht der Fall war.
    Dann hatte Sadona, da ihre Herrin für einige Tage außer Haus war, etwas getan, was sie nur wagte, wenn sie in der Küche allein war: Sie hatte am Abend zuvor tatarisch gekocht oder wie man das nennen mochte. Sie machte das nur höchst selten, war aber der Meinung, Rocco liebe diese Art von Essen, was mitnichten der Fall war. Zu allem Überfluß hatte sie diesmal, was die Gewürze betraf, offenbar des Guten zuviel getan, und wir waren am Morgen alle nahezu gerädert an unsere Arbeit gegangen, da wir die ganze Nacht mehr oder weniger auf einem bestimmten Ort verbracht hatten.
    Zu allem Überfluß hatte der Schmied unsere Stute falsch beschlagen, so daß sich der Huf entzündete und sie seit Tagen hinkte. Nun schlug der Tierarzt vor, wir sollten sie zum Abdecker bringen.
    Und schließlich brach jener widerliche Streit zwischen uns aus, der unsere compagnia fast zum Auseinanderbrechen brachte. Es hatte damit begonnen, daß Lazzaro wieder einmal vergessen hatte, seine Atelierecke zu kehren, was nicht zum erstenmal Anlaß zu Ärger gab. Der Wind wehte die Staubmäuse in Danieles soeben mühsam angerührte Farbtöpfchen, und ein Teil der kostbaren Farbe ging verloren, als Rocco versuchte, die Staubmäuse wieder aus den Töpfchen zu entfernen.
    Ausgerechnet Azurit, unsere kostbarste Farbe, sagte Rocco.
    Reg dich nicht auf! erwiderte Lazzaro lächelnd, ich hab's mal wieder vergessen. Aber ich kehre gleich zusammen. Es tut mir leid.
    Du hast es bestimmt nicht vergessen, brauste Rocco mit solcher Heftigkeit auf, daß wir alle erschraken. Die Wahrheit ist, daß es dir egal ist, ob du hier als einziger Staubmäuse produzierst. Und die zweite Wahrheit ist, daß du es sogar gern hast, wenn sie hier im ganzen Raum herumwuseln. Anders kann ich mir deine ständige Lässigkeit nicht erklären.
    Lazzaro schaute Rocco befremdet an. Ich denke, das mußt du mir näher erklären.
    Ich habe keine Lust auf Streit, sagte Rocco mit unterdrücktem Zorn. Es genügt, wenn du heute abend kehrst. Für uns alle.
    Aber mir genügt es nicht, sagte Lazzaro aufgebracht und verließ seinen Arbeitsplatz. Wenn dir etwas mißfällt, kannst du es mir sagen, dann reden wir darüber. Und zwar vorher. Bevor es Ärger gibt.
    Darüber läßt

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