Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
ersten Exemplare erwarte ich am 4. August, Sie erhalten auf dem schnellsten Wege dann ebenfalls ein Exemplar.
Basel führt den »Boris« auf, sie konnten sich nur noch auf keinen Termin festlegen, aber das Faktum zählt.
Von Frau Botond haben Sie gehört, daß wir die Juli-1970-Bände der »es« den Autoren des Verlages widmen und dann Bände mit Sekundärliteratur machen, also Bände über Frisch, Eich, Weiss usw. und ebenfalls auch einen über Ihre Arbeiten. Ihren Band wird auf meinen Wunsch hin Frau Botond selber zusammenstellen.
Ja, ich spiele Tennis, auch Schach. Es gibt Leute, die meinen, ich sei ein Spielertypus. Wenn das stimmt, so beanspruche ich aber eine besondere Art, etwa so, daß ich die Spiele meist sehr ernst betreibe, indem ich gewinnen will, während ich die ernsteren Dinge eher versuche, spielerisch zu lösen.
Schöne Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
1 Peter Suhrkamp gründet seinen eigenen Verlag am 1. Juli 1950, also genau 20 Jahre vorher.
[80; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
1. August 1969
Lieber Herr Bernhard,
möchten Sie nach Israel reisen, irgendwann einmal im nächsten Jahr, wenn Sie Ihren Roman fertiggeschrieben haben? Es gäbe dazu eine Möglichkeit.
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
[81]
Ohlsdorf
2. 8. 69
Lieber Herr Dr. Unseld,
ich bin zwischen 25. und 30. in jedem Falle in Ohlsdorf und erwarte Sie.
Herzlich Ihr
Thomas Bernhard
[82; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
6. August 1969
Lieber Herr Bernhard,
also nehmen wir es uns fest vor, daß ich Sie in der Zeit zwischen dem 25. und 30. August in Ohlsdorf besuchen werde. Ich melde mich noch mit genauen Terminen.
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
[83]
Ohlsdorf
6. 8. 69
Lieber Doktor Unseld,
gerade schreibt mir Frau Dr. Botond, dass sie gekündigt hat und den Verlag verlässt. Ich kann nicht glauben, dass Sie dieser Unsinnigkeit widerspruchslos stattgegeben, sie also ohne Widerspruch hingenommen haben und ich bitte Sie, alles zu überdenken und wenn noch möglich, alles zu tun, um diese Frau, deren Bedeutung für den Verlag gar nicht abgeschätzt werden kann, zurückzuhalten, einen Schritt wirklich auszuführen, der zu den unsinnigsten zugezählt werden muss, den ich jemals Menschen habe gehen sehen. 1
Herzlich Ihr
Thomas Bernhard
1 Anneliese Botond schreibt am 1. August 1969 an Th. B.: »Lieber Herr Bernhard, zwei Dinge beschäftigen mich, die mit Ihnen im Zusammenhang stehen. Das eine ist der es-Band ›Über Thomas Bernhard‹. [. . .] Unseld hat mir Ihren Band angetragen, und ich mache ihn natürlich gern, vorausgesetzt, dass Sie einverstanden sind, und vorausgesetzt, dass etwas Schönes dabei herauskommt. Nämlich einen Zweifel habe ich: es gibt zwar unendlich viel über Sie Geschriebenes, aber wieviel davon taugt für einen solchen Band? [. . .] Im übrigen hätte dieser Band gleichzeitig eine sehr schöne sentimentale Funktion als ›Abschiedsgeschenk‹. Es ist nämlich jetzt doch so gekommen, wie es kommen musste: ich habe Unseld gekündigt und werde nur noch ein paar Monate im Verlag sein. [. . .] Aber ich denke mir: im Verlag kann Ihnen nichts passieren. Unseld wird Ihnen seine Freundschaft antragen, wenn er im August nach Ohlsdorf kommt, und Sie werden, wenn mich nicht alles trügt, gut mit ihm auskommen. Ihre Bücher werden künftig bei Suhrkamp erscheinen, alle, und das ist sicher richtig.«
[84; Anschrift: Ohlsdorf; Briefpapier des Insel Verlags]
Frankfurt am Main
13. August 1969
Lieber Herr Bernhard,
schönen Dank für Ihren Brief vom 6. August. Ich hatte selbstverständlich ein ausführliches Gespräch mit Frau Dr. Botond. Es ergab sich aber für mich keine Möglichkeit mehr, Frau Botond von ihrem festen Entschluß abzubringen. Ich war sehr überrascht, daß sie schon Ende September ausscheiden will und nicht erst zum vertraglich vereinbarten Ausscheidungstermin, dem 30. Juni 1970. Der Hauptgrund liegt in ihrem Isoliertsein ganz generell, bei den Mitarbeitern des Verlages und insbesondere auch bei ihren Lektoratskollegen. Und dann möchte sie auch keine Verantwortung übernehmen für die immer schwieriger werdende Situation der Insel; und die Situation wird, im Hinblick auf das Programm wie auch auf die materielle Lage, doch komplizierter. Sie hat keine Vorstellung, wie das weitergehen soll, und möchte deswegen auch nicht von irgendeiner Verantwortung belastet sein. Ich glaube, daß Ihre gravierenden Überlegungen
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