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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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gefallen: Und sofort fügte er hinzu:
347 in der Bundesrepublik ist Größe nicht mehr möglich. Auslösendes Moment für diesen Haß ist die Behandlung seiner ›Linkshändigen Frau‹, die Behandlung des Buches durch die › FAZ ‹ und die Behandlung des Filmes durch die Kritiker. In seinem Haus hängt ein großes Plakat des Filmverlags der Autoren [des deutschen Verleihers der Linkshändigen Frau ]; die einzige Überschrift lautet: ›Die ausländische Presse schreibt‹. Und dann geht es los: ›Le Monde‹: ›Ein wunderschöner, gelungener Film‹, ›Le Matin‹: eine erstaunliche Vision von Paris, wie es sie im französischen Kino noch nicht gegeben hat, selbst nicht zu Zeiten von Renoir.‹ ›France-Soir‹: ›Zweifellos der rigoroseste Film über eine Frau‹ ›Quotidien de Paris‹: ›Ein Film von seltener Schönheit, ein Meisterwerk.‹ Radio Luxemburg: ›… die Geburt eines großen Cineasten, Peter Handke‹. Das ist die Größe, die sich Handke wünscht und die ihm die Bundesrepublik nicht zubilligen will. Meinen mehrfachen Hinweis, ich sei sicher, daß der Film auch in der Bundesrepublik kommen werde, beantwortete er ganz aggressiv: was heißt kommen, die Kerle haben ihn kaputt gemacht. Jetzt will er gar nicht mehr, daß er kommt, am liebsten verböte er ihn. Aber er wird großen Erfolg in Paris haben, und dann werden die Deutschen ihm nachlaufen. […] Ich frage ihn nach dem ›Petrarca-Preis‹. Ja, das sei eine schöne Einrichtung. Hubert Burda sei eine große Persönlichkeit, Bazon Brock schätze er sehr. Burda habe sich für fünfmal [zur Vergabe des Preises] verpflichtet, das würde nun ablaufen, er überlege sich, ob er den Preis zweimal bezahlen sollte; ich wies darauf hin, daß die Nebenkosten des Festes teurer seien als die Summe des Preises. Der Hinweis ärgerte ihn, denn sofort kam er auf die Unmöglichkeit des ›Bachmann-Preises‹ zu sprechen. […] Über die schwedische Autorin Eva Engström (›Marianas Kniv‹ [1977 auf schwedisch erschienen, wurde nicht ins Deutsche übersetzt]) wollte er etwas wissen. Was damit sei, ihm sei's egal, was wir machten, er wollte ja nur den Hinweis und daß der Autorin geantwortet würde. Er hätte keine Zeile gelesen, aber er ahne, daß die Autorin ihn als Vorbild nehme. Ich sagte ihm, daß Enzensberger ein negatives Gutachten abgegeben habe, doch das interessierte ihn nicht. Warum wir Ernst Meister nicht in der ›Bibliothek Suhrkamp‹ brächten, das sei eine Sauerei, daß ein großer Dichter in Deutschland so vor die Hunde ginge. Ich müsse eine Auswahl in der › BS ‹ bringen.«
    348 [276; Anschrift: Clamart]
    Frankfurt am Main
    17. Juli 1978
    Lieber Peter,
    Dein »Spiegel«-Interview hat mir sehr gefallen, da sind Sätze drin, die man nicht vergißt, so über Liebe.
    Bitte melde Dich doch noch, bevor Du weggehst, oder schreib mir eine Zeile, wo man Dich wird erreichen können. Ich wünsche dir einen angenehmen Sommer und eine gute Wanderung. 1
    Herzlich, wie immer,
    Dein
    [Siegfried Unseld]
    1
»Und plötzlich wird das Paar wieder denkbar«. Interview von P. H. mit Hermann Schreiber , in: Der Spiegel , 10. Juli 1978. In einer Kopie des Interviews (Anlage zur Chronik 1978 ) hat S. U. zwei Antworten von P. H. angestrichen: »Das Alleinsein ist lebensgefährlich, ganz klar. Denn man braucht es, mindestens einmal am Tag wahrgenommen zu werden, eine Aufmerksamkeit zu spüren. Und das ist die Todesgefahr des Alleinseins: ans Haus gebunden zu sein, und niemand nimmt einen wahr.« Und: »Ich könnte es nicht aushalten [ohne Liebe]. Liebe ist freilich etwas, das selten heiß wird – aber dann erst merkt man, daß man am Leben ist. Wenn das nicht wäre …«
Die Chronik hält unter dem Datum des 2. August 1978 fest: »Überraschend ist Handke in Frankfurt. Fast verschämter Besuch im Verlag. Dann gehen wir essen im Garten des Parkhotels. Er hat keinen Hunger, wie er sagt, aber dann verführen die hervorragenden Speisen ihn doch, und nach drei Stunden verläßt er Frankfurt fast fröhlich. Er fliegt nach Klagenfurt. Von dort aus will er durch Slowenien wandern, 14 Tage.«
Von Anfang bis Ende August 1978 unternahm P. H. eine Reise von Kärnten (Klagenfurt, Griffen, Leutschach, St. Pongratzen, Eibiswald, Velden, Maria Elend, Rosenbach) nach Slowenien, in den Karst (Bohinska Bistrica, Tolmin, Idrija, Postojna, Dutovlje,
349 Pliskovica, Komen, Nova Gorica, Divača, Sežana, Škocjan) und nach Italien (Triest, Miramar, Duino, Gemona, Udine,

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