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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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hat mir davon überhaupt nichts erzählt, ich erfahre die Geschichte erst jetzt durch Deinen Brief. Ich will auch diesen Brief gar nicht lesen. Mir ging es anfänglich wie Dir: ich war durchaus fasziniert von diesem vielseitigen, wenn auch immer schillernden Mann. Aber nach kurzer Zeit nahm mir das bloß Schillernde zu, und ich zog mich zurück.
    Mach Dir keine Sorgen. Es gelingt weder Roloff noch anderen, unsere Beziehung in irgendeiner Weise zu trüben. Ich weiß, wir werden stets aufrecht genug sein, uns selbst das zu sagen, was wir meinen, was zu sagen ist. Also noch einmal: ärgere Dich nicht weiter.
    Ich bin sehr zufrieden, daß Du Dich in Deinem Haus wohlfühlst und daß es eine Arbeitsstätte ist.
    Zur Zeit bin ich wieder einmal besonders beansprucht. Das hängt damit zusammen, daß ich eben eine nochmalige Überholung meines Manuskripts »Goethe und seine Verleger« abschließe, daß ich verschiedene Vorträge zu Peter Suhrkamps 100. Geburtstag zu halten habe und vor einem riesigen Lese-Pensum stehe. Es liegen Roman-Manuskripte vor von Martin Walser, Ralf Rothmann, Ernst Augustin. 1 Und Du kannst Dir vorstellen, wie sehr Ulla wartet, bis ich ihren Roman, den sie nun abgeschlossen hat, lesen kann. Ich habe bisher keine Zeile davon gelesen, ich durfte dies ja nicht während ihres Schreibprozesses.
    Wir beide grüßen Dich herzlich, und ich bin sicher, Burgel Zeeh schließt sich dem an.
    Dein
    [Siegfried Unseld]
    1
578 Peter Suhrkamp wurde am 28. März 1891 in Kirchhatten geboren. Unter dem Motto »Dieser schöne Verlegerberuf« fand aus diesem Anlaß am 14. April 1991 in der Oper Frankfurt eine Matinee statt mit S. U. als einem der Redner. Martin Walser, Die Verteidigung der Kindheit ; Ralf Rothmann, Stier . Roman, erschienen im zweiten Halbjahr 1991. Ernst Augustin, Mahmud der Schlächter oder Der feine Weg , erschien 1992.
    [472; Anschrift: Chaville]
    Frankfurt am Main
    5. März 1991
    Lieber Peter,
    der Umbruch des »Versuchs über den geglückten Tag« liegt auf meinem Tisch, und in Händen halte ich »Das Wintermärchen« mit Deiner schönen, so genauen und leuchtenden Übersetzung. Der Weinberg von Suresnes möchte man sein, um so Schönes gewidmet zu bekommen. Ich schicke Dir das erste Exemplar zu. 1
    Ulla und ich sind im Endspurt unserer Manuskripte; in der nächsten Woche sind wir für ein paar Tage im Schnee, an dem auch Dir bekannten Ort. Im April hoffe ich, dann nach Paris kommen zu können. 2
    Herzliche Grüße
    [Siegfried Unseld]
    1
P. H., Der Versuch über den geglückten Tag , wurde niedergeschrieben zwischen dem 12. November 1990 und 8. Dezember 1990, »etwa 7 h abends«. Das Manuskript umfaßt 49 Blatt. 
William Shakespeare, Das Wintermärchen . Deutsch von Peter Handke, erschien am 5. März 1991 im Suhrkamp Verlag. Das Buch trägt die Widmung: »Diese Übersetzung sei gewidmet dem Weinberg von Suresnes oberhalb von Paris, wo mir, als ich da in der Stille saß und las, ›The Winter's Tale‹ in deutsch nicht mehr ganz so unmöglich erschien wie zuvor.«
2
579 S. U. und Ulla Berkéwicz hielten sich zwischen dem 11. und 16. März 1991 in St. Moritz auf. Der geplante Paris-Besuch fand nicht statt.
    [473; Anschrift: Chaville]
    Frankfurt am Main
    2. April 1991
    Lieber Peter,
    anbei zwei Texte zum »Versuch über den geglückten Tag«. Der längere ist für die Vertreter, der kürzere, wenn er Deine Zustimmung findet, für die Ankündigung. Ich habe jetzt wieder, zum dritten Mal, Deine Dichtung gelesen. Ich bin sehr beeindruckt. Sie gewinnt bei jedem Lesen, und man entdeckt immer Neues. Freilich, es war nicht leicht, einen solchen Text zu schreiben, und es kann durchaus sein, daß Du das anders siehst. Bitte laß es mich ganz offen wissen.
    Herzliche Grüße
    [Siegfried Unseld]
     
    [Anlage]
     
    [Anlage 1, S. U., Vertretertext für P. H., Versuch über den geglückten Tag ]
     
    Peter Handke
    »Versuch über den geglückten Tag. Ein Wintertagtraum«
     
    Der Titel des neuen Buches von Peter Handke zeigt an, daß der Autor es in eine Reihe mit dem Versuch über die Müdigkeit und dem Versuch über die Jukebox stellt. Dennoch ist es, wie bei diesem Autor nicht anders zu erwarten, ein
580 neuer Ansatz und Einsatz: Entfaltete der Autor im Versuch über die Müdigkeit in Rede und Gegenrede Bilder von den unterschiedlichen Formen der Müdigkeit, und erzählte er im Versuch über die Jukebox von diesem im Verschwinden begriffenen Gegenstand, zugleich auch von der Entstehung dieser

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