Der Briefwechsel
der Ginkgo. Ein Baum und ein Gedicht , erschien am 21. Oktober 1998 als Band 1188 der Insel-Bücherei .
686 [574; handschriftlich; Ansichtskarte: »El Arenal (Avila). Puente de Najarro«]
[El Arenal]
3. Februar 1999
Lieber Siegfried,
ich hoffe, Du erholst Dich vom giftigen Fisch. Es war für mich aber schön, mit Dir zwei Stunden an der Plaza Mayor zu sitzen. Und jetzt sitze ich im Berggras, das am Morgen noch gefroren war. Sieh zu, daß es Dir bald wieder gut geht. (Hier wächst kein Gingko – nur Oliven, Kastanien, Feigen.) 1
So grüßt Dich
Dein Peter
1
P. H. und S. U. trafen sich am 31. Januar 1999 in Madrid. In seinem Reisebericht Madrid, 29.-31. Januar 1999 , hielt er fest: »[…] um 10 Uhr morgens hatte ich einen derartigen Anfall von Erbrechen und Durchfall, wie ich es noch nie erlebt habe; ich nahm an, eine Fischvergiftung, weil ich in diesen Tagen nur Fisch gegessen hatte. Dann, zu Handke fahrend, fiel ich einem Taxi-Gangster in die Hände. Er benützte meine unsichere Aussprache der Plaza Mayor und fuhr mich an, ich möchte ihm genau sagen: Plaza dos Mayor – das irritierte mich, er fuhr zwanzig Minuten lang dorthin, aber das war natürlich nicht die Plaza Mayor. So gingen wir wieder zurück in das Hotel, da erkundigte ich mich nochmal, ich hatte recht: Plaza Mayor, ich kam schließlich in dieses Café, wo fünf Minuten nach meinem Eintreffen Peter Handke ankam. Ich mußte ihm meine Indisposition beichten – und Peter Handke war rührend, liebenswürdig, ja einfach: lieb, er nahm sich meiner an, drängte darauf, ich solle Coca Cola trinken und in kleinen Schlucken einen milden Cognac. […] Wir saßen dann zwei Stunden in einer kleinen Kneipe an der Plaza. Es waren nur Spanier im Lokal. Handke in der ganzen Zeit wirklich rührend bemüht, mir zu helfen. Die drei Punkte, die wir zu besprechen hatten, wurden in Kürze erledigt. 1. Die Geschichte (Handke: ›Es ist eine Geschichte‹) ›Lucie im Wald mit den Dingsda‹ bleibt bei
687 Suhrkamp. Er ist mit einem Halbleinenband, dem schmaleren, und der mitgegebenen Kolumne einverstanden. Freilich möchte er nicht Blau, sondern einen schönen Grauton. Die Honorarbedingungen: Wir starten mit einer Erstauflage von 25.000 Exemplaren, am Ende des Jahres bekommt er Honorar für eine verkaufte Auflage von 50.000 Exemplaren garantiert. Er war sofort einverstanden, trug diese Ziffern in sein Notizbuch ein, ließ es mich unterschreiben. 2. das zweite war natürlich Raimund Fellinger: er ist enttäuscht und rief mich aber auf zu meiner Verantwortung, die ich gegenüber Fellinger habe. Ich will seine Ausführungen hier nicht im Detail festhalten. 3. Das dritte war der dokumentarische Band zu Serbien. Fellinger hatte ihm ja erklärt, daß alles fertig sei und die Druckerei ihm nach Weihnachten den ersten Lauf schicke, aber wir wissen ja, die Manuskripte liegen zum größeren Teil unübersetzt in Langen. Handke besteht auf dem dokumentarischen Band, ist aber einverstanden, daß wir Thomas Deichmann (aus der Radaktion ›Novo‹) mit der Herausgabe beauftragen. Wir müssen aber in der Sache reagieren. Immer wieder kam Handke auf mein ›anmutiges weiträumiges Gingko-Buch‹ zurück. Ich müsse im nächsten Jahr unbedingt Ähnliches schreiben. Vielleicht nicht zu dem Thema Goethe, sondern Ulm. Wie gesagt, zwei Stunden. Sehr liebenswürdige Unterhaltung, er wollte mich dann auch noch zum Flughafen bringen, was ich dann aber ablehnte. Er machte sich offensichtlich Sorgen um mein gesundheitliches Befinden.«
[575; handschriftlich; Anschrift: Chaville]
Frankfurt am Main
Klettenbergstraße 35
7. Februar 1999
Lieber Peter,
Du warst lieb, Du hast mir geholfen, ich danke Dir sehr.
Mein Arzt staunte: Deine Empfehlung der Cola war richtig. »Woher wusste der Dichter das?«
Ich danke Dir für Deine Wertschätzung des »Ginkgo«, und den Rat, »weiteres« zu schreiben, hat mich seitdem sehr beschäftigt.
688 Alles war gut bis zur Flughafen-Lounge. Dort trank ich (statt Cola!) aus Vorsicht Milch. Auf dem Weg von der Lounge zum Gate traf es mich wie eine Explosion. Gerade noch erwischte ich das Behinderten-Clo, massiver Durchfall, Erbrechen zum Ersticken, ich erspare Dir die Details. Als letzter erwischte ich das Flugzeug. Dort waren zwei liebenswerte Stewardessen, die mich mit Wasser bis Frankfurt traktierten.
Ich war eine Woche schwach, arbeits- und leseunfähig. Der Arzt: vielleicht doch Magen-Darm-Grippe, da es Ulla + Milka auch erwischte. – Jetzt:
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