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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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der »Publikumsbeschimpfung«. Ich schicke Dir das Bändchen zu. Es ist die erste Sendung, die ich in Dein neues Domizil richte, und ich finde, das ist ein glückliches Zeichen.
    In diesem Sinne grüße ich Dich herzlich
    Dein
    [Siegfried Unseld]
    219 [172; handschriftlich]
    Kronberg
    5. Dezember 1971
    Lieber Siegfried,
    ich hoffe, daß Du Dich gut erholt hast, wenn bei Dir das überhaupt nötig ist. 1
    Vor unserem Haus knirscht und rattert es zwar noch höllisch, aber sonst fühlen wir uns doch schon recht wohl. Ich habe mir vorgenommen, wenigstens 1, 2 × in der Woche in die Stadt (Frankfurt) zu fahren.
    Das für mein Telefon zuständige Fernmeldeamt ist Oberursel, und die zuständige Dame heißt Frau Wagner. Es wäre schön, wenn der Suhrkamp Verlag meinen Wunsch ein bißchen dringlicher machen könnte. Ich arbeite halt zuhause, im Gegensatz zu den andern. 2
    Beckermann hat mir gestern gezeigt, was Scharang zu dem Band über mich in der »Ed. Suhrk.« gesammelt hat. Nur kurz: es ist unzumutbar; primitiver und mieser als das »Text+Kritik«-Heft. 3 Erst einmal sind die zitierten Kritiken vor allem negativ zusammengestellt, mit jeweils 1 oder höchstens 2 positiven als Alibi, und geben damit ein völlig falsches Bild der tatsächlichen Rezeption. Von den »Hornissen« z. B. sind nur 4 Verrisse versammelt, es fehlen die positiven Bewertungen, die z. B. in » FAZ « und » NZZ « erschienen sind. Über den »Ritt über den Bodensee« gibt es nichts als eine dumm-dreist abtuende Buchbesprechung usw.
    Die Originalbeiträge, z. Teil dümmliche Witzeleien österreichischer Dichterkollegen, sind ausnahmslos (oder fast, mit einer Ausnahme, einer langweiligen Germanistikarbeit über »Kaspar«) entweder Pöbeleien, was ja nicht so arg ist, oder scheinanalytische linke Rituale, zu denen der Schriftsteller P. H. nur eine Anlaßfigur ist und durch die er zu
220 einem Zeichentrickmännchen, allerdings schlecht gezeichnet, verkümmern soll.
    Nun gut, für mich ist die ganze Sache nicht reparabel. Ausgemacht war mit dem Herausgeber eine objektive Wiedergabe der Rezeption meiner Arbeit + 2. ein Versuch, in den Originalbeiträgen sich noch einmal mit meinen Arbeiten zu befassen, ein wenig unbefangener, jedenfalls angestrengter oder zumindest mit kleinen begrifflichen Anstrengungen. Nun ist alles weit schlimmer als »Text+Kritik« geworden, genüßliche Selbstzelebrierung von allgemeiner Literaturverachtung, Blödelei, kindischer Faschismusvorwurf. Das geht nicht. Du wirst es merken, wenn Du den Papierstapel nur kurz durchsiehst. Es ist ein Fall von ganovenhafter Lumperei. In einem anderen Verlag meinetwegen. Aber daß ich im selben Verlag veröffentlichen soll, in dem so was erscheint, sehe ich nicht ein. Du wirst auch sehen, daß es mit einer Herausnahme einiger Beiträge nicht getan ist. Das Ganze ist meiner Ansicht nach nicht publizierbar. 4
    Herzlich,
    Dein Peter
     
    Wenn ich nach Frankfurt komme, bringe ich auch »Geschwister Tanner« von R. Walser zurück.
    1
S. U. hielt sich mit seiner Frau Hildegard Anfang Dezember einige Tag in Arosa auf.
2
Am 9. Dezember 1971 wandte sich Heribert Marré auf dem Briefbogen des Suhrkamp Verlags an das Fernmeldeamt Oberursel: »Erlauben Sie uns, daß wir von uns aus heute auf die wirkliche Dringlichkeit dieses Falles aufmerksam machen. Herr Handke hat nicht zuletzt auf unseren Wunsch hin seinen ständigen Wohnsitz nach Kronberg verlegt, um einmal leichter erreichbar zu sein und um seiner Arbeit noch besser nachgehen zu können. Er ist aber für seine Arbeit auf einen eigenen Telefonanschluß angewiesen, da er sehr eng mit den Rundfunk- und Fernsehanstalten
221 zusammenarbeitet und wichtige Entscheidungen in den meisten Fällen telefonisch getroffen werden müssen.«
3
Siehe Brief 117, Anm. 1.
4
Der Brief trägt den handschriftlichen Vermerk von S. U.: »mündl.[ich] erl.[edigt]«.
    [173; Anschrift: Kronberg]
    Frankfurt am Main
    13. Dezember 1971
    Lieber Peter,
    anbei ein Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten gegen »die Schauspielerin Liebgart Handke, geb. Schwarz«. Der Verlag der Autoren hat unsere Adresse angegeben, ich verstehe das nicht recht. Die Polizei mußte hier Libgart, falls die DM  267,50 nicht bezahlt würden, festnehmen. Hilde, die im Aufbruch zu ihrer Reise war, hat diesen Betrag, um alles andere abzukürzen, bezahlt. 1 Das war ihre Entscheidung, und ich meine, das war auch richtig. Wenn Du das auch so empfindest, so übernimmst Du den Betrag von DM  267,50, wenn

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