Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
meint etwas absolut Legales. Wenn man bei Dämmerung oder Dunkelheit unterm Leuchtturm steht, dann fühlt man sich wie unter einer … einer …«
    »… großen Käseglocke«, ergänzte Pinki.
    »Ja, genau. Die Strahlen des Leuchtfeuers scheinen sich bis zum Horizont hinunter zu beugen, und das sieht wirklich sensationell aus. Viele Menschen gehen abends dorthin. Auch ich, und ich brauche noch nicht einmal besonders unglücklich zu sein, wenn ich das tue. Es ist einfach wunderschön, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Pinki fand die klobige Frau in der grünen Jacke mit einem Mal sehr sympathisch. Sie schien zu verstehen, worum es ging. Vielleicht würde sie ihr einmal die ganze Wahrheit erzählen.
    Aber dann müsste sie sie auch danach fragen. Dieser Lackaffe würde jedenfalls nichts von ihr erfahren. Zumindest nichts von dem, was wirklich zählte.
    »Mädchen …«
    »Ich heiße Pinki.« Mit einem Mal fühlte sie sich wieder etwas wohler in ihrer Haut.
    »Okay, du hast Recht. Also, Pinki. Deine Freundin Leefke war gegen neun am Leuchtturm, wann sie von dort weggegangen ist, wissen wir nicht genau. Um Viertel vor zehn ist sie jedoch in die Maritim-Klinik gegangen, das weiß der Pförtner noch ganz sicher, weil er ihr gesagt hat, dass eigentlich keine Besuchszeit mehr ist.«
    »Und was hat Leefke geantwortet?« Pinki hielt den Atem an, es war so wichtig, dass Leefke niemandem gesagt hatte, mit wem sie sich treffen woll te. Wenn das herauskäme, dann wären sie alle dran, sie alle.
    »Sie hat gar nichts gesagt, ist einfach durchgegangen. Ein bisschen zu schnell für den Portier, er ist ein alter Mann. Niemand weiß, wo Leefke hinging, ob sie mit jemandem sprach oder ob sie vielleicht zu einem Arzt wollte. Das Einzige, was feststeht, ist, dass sie eine gute Stunde später von der Sonnenterrasse gestürzt ist und kurz darauf starb.«
    Ob sie jetzt von ihr erwarteten, dass sie losheulte?
    »Wann hast du sie denn zum letzten Mal gesehen?«
    »Gestern so gegen sieben. Wir waren erst bei den anderen in der Waldkirche, dann haben wir bei mir noch Fernsehen geguckt.«
    »Waldkirche?«
    Klar, das fand der Bulle jetzt wieder interessant.
    »Dort treffen sich die Teenager«, erklärte der Polizist am Computer. »Es ist keine richtige Kirche, mehr ein Park mit Bänken, einer Kanzel und einem Altar. Bäume drum herum und so, es ist ein schönes Plätzchen. Ich kann gut verstehen, dass sie sich dort versammeln.«
    »Da haben wir wenigstens unsere Ruhe«, sagte Pinki in dem Ton, den ihr Vater immer als maulig bezeichnete.
    Dann war es eine Weile still. Pinki fummelte an den Fransen ihrer Handtasche. Das Wetter war so schön, eigentlich wollte sie jetzt lieber gehen. »Ich weiß schon, was Sie von mir hören wollen, wegen Leefke und so. Wir waren auch echt gute Freundin nen, eigentlich konnten wir uns alles sagen. Das Tol le an ihr war, dass man sich auf sie verlassen konnte. Sie hat oft den Mund aufgemacht, wenn wir anderen Schiss davor hatten. So ‘ne typische Klassensprecherin eben. Sie hat aber eigentlich nur etwas gesagt, wenn es wirklich Sinn machte, verstehen Sie? Nur so blödes Zeug daherreden, das gab es bei ihr nicht. Leefke war immer ein bisschen schlauer als wir alle, und sie hat auch nicht so viel Mist gebaut wie wir. Ich habe wirklich keine Ahnung, warum sie sich umgebracht haben könnte. Echt nicht. Eigentlich war sie für so was viel zu intelligent.« Pinki biss sich auf die Zunge. Hatte sie mal wieder zu viel geplappert?
    Die Erwachsenen sahen sie ernst an. Alle, auch der Typ am Computer. Wahrscheinlich hatten sie sich mehr von ihr erhofft. Aber scheiß drauf. Sie wollte nicht diejenige sein, die hinterher den ganzen Ärger bekam.
    Die Dicke stand auf und nahm ihr die Coladose aus der Hand. »Ist schon gut, Pinki. Du warst uns eine große Hilfe. Und wenn dir noch etwas einfällt, egal was, wenn du meinst, es ist wichtig, dann ruf mich jederzeit an, ja? Und falls dir mal mitten in der Nacht etwas durch den Kopf schießen sollte …«, sie reichte ihr eine kleine Karte, »… meine Privatnummer steht drauf.«
    Sie erhob sich langsam. Warum fühlten sich ihre Beine so wabbelig an? Sie war doch eigentlich ganz cool aus der Sache herausgekommen.
    Artig gab sie den Polizisten die Hand, außer dem jungen, dem winkte sie lässig zu. Keiner hielt sie auf, als sie das Büro und das Haus verließ und in Richtung Strandpromenade ging.
    Sie ging selten am Meer entlang. Hier war es meistens zu windig, und die schäumenden

Weitere Kostenlose Bücher