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Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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piepte wieder. Konstantins Handy.
    »Ja bitte?«
    Gesegnet sei der Mensch, der gerade in diesem Moment angerufen hatte.
    »Nein, ich bin noch hier. Das Fahrrad war nicht mehr da, vielleicht hat Leefke es an dem Abend benutzt. Ich wollte mir gerade ein Taxi bestellen.«
    Lügner!
    »Wirklich, Herr Kommissar. Ich habe mich an Ihre Anweisungen gehalten. Wo denken Sie hin? Ich sagte doch: Ich bin ein gewissenhafter Mensch.«
    Du bist ein Lügner!
    »Gut, das ist nett von Ihnen. Dann kann ich mir das Taxi sparen. Sie sind schon beim Golfhotel? Sehr gut, ich stehe gerade vor dem Haus. Wenn Sie mögen, dann schauen wir uns hier gleich ein wenig um. Wie geht es Frau Tydmers?«
    Frau Tydmers?
    »Danke, bis gleich.«
    Konstantin machte auf dem Absatz kehrt. Er schien es mehr als eilig zu haben. Schon auf den ersten drei Stufen der Kellertreppe begann er zu schnaufen. Jasper blieb noch einen flüchtigen Augenblick liegen, doch die hastigen, schwerfälligen Schritte stiegen weiter hinauf. Konstantin musste sich verdammt beeilen, wenn er den Anschein erwecken wollte, er habe die ganze Zeit vor seinem Haus gestanden. Mistkerl.
    Als er die Haustür hörte, stemmte Jasper mit einem Ruck die Liege über sich zur Seite. Ein kurzer Blick in Richtung Tür: Sie stand offen! Er war frei!
    Doch er wollte nicht gedankenlos sein, er stellte seine erbärmliche Schlafpritsche wieder an Ort und Stelle, klemmte schnell die geöffneten Konservendosen und das abgerissene Plakat unter den Arm, dann verließ er den Raum. Von draußen hörte er Konstantin mit einem fremden Mann reden. Ein Kommissar! Er schlich die Kellertreppe hinauf. Doch das Ende der Stufen lag der Haustür direkt gegenüber, und diese war nur angelehnt.
    »Gehen wir hinein«, sagte der fremde Mann.
    Jasper schob sich an die Wand. Wenn er es bis zur Küche schaffte, dann konnte er durch die Hintertür entkommen. Fünf, vielleicht sechs Schritte. Die Schatten der Männer tauchten bereits im engen Türspalt auf. Er sprang. Eine der Dosen fiel zu Boden.
    »Was war das?«, fragte Konstantin.
    Doch Jasper hatte es geschafft. Er zwängte sich zwischen den kantigen Küchenelementen hindurch bis in die Speisekammer, von dort führte eine kleine Holztür ins Freie. Dann rannte er. Jeder Muskel tat ihm weh, er fühlte sich, als sei er gestern nicht erst vierzig, sondern doppelt so alt geworden.
    Doch es musste gehen. Was war, wenn sie die Dose auf dem Boden liegen sahen und ihm nachliefen?
    Er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Wann war er das letzte Mal so gerannt? Sein Weg führte ihn direkt in die Dünen, und das war gut so. Dort war er frei. In Sicherheit. Einen sandigen Hügel hatte er überwunden, die Füße schleppten sich durch den wei chen, rieselnden Sand, den nächsten Aufstieg nahm er mit letzter Kraft, schließlich ließ er sich fallen. Der Hunger und die Schmerzen hatten ihn besiegt.
    Doch niemand tauchte über ihm auf. Sie hatten ihn nicht bemerkt.
    Oder Konstantin hatte ihn zwar bemerkt, wollte es aber aus irgendeinem Grund vor diesem fremden Mann vertuschen. Ein Kommissar. Was war passiert? Ihm fielen die Schüsse ein. Und dann diese Frage: Wie geht es Frau Tydmers?
    Er kannte nur zwei Frauen mit diesem Namen. Seine Mutter, doch er machte sich keine Sorgen, dass sie in diesem Fall gemeint sein könnte. Die Polizei war mit im Spiel.
    Konstantin hatte Wencke gemeint!
    Was hatte seine Schwester mit alledem zu tun? Er musste sie finden. Am besten, bevor irgendjemand bemerkte, dass er wieder frei war. Vielleicht war Leefke bei ihr.
    Er stand wieder auf. Es ging irgendwie. Er wollte, er musste wissen, was passiert war. Er schaute auf die Uhr.
    Mehr als dreißig Stunden fehlten ihm, seit er von Leefke außer Gefecht gesetzt worden war. Er wollte diese Zeit so schnell wie möglich wieder aufholen.

21.
    Im Foyer drehte sich eine dunkelblaue Kugel, Wasser lief glänzend den Stein hinunter, und man bekam den Eindruck, dass sich hier vielleicht der Nabel der Welt befand. Hier in der Eingangshalle der Maritim-Klinik.
    Rauchen verboten!
    Wencke wäre gern hinausgegangen, um sich eine anzustecken, doch Remmer hatte für sie einen Kaffee bringen lassen, und sie wollte nicht unhöflich sein. Sie war zu schwach dazu. Der Kaffee tat gut. Immer dachte alle Welt, sie sei stark, sie käme allein zurecht. Doch in diesem Moment sehnte sie sich nach jemandem, der sich an ihre Seite stellte, der sie stärkte, der sie vielleicht an sich drückte. Remmer rührte sie nicht an. Vielleicht war er

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