Der Bronzehändler
Baâ-Enepe-Sterneneisen, Kapitän?«
Jehoumilq zerrte an der Goldkette und spuckte ins Gras.
»Ich bin seit mehr als vierzig Jahren zwischen den Hapihäfen und all diesen schrundigen Inseln unterwegs. Zum ersten Mal, Bruder Schmied, hakt sich mein Finger um etwas, das wahren Reichtum verspricht. Ich bin alt; ich will nicht in den Trümmern einer wertlosen Ladung ersaufen. Wenn wir mit dem Sternmetall Erfolg haben, muss ich meine letzten Jahre nicht als Bettler verbringen. Fast sechzig Sommer; von den Wintern rede ich nicht, Keiron.« Er machte eine obszöne Geste und deutete auf Karidon und Ptah. »Der Freund dieser zwei jungen Ahnungslosen wird uns reich machen und unabhängig, wenn wir ihm eiserne Waffen bringen. So einfach ist das.«
»Unabhängigkeit für sechs Zehntel eines Talents Eisen, Kapitän?«, sagte Keiron.
Jehoumilq bohrte mit dem kleinen Finger im Ohr.
»Vielleicht finden wir noch etwas von dem Zeug. Zwölf unersättliche Mäuler wollen gestopft werden. Und« – sein Blick streifte Ptah-Netjerimaat – »die liebreizenden, wenn auch aufwendigen Gefährtinnen sollen auch nicht darben. Wir haben uns verstanden, Gevatter?«
»Ich denke, ich verstehe dich.« Keiron lächelte und zupfte an der Hornhaut des Daumens. »Die Welt ist voller Unbegreiflichkeiten. Eine davon seid ihr mit diesem Erz. Bis morgen, Seefahrer. «
»Aerá!«, rief Jehoumilq. »Zum Schiff, Freunde!«
Keiron hatte die Asche ablöschen lassen. Aus den sieben Tonröhren tropfte dünner schwarzer Schlamm. Die Reste der Kohlen waren aus dem Ofen entfernt; der Durchmesser des glühendheißen Erzbrockens war kleiner als eineinhalb Handbreit. Schlacke und Eisen waren zu einem befremdlich aussehenden Klumpen zusammengebacken; wie eine wulstige Wurzel mit pilzartig auswuchernden Verkrustungen.
Auf einem Sockel unter dem halb kupfernen, halb gemauerten Abzug lag ein Häufchen glimmender Holzkohlen, ein Sklave wartete an einem kleinen Blasebalg. Mit einer langen Zange packte Keiron das Gebilde, legte es auf die dicke Bronzeplatte und schlug darauf: krustige Ascheteilchen flogen prasselnd in alle Richtungen. Im blasig zerschmolzenen und erstarrten Metall sah Karidon zahllose Lücken, Löcher und Öffnungen. Keiron trieb mit leichten Schlägen die Kohlenreste aus dem gitterartigen Metall heraus und legte den Bronzehammer zur Seite, nachdem er einen Teil des Eisens in die aufflammende Glut geschoben hatte.
»Der andere Teil eures Klumpens ist bis übermorgen genauso geschmolzen. Wir haben also genug Hitze erzeugt. Glaubt nicht, dass wir schon haben, was wir wollen. Aber – ich versuch alles, was mir einfällt.«
Im Lauf der nächsten Stunde verwandelte sich das ausgeschmolzene Gebilde, zur Rotglut erhitzt, in einen massiven Rohling, so groß wie zwei Unterarme samt Fäusten; weißglühend, rotglühend, schwarz und grau, dichter, massiger; immer wieder erhitzt, abgeschreckt und gehämmert. Keiron tauchte den bearbeiteten Brocken in kaltes Wasser, in eine Schale voll Urin, in Wein und einen Krug mit gestocktem Blut, drehte und wendete es, erhitzte es erneut, hämmerte in seltsam gleichmäßigem Takt und grinste schließlich zufrieden; es war später Nachmittag.
»Dieser König im Großen Haus am Hapi ... was wollt ihr ihm zeigen?«
Karidon, Ptah und Jehoumilq hatten die halbe Nacht darüber geredet. Karidon lehnte sich schwer auf die Schulter des Schmiedes und sagte:
»Schmiede eine Dolchschneide. Ein paar Meißelspitzen, in die man Bronzestäbe stecken kann. Zehn Pfeilspitzen, Keiron. Und eine Speerschneide. Dann sehen wir weiter.«
Jehoumilq blickte in die rote Glut und sah zu, wie sich das Metall verfärbte. Er kratzte sich ausdauernd am Knie. »Und denk daran, was wir erzählt haben. Vielleicht wird das Eisen dadurch, dass du es in Pisse und Blut tunkst, anders; besser, härter, was weiß ich. Es kann nicht schaden. Mach, was dir einfällt.«
Er grinste Karidon an, zeigte auf Keiron und sagte: »Gute Arbeit soll belohnt werden. Was wünschst du dir, rußiger Beherrscher der Hämmer?«
Keiron ließ die Bronzezange fallen, drehte sich auf seinem dreibeinigen Schemel herum und starrte Jehoumilq wie eine seltsame Naturerscheinung an.
»Was ich mir wünsche, Weißbart? Das ist in ein paar Worten erklärt. Ruhe wünsch ich mir. Einen Strand mit weißem Sand. Salzwasser, einen Krug Wein, eine gute Frau. Viel Zeit zum Nachdenken; etwas Essen, Öl und Sand für die Haut« – er reckte die verwüsteten Unterarme in die Höhe – »und
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