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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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blakten die Ölflammen. Die Bilder verschwammen, stumme Furcht quoll aus den Wänden und erfasste Chakaura. Seine Lippen trockneten, in der Kehle würgte Übelkeit, in den Ohren dröhnten, lauter als Trommelschläge, die Erschütterungen des dumpfen Gesanges. Eine Folge von Erscheinungen raste an seinem inneren Auge vorbei: Kindheit, Jugend im Schilfboot, Aufwachsen im Palast, die Gewissheit, im Schlammwasser ersticken zu müssen, Schule, Waffenübungen mit Sokar-Nachtmin, der sterbende Vater und die quälend langen Begräbnisfeierlichkeiten, die er, Chakaura, als Sohn, als Mensch unter allen, miterlebt und ratlos mitempfunden hatte – nie war er weniger göttlich als jetzt. Der Gesang der Priester hörte auf, die Säulen bebten nicht mehr. Der stumpfe Druck in seinem Magen wich. Befürchtungen geronnen zur Wahrheit: mit einer Stimme, die wie brechendes Holz klang, hörte er sich sagen:
    »Chakaura. Nesu-Bitji, König von Kêmet und Deshret. Schwächer als der Vater. Du bist kein Gott. Du musst tun, als wärst du der Starke Stier, stärker als alle. Klüger als Ikhernofret. Gib Befehle, leide nicht unter deren Befolgung. Sei stark. Millionen Rômet sehen auf dich. Zeig ihnen, dass du sie führst, Jahre um Jahre ...«
    Seine Stimme stockte, verlor sich murmelnd in der furchtbaren Stille. Er schwankte, kippte zur Seite und schleppte sich, atemlos und zitternd, auf Knien und Ellbogen in den Winkel zwischen den Sockeln eines falkenköpfigen und eines schakalköpfigen Gottes. Die Gegenwart der Götter, auch wenn er sie nicht begriff, wirkte wie ein Rausch, der die Sinne verwirrte: Er verbarg das Gesicht in den Händen, presste sie in die Achselhöhlen, zog die Knie zur Brust und zuckte. Er empfand sich als Mensch, der die Allmacht der Götter angetastet und sich die Finger verbrannt hatte, als götterähnliches Wesen, das die Nähe der Menschen nicht verlassen sollte; als Gefäß der Unsicherheit in einer Zwischenwelt, die er nicht zu begreifen vermochte.
    Er kam zu sich, als kühle Luft in den Raum wehte. Bevor ihn die Priester in dieser würdelosen Lage sahen, setzte er die Krone auf und zog sich an den steinernen Götterbildern in die Höhe. Er stolperte zwischen zerrissenen Blumengebinden und umgeworfenen Opfergaben zur Tür. Die Priester führten ihn schweigend durch endlose Gänge und Säle in die frische Luft und in die Sonnenhelle eines Innenhofes. Er atmete tief ein und aus und wandte sich an den jüngeren Priester.
    »Ich danke dir. Wie heißt du?«
    Der Priester wagte nicht, ihn anzusehen.
    »Merire-Hatchetef, göttlicher Horus.«
    »Was tust du im Tempel?«
    »Ich verwalte die Ländereien, die uns dein göttlicher Vater ...«
    Chakaura drehte den Kopf. Der ältere Priester stand regungslos da.
    »Man wird sehen, ob du bald den Tempelschatz verwaltest.« Merire-Hatchetef hob den Blick, starrte Chakaura an; was er in dessen Gesicht las, schien ihn zu Tode zu erschrecken. »Sagt den Obersten Vorstehern des Tempels, die meine Stellvertreter vor den Göttern sind, dass ich ihnen am vierten Tag der auf dem Jahr Befindlichen sagen werde, was mir die Götter befahlen. Zwei Stunden nach Sonnenaufgang. Zu den Tempeln anderer Städte schickt eure Botenvögel. Ich erwarte, dass die Listen des Tempelbesitzes vollständig sind, denn ich will sie mit denen meines Vaters vergleichen. Sollten sich Fehler zeigen, setze ich junge, gewissenhafte Männer an die Stelle der Greise; du wärst einer davon, Merire.«
    Er ging auf den heiligen Teich zu, steckte Nechacha und Sekhem in den Gürtel und kühlte sein Gesicht. »Bringt mich zum Tor.«
    Als die Flügel geöffnet waren und ein Windstoß den Weihrauchgeruch vertrieb, drehte sich Chakaura zu den Priestern herum. Merire war totenbleich. Er schien die Veränderung in Chakauras Gesicht nicht deuten zu können, aber sie erfüllte ihn mit Furcht. Der andere Priester knetete seine Finger.
    »Sagt den Obersten Priestern, dass sich unsere Götter in einem furchtbaren Augenblick mir offenbart haben. Nicht einmal der Goldhorus im Per-Ao-Haus wagt, an ihnen zu zweifeln.«
    Er ging, den Rücken gerade wie ein Richtscheit, mit weiten Schritten zu den Dienern, die ihn im Gras kniend erwarteten. Sein Blick ging über die grünen Weiden und den Fluss bis zum Horizont, der Himmel und Erde miteinander verband, verweilte dort, kehrte zu den verwirrten Dienern zurück. Chakaura nickte, ging in den Palast und setzte sich im Saal der Millionen Shafadurollen an den Tisch. Er ließ sich Henket und

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