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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Zahnarztstühlen, war sein Leben ein Käfig aus Regenschirmen und eiserner Regelmäßigkeit geworden. Es gab nur noch Züge und scheißende Söhne, platzende Wasserrohre im Januar und Feuermachen um sieben in der Früh; nur noch den Versuch, im suburbanen Familienleben in einer Zwei-Treppen-rauf-zwei-Treppen-runter-Doppelhaushälfte in Südlondon der Liebe einen Platz einzuräumen. Weil er ein Kind war, ein Naivling, der sich nie um sich selbst hatte kümmern müssen, erteilte ihm das Leben seine Lehren. Einmal, als man mich den ganzen Tag mit ihm allein gelassen und ich mir in die Hosen gemacht hatte, geriet er total in Panik. Er stellte mich nackt in die Badewanne, nahm eine Schüssel, stellte sich an das andere Ende des Badezimmers, als hätte ich die Pest, und schüttete mir von dort aus Wasser zwischen die Beine; dabei hielt er sich mit der freien Hand die Nase zu.
    Ich weiß nicht, wie alles anfing, aber als ich zehn oder elf war, begann er Lieh Tsu, Laotse und Chuang Tsu zu lesen, als wären sie noch nie zuvor gelesen und ausschließlich für ihn allein geschrieben worden.
    Wir besuchten Baby Face und Prinzessin Jeeta regelmäßig am Sonntagnachmittag, die einzige Zeit, in der ihr Laden geschlossen war. Dads Freundschaft mit Anwar war im Grunde immer noch eine Freundschaft, die auf Witzereißen beruhte, auf Kricket-, Box-, Leichtathletik- und Tennisprogrammen im Fernsehen. Als Dad mit dem »Geheimnis der goldenen Blume« aus der Leihbücherei zu ihm kam, schnappte Anwar danach, hielt das Buch hoch und lachte. »Mit was für einer verdammten Narrensache gibst du dich denn neuerdings ab?«
    Prompt fing Dad an: »Anwar, yaar, du hast keine Ahnung, was für großen Geheimnissen ich auf der Spur bin! Wie glücklich ich mich fühle, seit ich verstehe, was das Leben ist!«
    Anwar unterbrach ihn und stieß mit seiner aufgerollten Zeitung wie mit einem Dolch nach Dad. »Du blöder chinesischer Trottel! Wie kannst du nur so einen Unsinn lesen, während ich Geld verdiene! Ich habe zumindest meine verfluchte Hypothek bezahlt.«
    Dad war so begierig darauf, sich Anwar verständlich zu machen, daß seine Knie zitterten. »Geld ist mir egal. Irgendwie gibt es immer Geld. Aber ich muß diese geheimen Dinge verstehen lernen.«
    Anwar blickte zum Himmel und sah dann Mum an, die gelangweilt neben ihm saß. Sie mochten Dad beide gern, sie liebten ihn, aber in solchen Situationen mischte sich Bedauern unter die Liebe, als würde er einen tragischen Fehler begehen, wie zum Beispiel den Zeugen Jehovas beitreten. Je mehr er von Yin und Yang, von kosmischem Bewußtsein, chinesischer Philosophie und »dem Weg folgen« sprach, um so verlorener fühlte sich Mum. Er schien in den Weltraum hinauszutreiben und sie zurückzulassen; sie war eine Frau der Suburbia, ruhig und freundlich, und sie fand das Leben, so wie es war, mit zwei Kindern und Dad, schon schwierig genug. Aber in Dads fernöstlichen Entdeckungen steckte auch eine gute Portion Stolz, die ihn auf Anwars Leben verächtlich herabblicken ließ.
    »Du interessierst dich ja nur für Toilettenpapier, Sardinenbüchsen, Monatsbinden und Rüben«, sagte er zu Anwar. »Aber es gibt mehr Dinge, yaar, zwischen Himmel und Erde, als du dir in diesem Kaff Penge verdammt noch mal träumen läßt.«
    »Ich habe keine Zeit zum Träumen«, unterbrach ihn Anwar. »Und du solltest auch nicht herumträumen. Wach auf! Wie steht es denn mit einer Beförderung, damit Margaret endlich mal ein paar schöne Kleider tragen kann? Du weißt doch, wie Frauen sind, yaar!«
    »Die Weißen befördern uns niemals«, sagte Dad. »Zumindest keinen Inder, solange auf der Erde noch ein weißer Mann herumläuft. Mit denen braucht man gar nicht zu argumentieren. Sie glauben selbst dann noch, ihnen gehöre ein Weltreich, wenn sie keine zwei Penny mehr in der Tasche haben.«
    »Sie befördern dich nicht, Haroon, weil du zu faul bist. Deine Eier setzen Schimmel an. Du denkst an dein Chinesenzeugs statt an die Königin.«
    »Scheiß auf die Königin! Fühlst du denn nie, Anwar, daß du dich selbst kennenlernen möchtest? Daß du dir eigentlich ein vollkommenes Rätsel bist?«
    »Kein Mensch interessiert sich für mich, warum sollte ausgerechnet ich mich für mich interessieren?« rief Anwar. »Sieh lieber zu, daß du mit dem Leben fertig wirst!« Dieser Zank in der Wohnung über Anwars und Jeetas Laden dauerte immer länger, bis die beiden sich so in der Wolle hatten und so gehässig zueinander wurden, daß Anwars Tochter

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