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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Yoga, außerdem vielleicht noch etwas Gesang, um den Geist in Ruhe zu versetzen. Sie sehen, ich glaube an Selbsthilfe, an die Initiative des einzelnen, an die Liebe zu dem, was man tut, und an die freie Entfaltung jedes Individuums. Ich bin immer wieder enttäuscht, wenn ich sehe, wie wenig wir von uns und der Welt um uns her erwarten.«
    Sie sah zum Fotografen, der unruhig in seinem Sessel hin und her rutschte. Zweimal öffnete und schloß er den Mund; fast hätte er etwas gesagt. Redete sie etwa mit ihm? Erwartete er auch zu wenig von sich? Doch Eva fuhr fort: »Wir müssen zu unserer eigenen Stärke finden. Sehen Sie sich doch die Leute an, die in diesen elenden Hochhaussiedlungen leben. Sie erwarten, daß andere - die Regierung zum Beispiel - etwas für sie tun. Sie sind nur halb menschlich, weil sie nur mit halber Kraft aktiv sind. Wir müssen für sie einen Weg finden, der ihnen zeigt, wie sie wachsen können. Die Entfaltung des einzelnen Menschen haben sich weder die Sozialisten noch die Konservativen auf die Fahne geschrieben.«
    Die Journalistin nickte Eva zu, und Eva lächelte zurück. Aber Eva hatte noch nicht das letzte Wort gesprochen: neue Gedanken flogen ihr zu. So wie jetzt, mit einer solchen Klarheit, hatte sie noch nie geredet. Das Tonband lief. Der Fotograf lehnte sich vor und flüsterte der Journalistin etwas ins Ohr. »Vergiß nicht, sie nach Hero zu fragen«, hörte ich ihn wispern.
    »Dazu kein Kommentar«, sagte Eva. Sie wollte sich nicht unterbrechen lassen. Die alberne Frage irritierte sie nicht einmal: Sie wollte nur ihr Thema weiterfuhren. Ihre Gedanken schienen sie selbst zu überraschen. »Ich glaube, ich -« begann sie.
    Als Eva den Mund öffnete, erhob sich die Journalistin und drehte sich zu Dad um, ohne weiter auf Eva zu achten. »Man hat Ihnen ein Kompliment gemacht, Sir. Möchten Sie etwas dazu sagen? Bedeutet Ihnen diese Philosophie auch etwas?«
    Mir gefiel es, wenn Eva den Ton angab. Schließlich spielte Dad oft genug den kleinen aufgeblasenen Haus-und-Hof-Tyrannen, und er hatte mich als Kind so oft gedemütigt, daß ihm diese Erfahrung zur Abwechslung einmal ganz gut tat. Doch Dad war heute nicht in Hochform; er gab nicht einmal an. Er sprach langsam und blickte der Journalistin dabei starr in die Augen.
    »Die meiste Zeit meines Lebens habe ich im Westen verbracht, und ich werde hier auch sterben, doch in all meinen Zielen und Absichten bleibe ich ein Inder. Ich werde nie etwas anderes sein. Als ich jung war, da hielt ich den Engländer für ein Geschöpf, das uns Indern überlegen ist.« »Ehrlich?« sagte die Journalistin und freute sich ein bißchen.
    »Ja, wirklich«, sagte Dad. »Und wir lachten ihm dafür in sein weißes Gesicht. Doch wir begriffen, daß er Großes geleistet hatte. Diese Gesellschaft, die ihr euch hier im Westen aufgebaut habt, ist die reichste Gesellschaft, die es in der Geschichte der Welt je gegeben hat. Das Geld fließt in Strömen, und es gibt Schüsseln nur zum Geschirrspülen. Ihr beherrscht die Natur und die dritte Welt. Ihr beherrscht so vieles. Auch die Wissenschaft ist weit fortgeschritten. Ihr habt sogar die Bomben, die ihr braucht, um euch sicher zu fühlen. Und trotzdem fehlt etwas.«
    »Tatsächlich?« fragte die Journalistin und freute sich deutlich weniger. »Erzählen Sie uns doch bitte, was uns Ihrer Meinung nach fehlt.«
    »Sehen Sie, Miss, die Kultur hat sich in all diesen Jahren nicht vertieft, es hat keinen Zuwachs an Weisheit, keine Vermehrung des Geistes gegeben. Wir haben einen Körper und einen Intellekt. Das wissen wir, daran ist nicht zu rütteln. Aber wir haben auch eine Seele.«
    Der Fotograf schnaubte verächtlich. Die Journalistin machte ihm ein Zeichen, zu schweigen, doch er sagte: »Was auch immer Sie damit meinen.«
    »Was auch immer ich damit meine«, sagte Dad, und seine Augen funkelten ihn böse an.
    Die Journalistin sah zum Fotografen. Es war kein vorwurfsvoller Blick; sie wollte bloß jetzt gehen. Von diesem Thema würde sowieso nichts in dem Artikel erwähnt werden, und sie vergeudeten ihre Zeit.
    »Was bringt es denn, überhaupt von Seele zu reden?« fragte der Fotograf.
    Dad setzte seine Rede fort. »Dieser Mangel, dieses große Nichts in eurer Lebensart überwältigt mich, doch letzten Endes wird es euch überwältigen.«
    Danach sagte er kein Wort mehr. Eva und ich sahen ihn an, aber Dad schwieg. Die Journalistin schaltete das Tonband ab und verstaute die Bänder in ihrer Tasche. Sie sagte: »Ein

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