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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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schüttelte den Kopf. »Es wird dir nicht gefallen, das kann ich dir jetzt schon sagen.«
     

Kapitel achtzehn

    Also flog ich auf Charlies Kosten, mit einem Gramm Koks als Abschiedsgeschenk und seiner Warnung im Kopf zurück nach London. Ich war froh, mich endlich dazu entschlossen zu haben: Ich vermißte meine Eltern und Eva. Wir hatten zwar miteinander telefoniert, aber ich wollte endlich wieder mal ihre Gesichter sehen, mal wieder mit Dad streiten. Eva hatte angedeutet, daß große Ereignisse bevorstünden. »Was denn?« bestürmte ich sie. »Ich erzähls dir erst, wenn du hier bist«, lockte sie. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach.
    Auf dem Flug nach England bekam ich fürchterliche Zahnschmerzen, und so besorgte ich mir gleich an meinem ersten Tag in London einen Termin beim Zahnarzt. Ich lief durch Chelsea, glücklich, wieder in London zu sein, und erleichtert, meinen Blick wieder auf etwas Altem ruhen lassen zu können. Die Gegend um Cheyne Walk war einfach wunderschön: lauter kleine Häuser mit blauen Kacheln an den Wänden und blumenüberwucherten Vorgärten. Es war fantastisch, jedenfalls solange man sich nicht die Stimmen der Leute anhören mußte, die dort wohnten.
    Als die Zahnarztgehilfin mich in die Praxis führte und ich dem Zahnarzt zunickte, fragte er sie mit südafrikanischem Akzent: »Spricht er Englisch?«
    »Ein bißchen«, antwortete ich.
    Ich ging durch die City von London und sah, daß die Stadt total umgekrempelt wurde: Verfallenes wurde durch Neues ersetzt, und das Neue war häßlich. Irgendwie war die Gabe, etwas Schönes hervorbringen zu können, verlorengegangen. Sogar die Menschen waren häßlich. Die Londoner schienen sich gegenseitig nicht ausstehen zu können.
    Ich traf Terry auf einen Drink zwischen seinen Proben zu neuen Episoden der Wachtmeister-Monty-Serie. Vor lauter Streiks, Demonstrationen und Polit-Treffs hatte er kaum Zeit für mich. Und wenn wir uns trafen, dann diskutierten wir über die politische Situation.
    »Du hast ja wahrscheinlich auch schon gemerkt, Karim, daß es mit England zu Ende geht. Es fallt einfach in sich zusammen. Der landesweite Widerstand bringt endgültig alles zum Erliegen. Gestern abend hat die Regierung eine Abstimmungsniederlage erlitten. Man wird Wahlen einberufen müssen. Die Hühner flüchten zurück in den Stall, um zu krepieren. Entweder sind wir jetzt dran, oder die Rechte wird siegen.«
    Terry hatte von den letzten zwanzig Krisen vierzig vorhergesagt, doch das zerstrittene und zersplitterte Land war wirklich in Aufruhr: Man streikte, demonstrierte, stellte Lohnforderungen. »Wir müssen die Macht ergreifen«, sagte er. »Das Volk will eine starke Hand und eine neue Führung.« Er glaubte, die Revolution stünde unmittelbar bevor und dachte an nichts anderes mehr.
    Am nächsten Morgen sprach ich mit den Produzenten und Casting-Leuten der Seifenoper, in der man mir eventuell eine Rolle geben wollte. Dazu mußte ich in das Büro kommen, das die Produktionsleitung extra für eine Woche in Soho gemietet hatte. Aber ich hatte gar keine Lust, mit ihnen zu reden, obwohl ich extra deswegen von den Staaten hierher geflogen war. Pyke hatte viel von seiner Kunst oder seinem Handwerk gehalten - nie hatte er irgendwelchen Schund in seinen Stücken zugelassen; sein ganzes Leben lang hatte er bei seiner Arbeit Wert auf Qualität gelegt. Aber bei denen wußte ich nach nur fünf Minuten, daß es uninteressante, eingebildete Typen waren, die da in ihren langweiligen Pullovern vor mir saßen. Sie taten so, als wollten sie ein Stück von Sophokles inszenieren. Dann baten sie mich, mit einigen anderen Gelegenheitsschauspielern, die bereits zum Ensemble gehörten, im Büro herumzulaufen und eine Szene in einem Fish-n’-Chip-Laden zu improvisieren - wir sollten uns um einen Fisch streiten, wobei dann jemandem kochendes Fett über den Arm gegossen wurde. Sie waren langweilig, diese Typen, und wenn ich den Job bekäme, würde ich monatelang mit ihnen Zusammenarbeiten müssen.
    Endlich konnte ich mich aus dem Staub machen. Ich ging zurück zu Fischs Wohnung, die er mir zeitweilig überlassen hatte, eine unpersönliche, aber ganz komfortable Bleibe, die mich an ein Hotelzimmer erinnerte. Ich saß da, fragte mich, ob ich meine Sachen packen und auf immer nach New York ziehen sollte, um für Charlie zu arbeiten, als das Telefon klingelte. Meine Agentin sagte: »Gute Nachrichten. Sie haben angerufen. Du hast die Rolle.«
    »Ausgezeichnet«, sagte ich.
    »Das

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