Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
Vom Netzwerk:
ist ganz in Ordnung«, erzählte ich Jamila. »Er mag Bücher und scheint nicht gerade zu den Typen gehören, die an überstarkem Sexualdrang leiden.« »Woher willst du das wissen, Klugscheißer? Warum heiratest du ihn dann nicht? Schließlich magst du ja Männer.« »Weil du ihn heiraten willst.«
    »Ich will gar nichts, nur mein Leben in Frieden leben.« »Du hast deine Wahl getroffen, Jammie.«
    Sie war wütend auf mich.
    »Ach, zur Hölle mit dir! Was auch geschieht, auf deine Unterstützung und Anteilnahme kann ich mich wahrlich immer verlassen.«
    Gott sei Dank, dachte ich, als Dad in genau diesem Augenblick auftauchte. Er war direkt von der Arbeit zur Party gefahren und trug seinen besten Burton-Maßanzug, eine gelbe Weste mit Taschenuhr an einer Kette (ein Geschenk von Mum) und einen blau-rosa gestreiften Schlips mit einem Knoten, so groß wie ein Stück Seife. Er sah aus wie ein Wellensittich. Weil er davon überzeugt war, daß er damit einer beginnenden Glatze Einhalt gebieten könne, schmierte sich Dad gerne Olivenöl ins Haar, das dementsprechend glänzte. Wenn man ihm allerdings zu nahe kam, war man versucht, nach der Quelle ebendieses gewissen Duftes Ausschau zu halten - stand in unmittelbarer Nähe vielleicht ein reichlich mit Öl getränkter Salat? Seit einiger Zeit versuchte er den Geruch mit seinem bevorzugten Rasierwasser, Rampage, zu überdecken. Dad war so dick wie nie zuvor. Er begann langsam einem kleinen, schweinchenhaften Buddha zu ähneln, aber verglichen mit den übrigen Gästen im Zimmer war er das Leben selbst, übermütig, respektlos und dauernd zum Lachen aufgelegt. Im Vergleich zu ihm war Anwar ein alter Mann geworden. Außerdem war Dad heute großzügig; er erinnerte mich an einen aalglatten Politiker, der einen etwas heruntergekommenen Wahlbezirk besucht, lächelt, Babys küßt und wohlwollend Hände schüttelt - und verschwindet, sobald es der Anstand erlaubt.
    Helen sagte mehrmals: »Bring mich fort von hier, Karim«, und fiel mir damit so auf die Nerven, daß Dad und ich sie schließlich die Treppe hinunter begleiteten.
    »Was ist los?« fragte ich Helen. »Was geht dir so gegen den Strich?«
    »Einer von Anwars Verwandten benimmt sich reichlich seltsam«, sagte sie.
    Offenbar war dieser Mann jedesmal, wenn sie in seine Nähe kam, zusammengeschreckt, hatte sie fortgescheucht und gemurmelt: »Schweinefleisch, Schweinefleisch, geschlechtskrank, geschlechtskrank, weiße Frau, weiße Frau.« Außerdem ärgerte sie sich über Jamila, weil sie Changez geheiratet hatte, bei dessen Anblick ihr übel wurde. Ich sagte ihr, sie solle doch nach San Francisco gehen.
    Unten führte Anwar Changez durch den Laden. Während Anwar erklärte und auf Dosen, Kisten, Flaschen und Bürsten zeigte, nickte Changez wie ein begabter, aber frecher Schuljunge, der sich dem eifrigen Museumsführer zuliebe anständig benimmt, von dem Gesagten aber kein Wort behält. Changez schien nicht dazu bereit., die Leitung von Kaufhaus Paradies zu übernehmen. Als er sah, daß ich gehen wollte, lief er zu mir herüber und nahm meine Hand.
    »Denk an die Buchläden, die Buchläden!«
    Er schwitzte, und die Art, wie er sich an mich klammerte, sagte mir, daß er nicht allein gelassen werden wollte.
    »Und bitte«, sagte er, »nenn mich bei meinem Spitznamen - Blase.«
    »Blase?«
    »Blase, ja. Und deiner?«
    »Milchgesicht.«
    »Auf Wiedersehn, Milchgesicht.«
    »Auf Wiedersehn, Blase.«
    Draußen ließ Helen den Rover aufheulen und das Radio laufen. Ich hörte meine Lieblingsstelle aus »Abbey Road«: »Soon well be away from here, step on the gas and wipe that tear away.« Überrascht stellte ich fest, daß auch Evas Wagen vor der Bibliothek parkte. Und Dad hielt die Tür auf. Er war heute in lebhafter Stimmung, aber auch reizbarer und gebieterischer, als ich ihn seit Ewigkeiten erlebt hatte, in denen er eher düster und trübsinnig gewesen war. Fast schien es so, als sei er sich über etwas klar geworden, ohne sich aber sicher zu sein, daß er auch das Richtige tat. Statt also entspannt und zufrieden zu sein, war er nervöser und intoleranter als je zuvor.
    »Steig ein«, sagte er und zeigte auf den Rücksitz von Evas Wagen.
    »Warum? Wo fahren wir hin?«
    »Steig erst mal ein. Bin ich vielleicht nicht dein Dad? Habe ich nicht immer auf dich aufgepaßt?«
    »Nein. Und es kommt mir so vor, als würde ich gekidnappt. Ich habe Helen versprochen, heute abend mit ihr zusammen etwas zu machen.«
    »Aber willst du denn Eva

Weitere Kostenlose Bücher