Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
Vom Netzwerk:
sich einen Weg zwischen den stehenden Fahrzeugen hindurch, schabt halbherzig mit einem kaputten Wischer an den Scheiben herum und streckt dann die Hand aus. Als ich das Fenster herunterkurble, um ihm zehn Baht zu geben, dringt heiße, giftige Luft herein, und der Fahrer beginnt zu murren. »Es nützt dem Karma nichts, wenn man Bengeln wie ihm was gibt«, erklärt er. »Besorgen Sie sich lieber den richtigen Talisman. Wie können Sie bloß ohne Schutz herumlaufen?«
    Lek bedenkt mich mit einem selbstzufriedenen Nicken. Er verlässt das Haus nie ohne die in gelben Yantra-Stoff gewickelten schamanischen Pflanzenwurzeln, die an einer Schnur um seinen Hals baumeln. Er rügt mich oft, weil ich versuche, die Realität schutz- und ahnungslos zu ertragen wie ein farang.
    Von der Asok nach rechts in die Sukhumvit abzubiegen, kann sich ohne pop pong als schwierig erweisen. Unser Schamane nimmt die Kurve praktisch auf zwei Rädern, schrammt beinahe einen überfüllten Bus, zwingt einen Motorradfahrer zu einem abrupten Ausweichmanöver und den Bus zu einer Vollbremsung. Dann brausen wir allen voran am Grand Britannia vorbei. »Erstaunlich«, meint Lek mit einem ehrfurchtsvollen Blick in Richtung Wagendecke.
     
    Ich bin angenehm überrascht, als der Wachmann in Bakers Haus mir sagt, dass der Amerikaner noch hier wohnt und sogar daheim ist. Daraufhin gebe ich dem Mann (Uniform in Hell- und Dunkelblau, Handschellen, Schlagstock; er spielte gerade an einem Behelfstisch gegen einen Kollegen Dame, als ich ihn störte) zweihundert Baht und erfahre auf dem Weg zu Bakers Tür die meisten Dinge über dessen Leben: Er arbeitet zu Hause, bringt jeden Freitag- und Samstagabend eine junge Frau mit, manchmal dieselbe, spricht ziemlich gut Thai, besucht eins der örtlichen Fitnessstudios, hat zwar nicht viel Geld, zahlt die Miete aber meist pünktlich, trinkt kaum etwas, gönnt sich jedoch ab und an Ganja, verdient sich mit Fotografieren ein offenbar nicht allzu üppiges Zubrot, scheint niemals nach Amerika zu fahren, verbringt seine Urlaube lieber in Kambodscha. Als er vor drei Jahren hierherzog, war er ziemlich streitsüchtig, doch inzwischen hat er sich an die hiesigen Gepflogenheiten angepasst und gibt sich ruhig und respektvoll.
    Ich weiß nicht so recht, wie ich klopfen soll. Zu laut, dann kommt vielleicht das Thai-Cop-Syndrom zum Ausbruch, und ihm fallen alle Horrorgeschichten über unsere Gesetzeshüter ein, die er je gehört hat. Zu leise, und er wird am Ende unverschämt. Ich entscheide mich für den Mittelweg, der ihn mit einer knielangen Outdoorhose und nacktem Oberkörper an die Tür lockt.
    Er ist siebenunddreißig, hat schütteres, an der Brust grau werdendes Haar, einen Gewichtheberkörper, keine Tätowierungen. Sein Gesicht bekommt einen kummervollen Ausdruck, als ich ihm meine Polizeimarke hinstrecke. Englischlehrer gelten in unserem Land nicht viel mehr als Rucksacktouristen; wir halten sie für arm und leicht abschiebbar, und so rechnen sie mit dem schlimmsten, wenn ein Cop an ihrer Tür klopft.
    »Ich möchte Ihnen ein paar Fragen über Ihre Exfrau stellen, Mr. Baker.«
    Er begrüßt mich mit grimmiger Miene. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er nicht überrascht genug reagiert. Ich sehe Lek fragend an. Lek bedient sich seiner weiblichen Intuition oder zumindest des durchdringend-taxierenden Blicks, der damit einhergeht, und schüttelt mit geschürzten Lippen den Kopf.
    Die Wohnung ist nach dem gleichen langweiligen Muster wie überall geschnitten. Immerhin nennt er ein Fenster und eine Toilette sein eigen, was ihn in der Hierarchie der Betonhöhlen zwei Stufen über das Minimum stellt. Auch anderes deutet darauf hin, dass er sich nicht gänzlich mit einer Nicht-Existenz abgefunden hat: ein aufgeklappter Laptop auf einem Stuhl, ein kitschiges Poster von einem oben ohne an einem Fluss sitzenden Thai-Mädchen, ein Plakat von Angkor Wat sowie einige Bücher. In der globalen Pyramide gehört er der Kategorie »Nicht viel vorzuweisen« an. Sie sind mir schon lange ein Rätsel, diese farang- Männer , die hierher kommen, um das Leben eines Niemand zu führen, als wäre ihnen selbst diese Rolle in der Utopie ihres Heimatlandes zu anstrengend. Nun starren Lek und ich Baker an, der auf seine Armbanduhr sieht, vermutlich eine nachgemachte Rolex. (Der Minutenzeiger bewegt sich sprunghaft, nicht glatt wie bei der echten; für manche Touristen ist das das Einzige, was sie während ihres Zwischenstopps in Bangkok

Weitere Kostenlose Bücher