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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Punkt.«
    Ich sehe Lek an, um festzustellen, ob er genauso fasziniert ist wie ich. Ich glaube schon. Eine Psyche im Prozess der Auflösung flüchtet sich oft in unterschiedliche Posen. Zu welcher sollen wir ihn jetzt provozieren?
    »Mr. Baker, lassen Sie mich offen sein: Ich habe die nationale thailändische Datenbank überprüft und mich ans FBI gewandt«, sage ich lächelnd.
    Diese Information bringt wieder einen neuen Baker zum Vorschein. Er bedenkt mich mit einem süffisanten Grinsen. »Ans FBI? Und das hat Ihnen von ihrer kleinen Mauschelei erzählt?«
    »Nur vom illegalen Teil. Die Einzelheiten würde ich gern noch erfahren.«
    Das süffisante Grinsen gräbt sich ein; offenbar soll es Trotz und Stolz ausdrücken. »Tja, ich hab also sechs Monate im Knast verbracht, wegen Zuhälterei, und sie wurde abgeschoben. So war das bei der Heirat nicht geplant.« Er sieht zu dem Poster mit dem halbnackten Thai-Mädchen am Fluss hinüber. »Ich war immer noch in der verblendeten, pubertierenden Phase, als sie zu mir in die Staaten kam. Nach kaum einem Monat blieb sie samstags fast die ganze Nacht weg. Ich hab bei der Polizei angerufen, weil ich dachte, sie ist vergewaltigt oder ermordet worden oder unter ein Auto gekommen, der ganze Scheiß, den sich ein verliebter Trottel eben zusammenspinnt. So gegen vier in der Früh marschiert sie dann mit einem breiten Grinsen rein und blättert mehr als tausend Dollar auf den Küchentisch.«
    Begleitet wird die letzte Äußerung von einer Art Keuchen, das in wiederholtem Luftschnappen endet. »Das Geld war ihr längst nicht so wichtig wie die Macht, das Gefühl, in einem fremden Land um sieben Uhr abends auf die Straße gehen und ein paar Stunden später mehr als tausend Dollar reicher zurückkommen zu können. Das hat sie viel mehr angemacht als ich.«
    Er schweigt eine Weile, um sich zu sammeln. »Sie hat mir die Hälfte von dem Geld hingeschmissen und mir erklärt, wie’s weitergeht. Die Seite von ihr kannte ich bis dahin noch nicht; ich fand sie erschreckend. Zwei Tage lang hab ich geheult wie ein Schlosshund, aber das hat sie nicht gerührt – für sie war das nichts Neues. In ihrer Gegenwart hatten sich schon ganz andere Männer die Augen ausgeweint. Nicht mal mit Prügeln konnte ich ihr drohen; sie hatte ja keine Angst. Und rausschmeißen war auch nicht, weil ich mir dann die nächsten paar Monate das Gehirn darüber zermartert hätte, was sie jetzt wieder anstellt.«
    Er kratzt sich an der Brust, holt ein paar Mal tief Luft. »Als ich mit der Heulerei fertig war, hat sie mir von ihrer Kindheit erzählt, und zwar auf eine Art und Weise, wie Thais normalerweise nur untereinander reden. Irgendwann hab ich angefangen, die Welt mit ihren Augen zu sehen, und begriffen, wie es sein muss, aufzuwachsen wie sie. Im Westen sind unsere Probleme heutzutage alle gesellschaftlicher oder psychologischer Natur. Aber mal angenommen, man ist auf völlig andere Weise programmiert, angenommen, die eigene Existenz steht auf dem Spiel, und es gibt keinen Ausweg, wirklich keinen. So lautete ihre Botschaft. Es war ihr scheißegal, wenn sie in den Staaten jede Menge Kohle machen konnte, denn das änderte nichts an der Tatsache, dass alle, die sie kannte und liebte, in der Falle saßen und Hunger hatten.« Mit einer Handbewegung fügt er hinzu: »So hat sie es damals ausgedrückt. – Und zugegeben, dass sie zum Arbeiten nach Amerika gekommen war, nicht der Liebe wegen. Sie habe eine Familie, um die sie sich kümmern müsse, hat sie gesagt, genauer ausgedrückt, einen kleinen Bruder. Soweit ich weiß, war ihr sonst niemand wichtig.«
    Langes, nur durch Seufzer unterbrochenes Schweigen. »Anfangs hab ich das Spiel noch mitgemacht, damit sie mich nicht verlässt.«
    »Sie sind also ihr Zuhälter geworden?«
    »In den Augen des Gesetzes schon, obwohl die Realität anders aussah: Die Frau brauchte keinen Zuhälter, sondern mein Haus als Basis und mich für die Verwaltung.« Wieder Schweigen, während er mit etwas herumspielt. »Später dann musste ich vom Kleiderschrank aus mit der Videokamera filmen, wie sie’s mit dem Freier trieb.« Nun sieht er mir tief in die Augen. »Schon nach sechs Wochen hatte sie für jeden Tag einen vollen Terminkalender, von mittags bis ungefähr zwei Uhr früh. Wenn sich ein aufregendes neues Spiel auftut, spricht sich das schnell rum in ’ner amerikanischen Kleinstadt. Die lokalen Größen sind Schlange gestanden. Leute, die sonst nur in Limousinen mit Chauffeur

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