Der buddhistische Mönch
In den Staaten ist das Leben für Prostituierte auch nicht die reine Freude.«
»Noch was?«
»Ich bleib dran. Irgendwie kommt mir der Fall bekannt vor. Ich glaube, er ging damals durch die Presse, weil auch ein paar Leute aus der Stadtverwaltung verwickelt waren.«
Mrs. Damrong Baker: Die Disharmonie des Namens verrät alles. Ich muss noch fünfmal bei der Einwanderungsbehörde anrufen, bis die Typen dort ihren Arsch hochkriegen und Dan Bakers Passnummer in ihrer Datenbank abfragen. Endlich klingelt mein Telefon.
»Er ist hier in Bangkok.«
»Als Tourist?«
»Nein. Er hat eine Arbeitserlaubnis als Englischlehrer sowie eine jährlich erneuerbare Aufenthaltsgenehmigung und muss sich alle drei Monate zur Bestätigung seiner Adresse melden.«
»Und die wäre?«
»Sukhumvit Soi 26.«
Ich rufe meinen Assistenten Lek an. Während ich auf ihn warte, trete ich ans Fenster, um hinunterzuschauen. Der junge Mönch, ich nenne ihn mittlerweile den »Internetmönch«, überquert die Straße in Richtung Café. Als ich seine leuchtend safranfarbene Robe darin verschwinden sehe, taucht Lek auf. Wir nehmen ein Taxi. »Ich möchte herausfinden, ob er lügt oder ehrlich ist«, sage ich. »Beobachte ihn bei seinen Antworten.«
Alle Bangkoker Taxifahrer stehen mit dem Geisterreich im Bunde, aber dieser hier hat die Meisterschaft erreicht. Girlanden zu Ehren der Reisegöttin Mae Yanang hängen mit einem ganzen Bündel Amuletten am Rückspiegel und verdecken den mittleren Teil der Außenwelt. Vielleicht sollte ich erklären, dass es zwei Methoden gibt, dem Tod auf unseren Straßen zu entkommen : pop pong und pop gun. Zu pop gun gehören die langweiligen Sachen wie Sicherheitsgurt und Beachtung der Tempovorgaben; wir Thais halten im Allgemeinen jedoch mehr von pop pong, bei dem es um den heiligen Schutz der Geister geht. Richtig angewandt, schützt pop pong nicht nur das eigene Leben, sondern straft auch diejenigen hart, die es bedrohen. Der Fahrer erzählt gerade von einem Rowdy, der ihn in der vergangenen Woche schnitt und fünf Minuten später von einem Zementlaster platt gewalzt wurde. »Was für eine Sauerei«, sagt er mit einem schadenfrohen Zwinkern und deutet nach oben.
»Tot?«, fragt Lek fasziniert.
»Klar.«
»Hatte er denn keinen Talisman?«
»Doch, sogar ein salika unter der Haut. Ist das zu fassen?«
»Und er ist trotzdem gestorben?«
Unser Fahrer deutet noch einmal himmelwärts. »Unfälle passieren nicht einfach. Ihr Ursprung liegt in der Vergangenheit.« Er führt mit dem Daumen eine Bewegung nach hinten aus, um das Konzept »Vergangenheit« zu illustrieren. » Garn « , sagt er, Karma.
Lek und ich blicken nach oben, zu einer Art astrologischem Schaubild an der Wagendecke, das offenbar das Glück beschwören sowie Schutz vor Krankheiten und der Verkehrspolizei bieten soll. Es handelt sich nicht um Thai-Schrift, sondern um khom, eine alte Form des Khmer, wie sie noch in Angkor Wat zu finden ist. »Verwenden Sie ein moor du? « , erkundigt sich Lek.
»Klar, ein Khmer -moordu. Was wissen die Thai-Seher schon? Am Ende kommt alle Magie von den Khmer.« Er dreht sich halb auf dem Sitz um, damit er Lek besser sehen kann. »Ich hab nach dem Tsunami damit angefangen. Davor war ich in dieser Hinsicht eher choi choi. «
»Wegen den Geistern?«
»Ja. Den Leuten ist nicht klar, dass die meisten Thais, die dabei umkamen, gar nicht aus Phuket stammten, sondern aus Krung Thep und dem Norden. Natürlich wollten auch alle farang- Geisternach Hause, also versammelten sich sämtliche Toten hier, um mit Flugzeug oder Bus zurück nach Isaan zu reisen. Mein Partner sagt, es war schrecklich. Einmal nahm er vier oder fünf Fahrgäste zum Don-Muang-Flughafen auf, und als er kassieren wollte, waren sie verschwunden. Am schlimmsten trieben sie’s allerdings in der Nacht; wenn er am Ende der Fahrt das Licht einschaltete, waren sie völlig verwest, die Augen hingen ihnen aus den Höhlen. Und dann gab’s da noch die farangs, die keine Ahnung hatten, dass sie tot waren, und laut jammernd nach ihren Lieben suchten. Schlimm. In solchen Situationen braucht man einfach professionelle Hilfe.«
Lek nickt ernst. Ich weiß nicht, ob ich mit dieser Seite der katoy- Seeleetwas anfangen kann, also schaue ich hinaus auf die Straße, wo sich ein geringer Anteil Luft mit Kohlenmonoxyd mischt. Wie üblich stecken wir an der Kreuzung Asok-Sukhumvit im Stau. Ein etwa Zehnjähriger mit schmutzigem Gesicht und übertriebener Leidensmiene sucht
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