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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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eine Rolle, und bei beidem sind Ihnen Grenzen gesetzt. Das würde ich zur gegebenen Zeit berücksichtigen. Wahrscheinlich könnte ich dafür sorgen, dass Sie nicht mehr als fünf Jahre absitzen müssten, und zwar an einem Ort, den Sie überleben. Mit ein bisschen Glück würde es Ihnen sogar gelingen, um Vergewaltigung, HIV und Tuberkulose herumzukommen.«
    Plötzlich wirkt Baker verächtlich. »Sie wissen nicht, was Sie verlangen. Ich betrachte dieses Gespräch als beendet.«
    Er wendet sich ab, sodass ich seinen Kopf wieder zu mir drehen muss. »War er hier?« Als Baker mich verständnislos ansieht, füge ich hinzu: »Natürlich hatten Sie ihn nicht erwartet, obwohl ich das seltsam finde. Sie verkehren fast schon freundschaftlich mit einem Briten namens Tom, der sich zu sehr wie ein Anwalt kleidet, um nicht wirklich einer zu sein, und Sie genauso gern besucht wie ich, und zwar immer nach mir. Das kann nur daran liegen, dass er Sie entweder beobachten lässt, oder dass Sie ihn jedes Mal zurate ziehen, wenn irgendein Vertreter des Gesetzes an Ihre Tür klopft. Und in Ihrer privaten Filmsammlung spielt er auch eine nicht unerhebliche Rolle. Er scheint sich mehr als nur laienhaft für die altehrwürdige Kunst der Pornographie zu interessieren und bekommt bei den Proben einen Platz in der ersten Reihe.« Baker bedenkt mich mit einem stummen, wütenden Blick. »Aber wenn Sie tatsächlich in der Bredouille sind, rührt er keinen Finger.« Ich mustere ihn nachdenklich.
    Er verschränkt zitternd die Arme. »Verschwinden Sie.«
    »Ah! Wer den Skorpion kennt, hat keine Angst vor der Kröte, stimmt’s?« Sein Gesicht nimmt einen aggressiven Ausdruck an. »Das sagten die Tibeter, als die Briten die Chinesen als Besatzer ablösten. Inzwischen haben sie wieder den Skorpion. Man nennt das Fortschritt. Soweit ich das beurteilen kann, befinden Sie sich in einer ganz ähnlichen Lage: lieber eine Kröte wie mich als einen Skorpion wie Tom den Briten, Tom den Anwalt, Tom den Yuppie – oder Tom den Vollstrecker?«
    Er glaubt, dass ich ihm in die Augen sehen möchte, doch ich drehe sein Gesicht in die andere Richtung, zur Zellentür hin. »Ich verurteile Sie zur Freiheit, Dan. Wenn Sie hier bleiben wollen, sollten Sie sich ein paar ernsthafte Antworten zurechtlegen.«
    Er schüttelt verzweifelt den Kopf. »Wärter«, rufe ich, »schmeißen Sie den Penner hier raus.«
    »Sie bringen mich um«, kreischt Baker.
    »Ich weiß. Und so erwischen wir sie.«
    »Ich entkomme ihnen wieder.«
    »Das bezweifle ich. Alle südostasiatischen Grenzübergänge haben Ihr Passfoto – und erinnern Sie sich: Ihr letzter Versuch, in die Freiheit zu gelangen, war, gelinde gesagt, nicht sonderlich erfolgreich. Aber probieren Sie’s ruhig wieder. Vielleicht lasse ich dem Vollstrecker das nächste Mal den Vortritt.«

16
    Gerade bereite ich mich innerlich auf einen Besuch im Parthenon Club vor.
    Ich trage einen Zegna-Zweireiher mit vier Knöpfen, ein Leinenhemd von Givenchy, eine Hose aus Sommerschurwolle und – mein ganzer Stolz – Lackslipper von Baker Benjes. Diese nicht eben polizistentypische Ausstattung habe ich meinem Anteil an den Einnahmen des Old Man’s Club zu verdanken. Von meiner Haut erhebt sich der Duft eines aparten kleinen Russell-Simmons-Cologne. Ich bin ein bescheidener, zurückhaltender Buddhist, also können Sie mir durchaus glauben, wenn ich behaupte, dass ich verdammt sexy aussehe – und rieche. Die Thai-Gene verleihen mir einen leicht nervösen Ausdruck, mein farang- Erbe lässt mich zupackend wirken. Bin ich ein High-Tech-Freak oder eher ein Geisterjäger der Dritten Welt? Nun, das eine schließt das andere nicht aus.
    Die enge Soi, in der sich das Parthenon, ein riesiges Gebäude mit vier blendend weißen Stockwerken, Kitsch und Tand und leider auch einer ganzen Menge roter Lichter befindet, endet an einer Ziegelmauer. Zu den dorischen Säulen am Eingang mit der blutroten, messingbewehrten Doppeltür führt eine halbmondförmige Kiesauffahrt. An der Schwelle übermannt mich eine asiatische Identitätskrise.
    Einen Augenblick lang meine ich, mich im Paris des Monsieur Truffaut zu befinden, eines alten Schwerenöters, der die Dienste meiner Mutter ein paar Monate in Anspruch nahm, als ich noch ein Junge war. Er liebte das Maxim’s in der Rue Royale, an das mich die Lampen des Parthenon erinnern, obwohl diese hier fünfmal so groß sind wie die des Maxim’s und aus einer Fabrik stammen. Das sieht man daran, dass die gigantischen

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