Der buddhistische Mönch
seine Kanzlei, wo er alles für eine Videokonferenz vorbereitet habe. Es sei wegen der unterschiedlichen Zeitzonen dringlich, erklärt er mir.
Am Empfang der Kanzlei nehme ich eine Ausgabe von Fortune vom Beistelltischchen, tausche sie schon bald gegen eine von House and Garden, entscheide mich aber letztendlich für die International Herald Tribune. Es gibt auch ein paar thailändische Zeitungen, doch die sind alle nicht aktuell. Nach einer Weile begrüßt Smith mich mit einem freundlichen Händedruck. Dabei rutschen seine Manschetten mit den goldenen Knöpfen ein Stück zurück, sodass ein hübsches Elefantenhaararmband zum Vorschein kommt, das ich bis dahin nicht bemerkt hatte. Er registriert meinen Blick. »Das haben Sie gestern noch nicht getragen«, sage ich.
Er lächelt. »Stimmt. Sie sind wirklich ein guter Beobachter, Detective. Im Skytrain zur Asok ist ein junger Mönch mit mir zusammengestoßen. Als Entschuldigung hat er mir das Ding gegeben.« Er streckt mir sein Handgelenk hin. Ich frage ihn lieber nicht, wieso ein Mönch in einer Skytrain-Station Potenztalismane verteilt. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass ein Mann, der seine Erektionen so hoch schätzt wie Smith, sich sehr über ein solches Geschenk freut.
Er dirigiert mich ins Herz der Kanzlei, in einen fensterlosen Raum mit kleinem Konferenztisch, Computer und großem Flachbildmonitor. Smith schaltet das Ding ein und nimmt einen Telefonhörer in die Hand. »Ich habe eine Videokonferenz mit Mr. Gerry Yip angemeldet für … genau jetzt. Was, er ist schon dran? Mein Gott, wie lange haben Sie ihn warten lassen? Los geht’s.«
Kaum sitzen wir vor der digitalen Videokamera auf dem Konferenztisch, als auch schon das Bild eines kleinen, schmalen, etwa fünfzigjährigen Chinesen mit Bierbauch, der lediglich mit einer Badehose bekleidet ein wenig gelangweilt an einem Strand steht, auf dem Monitor auftaucht. Mit starkem australischen Akzent fragt er: »Bin ich nun auf Sendung, oder was? Ja? Warum sagt mir keiner was? Tommy, bist du dran, Kumpel?«
»Ja, ich bin wie besprochen hier, mit Mr. Sonchai Jitpleecheep, Mr. Yip.«
»Gut. Das Problem ist bloß, dass ich euch nicht sehen kann.« Er zieht die Badehose hoch. »Jetzt klappt’s. Hallo, Mr. Jitpleecheep, danke fürs Kommen.«
»Keine Ursache.«
»Okay. Hören Sie, ich hab nicht viel Zeit, weil ich mich noch auf ein Treffen mit dem verdammten Premierminister morgen früh vorbereiten muss, also gleich zur Sache: Ihr Produkt hat uns sehr beeindruckt, nicht wahr, Tommy?«
»Ja, ausgesprochen. Es ist Weltklasse.«
»Sie haben den Vertrag gesehen, Mr. Jitpleecheep. Was halten Sie davon?«
»Mein Colonel und ich hatten noch keine Zeit, ihn durchzugehen«, antworte ich.
»Ihr Colonel? Sie meinen den guten Vikorn, stimmt’s? Schade, dass er bei der Videokonferenz nicht dabei ist. Vielleicht hör ich mich an wie ein Scheißaustralier, aber ich bin Asiat, bis ins Mark; ich weiß, warum er heute nicht auftaucht. Ich hab mich über ihn erkundigt. Er ist ein schlaues Kerlchen; der würde sich nie selber ins Rampenlicht manövrieren. Deswegen schickt er Sie. Wenn ihm nicht passt, was Sie aushandeln, kann er alles zurücknehmen. Nein, nein, machen Sie sich nicht die Mühe zu widersprechen – das ist im asiatischen Sinne respektvoll und bewundernd gemeint. Es gefällt mir. Also dann, von Asiat zu Asiat – und das soll jetzt keine Geringschätzung von Tommys Arbeit sein, der sich echt den Arsch aufgerissen hat: Vergessen wir den Vertrag. Sie schicken uns den nächsten, genauso hochwertigen Teil des Produkts, und wir überweisen Ihnen das Geld auf eine von Ihnen gewählte Bank im Ausland. Wenn wir uns nicht an die Abmachung halten, stellen Sie einfach die weitere Lieferung ein; wenn Sie nicht liefern, kriegen Sie keine Kohle. Tauchen irgendwelche Probleme mit dem Produkt auf, geben wir Ihnen Gelegenheit, sie zu beseitigen, aber wenn Sie den Termin nicht halten, ist ’ne Strafe fällig. Wie viel pro Tag, Tommy?«
»Zehntausend US-Dollar«, antwortet Smith.
»Genau. Ist Ihnen das recht? Klar. Ihr Colonel hat sowieso nicht vor, irgendwelche Strafen zu zahlen, und ich komm in Thailand nicht an ihn ran, also wissen wir beide, woran wir sind.« Wieder zieht er die Badehose hoch. »Ich vertrete ein großes, weltweites Konsortium, nicht nur Hotelketten, sondern auch andere Interessenten in jedem zivilisierten Land der Erde, besonders die Medien. Was Folgendes bedeutet: Wenn Sie nicht ordnungsgemäß
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