Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
wohl auch nichts einzuwenden hätte. Also ob Pascal oder Sören, das ist für den Dreier sicherlich austauschbar.
Während der Arbeit schaue ich besonders oft zu Sören hinüber. Und der schaut auch besonders oft zurück. Er lächelt mir ständig zu. Also wenn der Kerl keinen Anzugfetisch hat, dann weiß ich echt nicht. Aber meine Gedanken finden immer wieder zu Marcos vermeintlichen Plänen zurück. Wie soll das bitte klappen? Sören, der verschlossene, absolut zurückhaltende Typ. Das würde mich wundern, wenn der da so leicht drauf anspringt. Immerhin hat er ja schon die beste Gelegenheit auf dem Herrenklo ungenutzt verstreichen lassen. Allerdings weiß man nie … Heute werde ich auf jeden Fall alles auf eine Karte setzen und zugreifen!
Arbeitsmäßig kann man diesen Tag voll vergessen. Toddy fragt ständig, wie weit ich denn bin. Der merkt natürlich was! Letztens hat er mir ja schon einen Kommentar geschickt, von wegen, dass man für manche erst mit den richtigen Klamotten sichtbar wird. Da wird er sich ja was denken, wenn ich ohne Grund plötzlich nicht casual zur Arbeit komme. Aber mir ist egal, was er sich zusammenreimt oder ob er Bescheid weiß. Marco weiß es auf jeden Fall und damit ist es wohl auch schnurz.
Zehn Minuten vor Pausenbeginn. Ich sperre meinen Computer und zögere noch etwas. Mein Plan sieht so aus, dass ich möglichst nicht aufdringlich bin. Ich frage nicht nach einem gemeinsamen Kaffee, ich laufe ihm nicht hinterher, diesmal bin ich derjenige, der pünktlich zu seiner Zeit aufsteht. Also los! Ich erhebe mich, ohne zu Sören hinüberzuschauen. Völlig normal alles. Ich nehme mein Jackett, ziehe es mir über, schaue demonstrativ auf die Uhr, so, als ob ich erst jetzt merken würde, dass die Pause gleich anfängt.
„Schon Pause?“, fragt Toddy.
„Hab was zu erledigen“, gebe ich zurück. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Sören noch immer sitzt. Na los! Worauf wartest du? Fast zweifle ich an meinem Plan.
„Also kommst du heute nicht mit essen?“ Toddy sieht einigermaßen enttäuscht aus.
„Nee, heute nicht.“
„Schade.“
Endlich steht Sören auf. Okay, zumindest der Anfang meiner Taktik scheint aufzugehen.
„Bis später dann“, verabschiede ich mich von Toddy und gehe. Ich achte natürlich darauf, nicht zu schnell zu sein, damit Sören mich einholen kann. Auch das funktioniert.
„Ist zwar ein bisschen früh, aber was soll’s“, sagt er beiläufig. Ich verkneife mir einen Kommentar dazu. Immerhin startet er seit unserem Ausflug in die Coffee Bar wohl immer absichtlich zu früh.
„Glücklicherweise nehmen die das ja hier eh nicht so genau.“
„Hast du gleich ein Meeting?“ Sörens Augen wandern über meinen Körper.
„Nee, die anderen Klamotten sind in der Wäsche“, lüge ich.
Er grinst. „Die Krawatte fetzt.“
Ich habe mich heute morgen für ein normales weißes Hemd zum dunklen Lila des Anzugs entschieden und aus Marcos Schrank einen grasgrünen Schlips entwendet.
„Danke.“
„Was musst du denn erledigen?“
„Toddy ist ganz schön neugierig, was?“, weiche ich aus. „Ich finde, der muss auch nicht alles wissen. Bis nachher dann.“ Wie beim letzten Mal biege ich vor den Aufzügen zu den Toiletten ab. Ich zwinge mich dazu, einfach weiterzugehen. Kein Kontrollblick! Sören ist doch der Mann der subtilen Signale. Wenn er nicht checkt, dass ich die Situation von letzter Woche nachspiele, muss ich meine Meinung über ihn wohl noch mal gründlich überdenken.
Ich öffne die Tür und betrete den Vorraum. Bevor ich die nächste Tür öffnen kann, bemerke ich den Schatten hinter mir. Jawohl! Ich verschwinde im Toilettenraum und stelle mich wie beim letzten Mal vor das Becken ganz rechts. Sörens Schritte gehen weiter. Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr, dass er sich ganz links hinstellt. Verdammt! Und dann riskiere ich einen Blick und stelle enttäuscht fest, dass es gar nicht Sören ist. Ein Typ mit beigefarbenem Anzug aus einer anderen Abteilung steht da. Immerhin muss ich mir bei dem keine Gedanken machen, dass ich einen Steifen bekomme.
Wieder geht die Tür und ich höre Schritte. Ein weiterer Kerl stellt sich neben mich. Ebenfalls beigefarbener Anzug – und groß. Mein Herz hüpft. Aber ich halte meinen Blick starr auf das Pissoir vor mir gerichtet.
Ganz links rauscht die Spülung. Angespannt warte ich, bis der Fremde weg ist und die Türen zugefallen sind. Dann riskiere ich einen Blick. Ich sehe Sörens Stange. Diesmal schaue
Weitere Kostenlose Bücher