Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Siegel des Verraters
Vom Netzwerk:
Das Grünzeug hatte
sich dem Anschein nach von Osten nach Westen ausgebreitet, und das große Mittelhaus war von Schlingpflanzen überwuchert und durch die großen, ausladenden Wurzeln
eines zweihundert Fuß hohen Zürgelbaums säuberlich von
seinem Fundament gehoben worden.
    Sturm lief schweigend mit blanker Klinge durch die Gäßchen und Seitenstraßen, während er über einen Umweg auf
Wielands Schmiede zusteuerte. Er überquerte den überwucherten Dorfplatz, drängte sich nach Westen durch ein
plötzlich aufschießendes Gewirr aus Wein- und Kürbisranken zum Ortsrand, wo – wenn ihn seine Erinnerung nicht
gänzlich täuschte – die Schmiede und der Stall liegen mußten. Seine Rüstung schepperte in den efeubewachsenen
Gassen, und seine Hoffnung wechselte sich mit Angst vor
Entdeckung ab.
    Die Straßen um Wielands Werkstatt waren still und leer.
Es war, als wäre dieser Teil des Dorfes verlassen oder als
hätten sich die Dorfbewohner ein Stündchen zurückgezogen, weil bei der Schmiede eine wichtige Privatangelegenheit auszutragen war. Obwohl die Dörfler fehlten, lagen
ihre Sachen herum: Messer, Halsreifen, Ahlen und Spindeln lagen kreuz und quer auf dem Dorfplatz, und mehr
als einmal trat Sturm auf zerbrochenes Geschirr, das unter
seinen Stiefeln zerbröselte wie die Außenskelette großer
Insekten. Ein Bronzespiegel, dessen Oberfläche grün angelaufen und matt war, lehnte völlig schief an einer Haustür.
Nicht weit davon lag ein goldener Schleier, dessen Rand
mit grünen Rosen bestickt war, seltsam unberührt zwischen all dem Wachstum und Verfall. Sturm ging in die
Knie und hob den Stoff auf, um ihn traurig ins Sonnenlicht
zu halten.
    Er warf ihn in die Luft. Der Stoff wiegte sich im leichten
Wind, blähte sich auf und blieb auf dem Fensterbrett eines
verlassenen Häuschens liegen. In diesem Augenblick ging
der Klang eines Hammers, der auf einen Amboß trifft,
durch das Dorf.
    Sturm rannte in wilder Hoffnung los. Wenn überhaupt
jemand hier, dann würde Wieland den Weg zu Jack Derry
wissen. Und Jack würde den Weg zu Vertumnus wissen.
    Die Stalltüren standen weit offen, doch in der warmen,
stickigen Dunkelheit wieherte und schnaubte ein Pferd.
Auch im Fenster der Schmiede waren Bewegung und Licht
zu sehen, und ein Mann ging in der Schmiede auf und ab
und sang dabei leise vor sich hin.
    Ohne zu zögern, lief Sturm zur Tür der Schmiede und
machte sie auf.
Vor ihm stand Vertumnus, der mit erwartungsvollem
Lächeln Hammer und Zange hielt.
Er legte sein Werkzeug hin und wischte sich mit einem
rauhen, festen Tuch die Hände ab, während Sturm auf der
Schwelle in der Hitze der Schmiede stand und sich zu erinnern versuchte.
Erstaunt ließ Sturm sein Schwert sinken. Plötzlich war es
fast greifbar. Die Träume und seine Wahl schienen irgendwie einen Sinn zu ergeben, obwohl Sturm sie noch immer
nur schwer hätte erklären können. Er wollte etwas sagen,
wollte Vertumnus mit hundert Fragen bestürmen, doch der
Herr der Wildnis blieb stehen und gebot mit erhobener
Hand Schweigen.
»Du siehst müde und abgekämpft aus«, stellte er fest,
»und ich wäre ein armseliger Gastgeber, wenn ich dir kein
Brot und nichts zu trinken anbieten würde.«
»Nein, danke. Ich meine, ja. Ja, Brot wäre gut. Und Wasser.«
Vertumnus verschwand mit der Schöpfkelle in der Hand
durch die Hintertür zum Brunnen. Sturm folgte ihm einfach, wobei er ungeschickterweise gegen den Amboß stieß.
»Ein grüner Junge bist du, Solamnier«, sagte der grüne
Mann gut gelaunt, der Sturm auf seinem Weg zum Vorratsschrank mit dem Brot streifte. »Grün und stur, obwohl
beides in diesem Fall zu deinem Besten war. Daß du so
grün bist, hat dich vor Bestechlichkeit und Kompromissen
bewahrt, und deine Sturheit hat dich hierhergeführt.«
»Sie hat mich scheitern lassen«, sagte Sturm verärgert,
»denn der erste Frühlingstag ist bereits vergangen. Ihr seid
mir entkommen, Vertumnus, und Ihr habt somit gewonnen!«
»Immer dieser Solamnier in dir, der über Formfragen
jammert«, erwiderte Vertumnus fröhlich. »Ich weiß noch,
daß ich gesagt habe, wenn du mich nicht zur rechten Zeit
triffst, ist deine Ehre für immer dahin.«
Sturm nickte wütend, setzte sich umständlich auf die
Bank in der Schmiede und nahm Brot und Schöpfkelle an.
»Daran ist nur diese Druidin schuld«, beharrte Sturm.
»Ragnell hat mich drei Tage eingesperrt und mich hinterher eine Woche schlafen lassen, sonst hätte ich Euch rechtzeitig

Weitere Kostenlose Bücher