Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath
hatte ein Lager hinter der Box von
Malefiz hinten im Leihstall. Wod sah sich leicht verunsichert um. Mußte er jetzt dem Halbelfen folgen? Nein. Caven hatte gesagt, er solle Kitiara bewachen, nicht Tanis,
und die hatte die »Sieben Zentauren« nicht verlassen. Der
Junge setzte sich wieder auf die Bank, zog Cavens Mantel
um die Schultern und wartete.»Großer Reorx in der
Schmiede!«
Auf seinem Weg über die Hauptstraße zum Markt von
Haven hörte Tanis einen von Flints Lieblings fl üchen, noch
ehe der Halbelf denjenigen sah, der den Schrei von sich
gegeben hatte. Die Stimme war zu hoch und zu nasal für
einen Zwerg. Damit blieb nur eine Möglichkeit. Die Händler und Verkäufer, die bereits unterwegs waren, machten
einen weiten Bogen um einen alten Stall, aus dem Laternenlicht drang. Tanis wartete. Bald gab es eine kleine Explosion, die niemanden zu überraschen schien, und eine
kleine, runde Gestalt kullerte Hals über Kopf durch die offene Tür, gefolgt von Zahnrädern und einer Menge Rauch.
»Hydrodynamik!« schrie die Gestalt noch im Rollen.
Keiner außer Tanis kam zu Hilfe. Statt dessen rannten
drei Bürger von Haven los, um das kleine Feuer zu löschen,
das an einer Ecke des Gebäudes aufflackerte. Tanis hockte
sich hin, wodurch er auf Augenhöhe mit der Gestalt kam,
und klopfte den Gnom ab. »Bist du verletzt?« fragte der
Halbelf freundlich. Der Gnom, der auf dem Sandstei n saß,
mit dem dieses Stück der Havenstraße gepflastert war,
blickte Tanis aus violetten Augen bekümmert an. Weiche,
weiße Haare, auf denen jetzt Asche lag, zierten Kopf, Kinn
und Oberlippe des Gnoms. Seine Haut war tiefbraun, die
Nase knubbelig – zweifellos infolge früherer Experimente –
und seine Ohren rund. Seine Kleidung bestand aus dem
typisch gnomischen Sammelsurium: Seidenpumphosen in
knalligem Pink, ein goldbraunes Leinenhemd, braune Lederstiefel und ein goldener Schal mit Silberfäden. »Bist du
verletzt?« wiederholte der Halbelf.
»DaswarbestimmtderHydroencephalatordenndenAntriebhabeichschonüberpr ü ft-«, erwiderte der Gnom.
»DieKettenbremseunddas Ü bersetzungsverhältniswarengenaudawomeineBerechnungensieangesiedelthabenbloßistdieSonnenatürlichnochnichtaufgegangenundvielleichtgibteseinenMondquotientendernochnichterforschtist… Ja!
EinenMondquotienten!«
Dann sprang der Gnom auf, ohne den Halbelf zu beachten, stürmte in das Gebäude zurück, wo sich mittlerweile
zehn Männer versammelt hatten, die eilig eimerweise Wasser heranschleppten. Der Halbelf folgte ihm. »Solltest du
nicht draußenbleiben, bis das Feuer gelöscht ist?« fragte er
den Gnom. Der Kleine kletterte auf einen hohen Hocker
vor einem Apparat, der sich von Wand zu Wand und vom
Fußboden bis unter die Decke im zweiten Stock erstreckte.
Der Gnom blickte in die gegenüberliegende Ecke. Dort
brannte es nicht mehr. Nur der Rauch stieg von den geschwärzten Balken auf, die hin und wieder orangerot aufleuchteten. »Vielleicht«, sagte der Gnom, »einfeuerhemmenderMechanismusdermeinerAnsichtnachsobeschaffenseinmüßte-«
Tanis unterbrach ihn. »Sprich doch langsamer.«
Der Gnom sah von den Berechnungen hoch, die er auf
ein Stück Pergament kritzelte. »Hm?«
»Langsam«, wiederholte der Halbelf.
Das Gesicht des Gnoms hellte sich auf. Mit sichtlicher
Anstrengung legte er nach jedem Wort eine winzige Pause
ein. »Tut… mi r … lei d … ic h … habe… vergesse n … daß…
ic h … nicht… unte r … meinesgleichen… bin.« Er holte tief
Lu ft . Es kostete ihn offenbar mehr Energie, langsam zu reden, als die Endlossätze auszustoßen, die für Gnome so
typisch sind. Gnome, die ja gleichzeitig reden und zuhören
können, halten ununterbrochenes Sprechen von allen Beteiligten für ergiebiger als das schubweise, abwechselnde
Schwatzen der übrigen Rassen.
Tanis stellte sich vor. »Und wie heißt du?« fragte er noch,
ehe er zu spät seinen Fehler erkannte. »Halt!«
»SchwätzerSonnenradSohndesStrahlenfängerSonnenraddesberühmtenErfindersdesPeriluminohochgeschwindigkeitsfahrstuhlsundEnkelvon…«
Der Rest des Namens – Gn o mennamen, die alle Ahnen
aus Dutzenden von Generationen beinhalteten, konnten
stundenlang so weitergehen – wurde von Ta n is’ Hand erstickt, die dieser dem Gnom vor den Mund legte. Die piepsige Stimme wurde erstickt, und der Gnom sah Tanis böse
an. Hinter ihnen wurden gerade die letzten Flammen gelöscht, und die Feuerbekämpfer zogen knurrend ab.
»Wie nennen dich die Menschen?« fragte
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