Der Bund der Drachenlanze - 10 Ellen Porath
habe nicht
die Absicht, mich dem Magier oder dem Valdan in den
Weg zu stellen.« Sie starrte ihm in die Augen. »Komm her,
Tanis. Kommt her zu mir und Lida, stellt euch hier hin, alle
beide, und holt die Eisjuwelen heraus, damit wir alle sie
bewundern können.«
Res-Lacua, der die Schwerter der Gefangenen in einer
Hand hielt, stand zwischen Tanis und Kitiara, und nun
verstand Tanis.
»Tanis, tu’s nicht!« rief Caven, als Tanis mit dem Packsack vortrat. Eine Armeslänge vor Lida öffnete der Halbelf
den falschen Boden, als der Kerner hinterhersprang. Violettes Licht von den Juwelen verbreitete sich im ganzen
Raum, und der Valdan stöhnte auf. Janusz’ Augen glänzten, doch Lidas füllten sich mit Tränen.
Dann stand Kitiara plötzlich neben ihnen – mit ihren
Schwertern in den Händen. Der Ettin stand verdutzt mit
offenen Mündern da. Der Valdan zog fluchend seinen
Dolch.
»Tanis!« schrie Kitiara. »Gib Lida die Juwelen!«
Die Kriegerin fuhr zu der Zauberin herum und befahl:
»Du, Zauberin, hast von Janusz gelernt. Benutze die Juwelen, um uns hier rauszuholen. Jetzt!«
Lida machte die Augen zu und stimmte einen Spruch an.
Sie streckte die Hände aus, worauf Tanis ihr eilig die acht
verbliebenen Steine in die Handflächen legte. Ihr Gesicht
verkrampfte sich vor Schmerz, doch sie wiederholte weiter
ihre magischen Worte. »Teleca nexit. Apprasi-na cas. Teleca
nexit. Apprasi-na cas.« Wieder und wieder sang sie die seltsamen Worte, bis sie sich miteinander zu einem zarten Geflecht verbanden und nicht mehr voneinander zu trennen
waren. »Teleca nexit. Apprasi-na cas. Telecanexitapprasinacas.«
Janusz hob die Hand, um Lida zu schlagen, doch Caven
sprang mit drohend erhobenem Schwert hinzu. Der Valdan
stürzte sich wutentbrannt auf Kitiara, worauf Tanis herumwirbelte, um die Kriegerin zu decken.
Res-Lacua plinkerte die Menschen dämlich an. Dann sah
er, wie das Schwert des bärtigen, schwarzhaarigen Söldners die Hand seines Meisters traf. Als Janusz aufschrie,
sich rücklings gegen die Wand warf und seine Hand umklammerte, erwachte der Ettin zu Leben. »Meister!« brüllte
er und packte Caven an der Taille. Er schleuderte den Kerner an die gegenüberliegende Wand und lachte, als er hörte, wie sich Caven Mackid krachend den Hals brach.
Kitiara warf sich auf den Ettin und stieß der zweiköpfigen Kreatur ihr Schwert ins Herz. Mit einem letzten Aufbäumen warf Res-Lacua sie gegen den Thron des Valdans.
Kitiara sank bewußtlos zu Boden.
Lidas Stimme durchdrang das Getümmel. »Tanis!« schrie
sie. »Ich kann sie nicht benutzen! Die Juwelen… sie sind zu
mächtig.« Sie stöhnte. Dann brach sie schluchzend über
dem Tisch zusammen, so daß die glänzenden Steine von
ihrem Schoß auf den Boden kullerten.
Tanis hatte keine Zeit für die Zauberin. Caven war tot.
Kitiara lag besinnungslos auf dem Boden, vielleicht im
Sterben. Damit stand nur noch der Halbelf gegen den Valdan und den Zauberer. Tanis sprang auf Janusz zu. Noch
während der Halbelf auf den alten Zauberer zustürmte,
sprach dieser neue magische Worte. Tanis prallte gegen
eine unsichtbare Wand. Der Zauberer grinste ihn an. »Ein
Schutzzauber«, stellte der Magier fest.
Aber Tanis’ Aufmerksamkeit war abgelenkt. Die Finger
des Valdans waren blutig, obwohl weder Tanis noch Caven
den Heerführer angerührt hatten. »Das Blutband«, ächzte
der Halbelf. »Wod hatte recht. Was den einen verletzt, verletzt den anderen… Vielleicht tötet auch den einen, was den
anderen tötet«, fügte er mit lauterer Stimme hinzu.
Das Lächeln des Magiers veränderte sich nicht. »Das
Kraftfeld beschützt uns beide«, sagte er. »Und du lebst sowieso nicht mehr lange. Ich kann mit meiner Magie jeden
Moment Soldaten herbeirufen.«
Lida hob den Kopf. »Nein, Janusz«, flüsterte sie. »Du
kannst nicht durch einen solchen Schutzschild zaubern.
Dazu müßtest du erst den ersten Spruch aufheben.«
Tanis wartete am Rand der Schutzzone. In einer Hand
hielt er sein Schwert, in der anderen den Dolch. »Und sobald du ihn aufhebst, werde ich dich töten«, sagte er.
Tanis winkte die Zauberin an seine Seite. Lida trat die
verstreuten Juwelen beiseite, als sie zu Tanis lief.
»Das Gedicht«, sagte er leise. Sie zog fragend die Augenbrauen hoch. »Das Omen, das dir, wie ich glaube, von deiner Mutter geschickt wurde, wo sie auch ist, ob tot…«
»… oder in den Düsterwald entkommen«, unterbrach Lida. »Wie ich glaube.«
Tanis fuhr leise
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