Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
Lendenschurz aus Metallgeflecht gelegt. Er hatte nur einen beschlagenen Flegel dabei.
»Sie sehen armselig aus. Was könnten die schon für eine
Bedrohung darstellen?«
»Ich führe nur aus, was der Meister mir aufgetragen hat,
Dogz. Ich lese nicht seine Gedanken.«
»Welcher ist es?«
»Das müssen wir jetzt herausfinden.«
Die anderen bildeten jetzt einen Kreis um sie herum. Die
massigen, sieben Fuß großen Minotauren versperrten Caramon das Blickfeld. Der mit der Kapuze hielt sich im Hintergrund und war vom Nebel so eingehüllt, daß Caramon
nur vage seinen Umriß erkennen konnte. Nur gelegentliches Zischen und fauchende Laute erinnerten ihn daran,
daß dort hinten jemand oder etwas war.
Als er sich bemühte, sich aufzusetzen, sah Caramon
durch den Dunst ein weiteres Schiff, das weiter hinten
trieb. Er konnte nur das Topsegel erkennen, das oben aus
den Nebelschwaden ragte. Seiner Schätzung nach war das
Schiff etwa dreihundert Schritt entfernt.
»Caramon! Was ist denn hier los?« Das war Sturms
Stimme.
Von seinem Blickwinkel aus konnte der Solamnier nicht
viel sehen, und aus dem Klang seiner Stimme war zu erkennen, daß er noch nicht ganz bei sich war.
»Minotauren und Menschengesindel«, flüsterte Tolpan,
obwohl der noch weniger sehen konnte als Sturm.
»Piraten«, murmelte Caramon.
»Ruhe!« bellte der Anführer. Der Minotaurus ließ seinen
Flegel zucken. Er traf Caramon im Gesicht, wo er einen tiefen, erdbeerroten Schnitt auf seiner Wange hinterließ. »Wir
sind keine Piraten, du Esel!«
Damit zogen sich die beiden Minotauren in den Nebel
zurück, wo die vermummte Gestalt stand. Aus dem gedämpften Knurren, das durch die Luft drang, konnte man
schließen, daß die Minotauren sich mit dem eigenartigen
Wesen berieten. Die anderen kamen näher an den Mast
heran. Der Kreis um die drei Ge fa ngenen schloß sich. Die
Augen dieser Leute hatten einen blutrünstigen Ausdruck,
der Caramon entschieden beunruhigte.
»Wo sind wir?« fragte Sturm mit leiser Stimme, die jetzt
klarer klang.
»Ich hatte gehofft, darauf wüßtest du vielleicht eine
Antwort«, erwiderte Caramon finster.
»Wenn ich nur einen Blick auf meine Karten werfen
könnte«, mischte sich Tolpan ein.
Caramon schwieg. Lieber gar nichts sagen, dachte er bei
sich. Wozu sollten diese Piraten erfahren, wie verwirrt sie
waren. Der große Krieger hatte das Gefühl, daß jedes Zeichen der Schwäche ihre Lage nur verschlimmern würde.
Die beiden Minotauren, die mit der vermummten Gestalt
beratschlagt hatten, kehrten zurück und bauten sich vor
ihm auf. Der mit dem Namen Dogz langte mit seinen
schweren, breiten Händen nach Caramon und ließ sie vorn
und hinten über seinen Körper gleiten, als ob er nach etwas
suchte. Caramon versuchte, sich zu wehren, doch er konnte
wenig ausrichten. Trotzig spuckte er dem riesigen, stinkenden Minotaurus ins Gesicht.
Er hörte die Umstehenden kichern, als der Minotaurus
überrascht zurückfuhr und den Majerezwilling mit der
Kraft eines Schmiedehammers ins Gesicht trat. Caramon
spuckte einen blutigen Zahn aus und krümmte sich vor
Schmerz, während Sturm ausrief: »Bei meiner Ehre, diesen
feigen Tritt wirst du noch bereuen!«
»Das gilt für mich um so mehr!« schrie Tolpan. »Wenn
sein Bruder davon erfährt, könnt ihr von Glück sagen,
wenn er euch nicht in eine fette Kröte verwandelt. Er wird
– «
»Still, Tolpan!« brachte Caramon hervor.
Aber der Minotaurus achtete nicht auf ihn. Dogz war bereits weitergegangen, beugte sich über Sturm und durchsuchte Kleider un d Ausrüstung des jungen Ritters mit seinen groben Händen. Der ist es auch nicht, dachte Dogz.
Dieser Mensch hatte nichts bei sich, nicht einmal eine Waffe
oder einen Beutel.
»Bäh«, grunzte Dogz, als er seine Hand hochnahm, die
vom Blut aus der verklebten Wunde an Sturms Hinterkopf
verschmiert war. Vor lauter Abscheu verpaßte er Sturm
eine Ohrfeige. Der Solamnier nahm den Schlag stoisch hin.
»Das war’s!« kreischte Tolpan, der vergeblich an seinen
Fesseln zerrte. »Jetzt kannst du nicht mehr zurück! Sturm
hat sein ganzes Leben noch keinem Unbewaffneten etwas
getan, jedenfalls nicht, solange ich ihn kenne! Und das sind
Jahre, nämlich mindestens ein oder zwei bis jetzt. Und er ist
so ziemlich der edelste, anständigste Mann, dem du je begegnen wirst, abgesehen von mir.«
Diesmal schien die Kenderstimme den Minotaurus zu
überraschen, als hätte er sich bisher nicht dazu herabgelassen, Tolpan wahrzunehmen. Caramon
Weitere Kostenlose Bücher