Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
der anderen glücklich
die Flaschenpost hochhielt.
»Danke für die Flaschenpost des K enders!« rief Chental
Pyrnee ihnen nach, als sie verschwanden. »Viel Glück mit
dem Portal! Bei Portalen weiß man nie so genau. Und wenn
euch zufällig dieser alte Griesgram Morat über den Weg
läuft, dann sagt ihm, daß er mir mindestens zehn Jahre keinen Besuch mehr schicken soll! Ich bin völlig geschafft!«Müde lagerten die drei Ge fä hrten nur wenige Meilen hinter der Höhle des Orakels. Die merkwürdige, stinkende Ogerin hatte keinen von ihnen in bessere Laune für
das vor ihnen liegende Abenteuer versetzt. Tanis sammelte
Reisig und abgebrochene Äste für ein Feuer, während Flint
eine Leinsamenbrühe zum Abendessen vorbereitete.
Raistlin hielt sich abseits. Er aß schweigend. Sein Gesicht
wirkte erschöpft und seine Augen besorgt, als sie in die
tanzenden Zungen der Flammen starrten.
Schließlich kam Flints unablässiges Genörgel bei dem
Magier an. »Wenn ihr umkehren wollt, dann kehrt um!«
fauchte Raistlin. »Alle beide! Notfalls finde ich das Portal
allein und gehe auch allein nach Ogerstadt!«
»Ich habe nichts von Umkehren gesagt«, schimpfte Flint
zurück. »Ich habe über den Weg gesprochen, der morgen
vor uns liegt.«
»Flint hat gesagt, daß es ein abgelegener Sims ganz oben
auf einer kahlen Klippe ist«, erklärte Tanis einlenkend.
»Ziemlich schwierig zu klettern.«
»Wie weit?« fragte Raistlin, der sich wieder gefaßt hatte.
»Nicht weit«, muffelte Flint, der an seiner braunen Brühe
nippte. »Das ist nicht das Problem. Ich kann hochklettern
und Tanis wohl auch. Aber«, fügte er mit einem Blick auf
den wenig beeindruckenden Körper des jungen Zauberers
hinzu, »unter Umständen ist es, ähm, für jemanden von
deiner, ähm, Kondition, ähm, nicht zu schaffen.«
»Wie weit?« beharrte Raistlin.
»Nur eine, vielleicht zwei Stunden«, meinte Tanis.
»Gut«, sagte Raistlin.
»Woher wissen wir, daß das Orakel die Wahrheit gesagt
hat? Woher wissen wir, daß es da oben wirklich ein Portal
gibt? Woher wissen wir, daß es nicht eine verdammte Zeitverschwendung ist?« Flints Stimme wurde immer lauter.
»Sie hat die Wahrheit gesagt«, murmelte Raistlin. »Morat
hat gesagt, wenn Chental Pyrnee anfängt zu feilschen, dann
bleibt sie auch fair.«
»Aber wie willst du die schwierige Klippe hochklettern?«
»Laß das meine Sorge sein«, wies Raistlin ihn zurecht.
»Schlaf lieber!«
Flint schnaubte wütend, sagte aber nichts mehr. Er zerrte
seine Bettrolle heraus, legte sich mit dem Rücken zu den
anderen darauf, und sehr bald und sehr laut hörte man nur
noch sein Schnarchen. Nach diesem unangenehmen Zwischenspiel redeten Tanis und der junge Zauberer nicht weiter miteinander.
Lunitari und Solinari schienen an entgegengesetzten Enden des Himmels, von wo aus sie sich langsam aufeinander
zu bewegten. Die Bahnen der beiden würden sich zu dieser
Zeit im Jahr, im Spätsommer, nicht überschneiden. Hier
oben war die Nacht von Sternen erhellt. Das Blattwerk hatte sich schon beträchtlich gelichtet. Der Hang war mit bizarren Steinen übersät. Das Licht der Monde und der Sterne gab den Blick auf vereinzelte, kümmerliche Bäume frei,
die zwischen Gipfeln lagen, welche von leuchtendem
Schnee bedeckt waren.
Durch die friedliche Nacht drangen die leisen Geräusche
der Nachttiere. Ein san ft er Wind raschelte in den Baumkronen. Tanis sog tief den Du ft der Pinien, der Erde und
der frischen Bergluft ein.
Er wagte einen Blick auf Raistlin, der mit ineinander gelegten Händen immer noch gedankenverloren dasaß. Er
wirkte so ausgelaugt und bedrängt, als ob ihn ein scharfer
Windstoß umpusten könnte. Tanis sah, wie der junge Magier seufzend aufstand und begann, um das Lagerfeuer
herum hin und her zu gehen. Der Halbelf war sich Raistlins
körperlicher Grenzen durchaus bewußt, besonders im Vergleich zu seinem robusteren Zwilling. Aber er wußte auch,
daß der junge Magier regelmäßig mit Caramon zusammen
auf Abenteuer auszog. Und mehr als einmal hatte Tanis
einen Funken desselben Feuers gesehen, das Raistlins
Halbschwester Kitiara erfüllte. Nein, Flint hatte kein Recht,
den jungen Magier zu unterschätzen, beschloß Tanis. Weder körperlich noch sonstwie.
In diesem Augenblick sah Raistlin auf. Er begegnete Tanis’ Blick und gab ihn trotzig zurück.
»Was Flint wirklich zu schaffen macht«, meinte Tanis
versöhnlich, »ist der Gedanke an das Blutmeer. Er weiß,
daß du die Reise schaffst.
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